Österliche Bußzeit

4. Fastensonntag

Fastenzeit
Laetare

Am Vierten Fastensonntag haben wir die Mitte der Fastenzeit überschritten. Voller Erwartung richten wir uns nun mehr und mehr auf das Osterfest aus. Im Eröffnungsvers heißt es:

Freue dich, Stadt Jerusalem!
Seid fröhlich zusammen mit ihr,
alle, die ihr traurig wart.
Freut euch und trinkt euch satt
an der Quelle göttlicher Tröstung.
Vgl. Jes 66,10f

Von diesen Versen, die im Lateinischen mit den Worten "Laetare Jerusalem" beginnen, hat der Sonntag seinen Namen "Laetare". Wie am dritten Sonntag des Advent (Gaudete), so wird auch heute das strenge Violett der Fastenzeit durch ein zartes Rosa ersetzt. Mitten in der Fastenzeit soll so schon ein erster Schimmer der Osterfreude hereinbrechen.
Die Kenner des Gregorianischen Chorals haben in der alten Melodie zur lateinischen Fassung dieses Verses einen kleinen Kunstgriff festgestellt, der diese Vorausschau auf die Osterfreude in die Herzen trägt. Bekanntlich wird ja in der Fastenzeit auf das freudige Halleluja verzichtet, das dann erst in der Osternacht wieder festlich erschallt. Das Eröffnungsmotiv der Melodie des "Laetare" ist jedoch identisch mit dem Schluss des österlichen Halleluja! So klingt das Osterhalleluja schon versteckt mitten in der Fastenzeit an.

Laetare

Freue dich, Jerusalem!

Wenn wir in der Heiligen Schrift von Jerusalem hören, so hat der Name dieser Stadt mehrere Bedeutungen. Es kann zum einen die ganz konkrete Stadt Jerusalem gemeint sein. Der Name Jerusalem ist jedoch schon bald zu einem Bild für die Sehnsucht des Menschen geworden. Für die Juden war ihre heilige Stadt lange Zeit unerreichbar, weil sie von fremden Machthabern beherrscht wurde. Jerusalem als heilige Stadt der drei großen monotheistischen Weltreligionen Judentum, Islam und Christentum ist bis heute ein umstrittener und zerstrittener Ort.
Der Prophet Jesaja, aus dessen Buch die Verse stammen, will in den nach Babylon verbannten Juden die Sehnsucht nach ihrer Heimat wach halten. Von der Ferne erscheint alles noch viel größer und schöner als es ist. So entstand das Bild von der großen Stadt auf den Bergen mit ihrem prunkvollen Tempel, auch wenn Jerusalem im Vergleich zu Babylon nur ein kleines Provinzstädtchen war.
Für die Christen hat Jerusalem vor allem durch das Leiden und Sterben des Herrn in dieser Stadt seine besondere Bedeutung gewonnen. Auch das Christentum verbindet mit Jerusalem eine wechselvolle Geschichte. Im Mittelalter sah man Jerusalem als das Zentrum der Welt an, das im Schnittpunkt der drei bekannten Kontinente Europa, Afrika und Asien lag. Wir kennen die verhängnisvolle Geschichte der Kreuzzüge, durch die Jerusalem für das christliche Abendland erobert werden sollte.

Laetare

Seine Unerreichbarkeit durch viele Jahrhunderte hinweg ließ Jerusalem zum Bild für die Sehnsucht der Menschen werden. So wurde Jerusalem dann auch zum Symbol für die ewige Stadt Gottes. Johannes sieht in einer Vision "die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen" (Offb 21,2) und hört eine Stimme von Gottes Thron her rufen: "Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein." (Offb 21,3)
So wie für die Juden das Allerheiligste im Tempel den Ort der Gegenwart Gottes unter den Menschen darstellte, so ist das neue Jerusalem der Ort, in dem Gott unter den Menschen wohnt. In der Kirche ist diese Wohnung Gottes schon Wirklichkeit, wenn auch noch verborgen und gefährdet. Aber wir erwarten, dass wir einmal in ewiger Ruhe und vollkommenem Glück in Gottes Stadt wohnen dürfen.
Nach dieser Freude strecken wir uns aus und wir wollen schon hier einen Anteil an dieser Freude erfahren. So wie in der Melodie des "Laetare" verborgen das Osterhalleluja mitschwingt, so können wir auch hier schon etwas von der Freude des Wohnens mit Gott erfahren. Gott ist bei uns. Er will schon jetzt "alle Tränen von den Augen abwischen" und "Tod, Trauer und Mühsal" von uns nehmen (vgl. Offb 21,4).
Gott will unsere Augen und Ohren und vor allem unser Herz öffnen für die Erfahrung seiner Gegenwart unter uns. Werden wir achtsam, damit wir lernen, Gottes Spuren in unserem Leben zu entdecken.

Laetare

Die Goldene Rose

Ein alter Brauch unterstreicht den fröhlichen Charakter dieses Sonntags. Heute weiht der Papst die "Goldene Rose". Vermutlich gab es früher in Rom den Volksbrauch, das Herannahen des Frühlings zu feiern, indem man eine Prozession mit Frühlingsblumen abhielt. Ab dem 11. Jahrhundert trug dann der Papst bei der Prozession nach Santa Croce, wo der Tradition gemäß in Rom die Papstmesse des Vierten Fastensonntags stattfindet, eine kunstvoll aus Gold gearbeitete Rose mit sich.
Diese kostbare Goldene Rose, die durch kleine mit Moschus und Balsam gefüllte Kapseln einen Wohlgeruch verströmt, verschenkte der Papst zunächst an seine Beamten, später auch an verdiente Persönlichkeiten außerhalb Roms, dann erhielten auch Klöster und Städte dieses Zeichen päpstlichen Wohlwollens. Seit dem 20. Jahrhundert haben die Päpste nur bedeutende Gotteshäuser, überwiegend Heiligtümer der Mutter Gottes, mit diesem kostbaren Geschenk ausgezeichnet. So ließ Papst Benedikt XVI. im Jahr 2008 dem berühmten bayerischen Wallfahrtsort Altötting eine Goldene Rose überbringen.
Die Rose symbolisiert Christus. Das Gold steht für die Auferstehung, die Dornen für die Passion. Die kunstvolle Blüte unterstreicht den Glanz der Auferstehung und soll die Trauer über das Leiden Christi mildern.