Die Heiligen

22.3. Clemens Aug.v.Galen

Clemens August Graf von Galen

Seliger Clemens August Graf von Galen
1878-1946
Bischof
Glaubenszeuge

Clemens August Graf von Galen

Clemens August Graf von Galen, 1933 - 1946 Bischof von Münster, war ein zäher Gegner des NS-Regimes. "Löwe von Münster" nannte man ihn wegen seines Starkmutes, und Papst Pius XI. gab ihm - sicher mit leicht ironischem Unterton - die Auszeichnung "gigas corpore, sed non tantum corpore" (groß an Gestalt, aber nicht nur an Gestalt).
Clemens August Graf von Galen stammt aus einem altehrwürdigen Adelsgeschlecht und wurde am 16. März 1878 auf Burg Dinklage in Oldenburg als elftes von dreizehn Kindern geboren. Seine Eltern waren Ferdinand Heribert Graf von Galen und dessen Frau Elisabeth, geborene Reichsgräfin von Spee. Er wuchs in einem zutiefst christlich geprägten Umfeld auf.
Nach dem Abitur studierte er Philosophie, Geschichte und Literatur in Fribourg (Schweiz). Nach einer Romfahrt mit Privataudienz bei Papst Leo XIII. im Jahr 1898 war er entschlossen, Priester zu werden und begann 1899 in Innsbruck das Studium der Theologie. Nach weiteren Studien in Münster wurde er am 28. Mai 1904 in Münster zum Priester geweiht.
Nach einer kurzen Tätigkeit als Domvikar und als Kaplan seines Onkels Maximilian Gereon Graf von Galen, des Weihbischofs von Münster, wirkte er ab 1906 als Kaplan und später als Pfarrer in Berlin. Dort erlebte er die schwere Zeit des Ersten Weltkrieges, die Wirren der Nachkriegszeit und die Zeit der Weimarer Republik. Die Erfahrungen, die er in dieser Zeit mit der Diasporasituation der katholischen Kirche in der Großstadt Berlin gemacht hat, haben ihn sicher sehr geprägt. 1929 kehrte er nach Münster zurück, wo er zum Pfarrer der Stadtkirche Sankt Lamberti ernannt wurde.

Am 5. September 1933 wurde Clemens August Graf von Galen von Papst Pius XI. zum Bischof von Münster ernannt. Die Bischofsweihe erfolgte am 28. Oktober 1933. Als Wahlspruch wählte er das Wort "Nec laudibus nec timore" ("weder durch Lob noch durch Furcht"). Er greift damit - leicht abgewandelt - ein Wort aus der Liturgie der Bischofsweihe auf. Im Anklang an den Zweiten Timotheus-Brief des Apostels Paulus (2Tim 4,2: "Verkünde das Wort, tritt dafür ein, ob man es hören will oder nicht") heißt es dort, ein Bischof "liebe die Demut und die Wahrheit; niemals darf er sie, weder durch Menschenlob noch durch Menschenfurcht bezwungen (aut laudibus aut timore superatus), vernachlässigen." In seinem ersten Hirtenbrief vom 28. Oktober 1933 erläutert der Bischof die Bedeutung dieses Wortes:

Das soll mein Wahlspruch sein, das soll uns allen Richtschnur sein. Nicht Menschenlob, nicht Menschenfurcht soll uns bewegen. Aber das Lob Gottes zu fördern sei unser Ruhm; selbst in heiliger Gottesfurcht zu leben sei unser beharrliches Streben.

Clemens August Graf von Galen hat diesen Wahlspruch in seiner Zeit als Bischof treu erfüllt. Bereits in seinem ersten Hirtenbrief greift er die Ideologie der Nationalsozialisten scharf an. Besonders eindrucksvoll sind seine drei großen Predigten im Sommer 1941. Er brandmarkte besonders die nationalsozialistische Rasselehre und die mit dem Begriff Euthanasie bezeichnete Tötung von Behinderten.

Wenn einmal zugegeben wird, dass Menschen das Recht haben, unproduktive Mitmenschen zu töten - und wenn es jetzt auch nur arme, wehrlose Geisteskranke trifft -, dann ist grundsätzlich der Mord an allen unproduktiven Menschen, also an den unheilbar Kranken, den arbeitsunfähigen Krüppeln, den Invaliden der Arbeit und des Krieges, dann ist der Mord an uns allen, wenn wir alt und altersschwach und damit unproduktiv werden, freigegeben.

Er verteidigte den christlichen Glauben gegen den um sich greifenden Kult des Neuheidentums und trat für die Freiheit der Kirche und die Unabhängigkeit der katholischen Bildungseinrichtungen ein. Die Auflösung kirchlicher Häuser und die damit verbundene Vertreibung von Ordensfrauen und -männern in den letzten Jahren des Krieges verurteilte er aufs schärfste. Er rief immer wieder dazu auf, gerade in der Zeit der Verfolgung den Glauben entschieden zu leben. In einer Rede an Jugendliche sagte er:

Die Zeiten, in denen die Kirche verfolgt wurde, sind immer ihre größten gewesen, und wir dürfen stolz sein, in einer solchen zu leben. Jetzt zeigt sich, wer wirklich treu ist oder wer nur aus Profit zu uns hielt. Jetzt zeigt sich, dass das Christentum keine Angelegenheit für bequeme Spießer ist, sondern nur für ganze Kerls und wackere Kämpfer.

Trotz aller Drohungen und ständiger Bespitzelung gebrauchte er immer wieder deutliche Worte. Wegen seiner exponierten Stellung wagten die Nationalsozialisten es nicht, den Bischof von Münster gefangen zu nehmen. Auf der Liste der Todeskandidaten nach dem Endsieg stand er aber an oberster Stelle. Treffend beschreibt von Galen die Situation, in der er sich zusammen mit vielen anderen befand:

Keiner von uns ist sich sicher, und mag er sich bewusst sein, der treueste, gewissenhafteste Staatsbürger zu sein, mag er sich völliger Schuldlosigkeit bewusst sein, dass er nicht eines Tages aus seiner Wohnung geholt, seiner Freiheit beraubt, in den Kellern und Konzentrationslagern der Geheimen Staatspolizei eingesperrt wird.

Die Kraft für seinen unbeugsamen Widerstand gegenüber dem Unrecht und der Unmenschlichkeit der nationalsozialistischen Machthaber bezog Bischof Clemens August aus seiner tiefen Gläubigkeit. Seine Frömmigkeit, von der auch seine persönlichen Briefe ein eindrucksvolles Zeugnis geben, zeigte sich nicht zuletzt in seiner tiefen Marienverehrung und der Einführung der "Ewigen Anbetung" in der St. Servatius-Kirche in Münster.
Bischof Clemens August Graf von Galen gehörte zu den Bischöfen, die Papst Pius XI. im Januar 1937 nach Rom einlud, um mit ihnen über die Situation in Deutschland zu sprechen und die Enzyklika "Mit brennender Sorge" vorzubereiten. Sein Nachfolger Papst Pius XII. erhob den Bischof von Münster am 18. Februar 1946 zum Kardinal.
Clemens August Graf von Galen überstand die Zeit des Nationalsozialismus. In den Wirren der Nachkriegszeit war er eine Persönlichkeit, an der viele sich aufrichten konnten. Mit Freimut trat er den Besatzungsbehörden entgegen, wenn es galt, Not und Unrecht zu verhindern oder zu beseitigen. Entschieden widersprach er der Rede von einer Kollektivschuld aller Deutschen.
Nach seiner Erhebung zum Kardinal wurde er am 16. März 1946 bei seiner Rückkehr in Münster mit großem Jubel empfangen. Vor den Trümmern des zerstörten Doms hielt er seine letzte Ansprache. Ein Blinddarmdurchbruch setzte seinem segensreichen Wirken am 22. März 1946 ein jähes Ende. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Ludgeruskapelle des zerstörten Doms. Am 9. Oktober 2005 wurde Clemens August Graf von Galen von Papst Benedikt XVI. selig gesprochen.

Glaubt nicht, dass eure Bischöfe leichtfertig Mahnungen oder Warnungen aussprechen, ohne Erkenntnis der Verhältnisse und der Schwierigkeiten, sie zu befolgen. Glaubt nicht, dass eure Bischöfe sorglos Gefahren übersehen, wenn sie noch schweigen, während ihr nach Wegführung verlangt! Seid versichert: Zentnerschwer lastet jeden Tag das Bewusstsein der Verantwortung für eure Seelen auf ihnen, und sie wissen, dass sie ihre eigenen Seelen nicht retten können, wenn sie zur Unzeit schweigen oder sprechen. Gern werde ich von anderen, auch von Laien, auch von wohlmeinenden Andersgläubigen Informationen über die Zeiterscheinungen, Wünsche und auch guten Rat annehmen. Aber ich weiß, dass die Pflicht zur Entscheidung über erforderliche Weisungen und Warnungen für meine Diözesanen auf mir allein und auf meinem Gewissen lastet, und von niemand mir abgenommen werden kann. Nicht Menschenlob, nicht Menschenfurcht soll jemals mich hindern, diese Pflicht zu erfüllen.

Kardinal von Galen hat selbst unerschrocken das Wort Gottes verkündet. Zugleich aber hat er auch gelebt, was er verkündete. (Papst Johannes Paul II.)

Genau dies ist die stets aktuelle Botschaft des Seligen von Galen: Der Glaube beschränkt sich nicht auf ein privates Empfinden, das man gegebenenfalls verheimlicht, wenn es unbequem wird, sondern er erfordert Konsequenz und Zeugnis auch in der Öffentlichkeit zugunsten des Menschen, der Gerechtigkeit und der Wahrheit. (Papst Benedikt XVI.)