Die Heiligen

1.5. Prophet Jeremia

Jeremia

Jeremia
Prophet
ca.650-590 v.Chr.

Jeremia

Grübelnd wir er oft dargestellt, der Prophet Jeremia. Wir wissen viel über sein Leben und daraus wird deutlich, welch großes Leid ihm selbst sein Prophetendienst eingebracht hat. Es war eine schlimme Zeit für Israel, in der er weissagte, doch das Volk schenkte seiner Botschaft kein Gehör und rannte immer weiter ins Verderben. Auf Geheiß des Königs wurde sogar die Buchrolle mit seinen Worten - den Worten Gottes - verbrannt, aber Jeremia ließ sich nicht beirren, sondern fertigte eine neue an. Er blieb stets dem Auftrag treu, zu dem er von Gott berufen war. Über diese Berufung erfahren wir zu Beginn des Buches:

Das Wort des Herrn erging an mich: Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt.
Da sagte ich: Ach, mein Gott und Herr, ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung.
Aber der Herr erwiderte mir: Sag nicht: Ich bin noch so jung. Wohin ich dich auch sende, dahin sollst du gehen, und was ich dir auftrage, das sollst du verkünden. Fürchte dich nicht vor ihnen; denn ich bin mit dir, um dich zu retten - Spruch des Herrn.
Dann streckte der Herr seine Hand aus, berührte meinen Mund und sagte zu mir: Hiermit lege ich meine Worte in deinen Mund. Sieh her! Am heutigen Tag setze ich dich über Völker und Reiche; du sollst ausreißen und niederreißen, vernichten und einreißen, aufbauen und einpflanzen. (Jer 1,4-14)

Jeremia wurde um das Jahr 650 v.Chr. aus priesterlichem Geschlecht in der nur wenige Kilometer von Jerusalem entfernten Stadt Anatot geboren. Nach den Angaben des Jeremiabuches erfolgte seine Berufung etwa 628 v.Chr. im 13. Regierungsjahr des Königs Joschija von Juda. Wenn man davon ausgeht, dass ein Mann erst mit dem 30. Lebensjahr zum priesterlichen Dienst berechtigt war (vgl. auch die Berufung Ezechiels mit 30 zum Propheten), war Jeremia wirklich jung. Traditionell geht man davon aus, dass Jeremia sein Prophetenamt über 40 Jahre hinweg ausübte. Es gibt aber auch gute Gründe dafür, den Beginn seines Wirkens erst auf das Jahr 609 v.Chr. anzusetzen und seine Geburt um das Jahr 630 v.Chr. anzunehmen.
Der Hauptort seines Wirkens war der Tempel in Jerusalem. Dieser war das Zentrum des jüdischen Kultes und man war sich sicher, durch die Verehrung Gottes eine Sonderstellung zu haben. Doch der pompöse Kult bestand aus Äußerlichkeiten, es ging um Geld und Macht und nicht um die Verehrung Gottes und die Umsetzung seiner Gebote in einem gerechten Leben. Darum nennt Jeremia den Tempel eine Räuberhöhle. Er kann wegen der Schuld der Bewohner Jerusalems nicht die Wohnung Gottes sein.

So spricht der Herr der Heere, der Gott Israels: Bessert euer Verhalten und euer Tun, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort. Vertraut nicht auf die trügerischen Worte: Der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn ist hier! Denn nur wenn ihr euer Verhalten und euer Tun von Grund auf bessert, wenn ihr gerecht entscheidet im Rechtsstreit, wenn ihr die Fremden, die Waisen und Witwen nicht unterdrückt, unschuldiges Blut an diesem Ort nicht vergießt und nicht anderen Göttern nachlauft zu eurem eigenen Schaden, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort, in dem Land, das ich euren Vätern gegeben habe für ewige Zeiten. (Jer 7,3-7)

Es mangelte nicht an Lügenpropheten, die dem Volk das Gegenteil verkündeten und trügerisches Heil verhießen. Jeremia aber wusste, dass die Tage Jerusalems gezählt sind und der Tempel zerstört werden wird. Er entging nur knapp dem Tod, weil er diese Botschaft verkündete. Doch die Geschichte nahm ihren Lauf. Im Jahr 605 v.Chr. besiegte Nebukadnezzar Ägypten und das syrisch-palästinensische Gebiet kam unter die Herrschaft der Neubabylonier. Juda unter König Joschija wurde zu einem Vasallenstaat Nebukadnezzars. Doch Jerusalem erhob sich gegen diese Vorherrschaft, was zur ersten Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezzar im Jahr 597 v.Chr. führte. König Jojachin wurde mit einem Teil der Oberschicht nach Babylon ins Exil geführt.
Doch der von Nebukadnezzar eingesetzte neue König Zidkija erhob sich bald erneut gegen Babylon. Es gab in Jerusalem viele Stimmen, die eine baldige Rückkehr der Exilierten voraussagten und den Widerstand gegen Babylon schürten. Jeremia warnte vor einem erneuten Abfall von Babylon.

Ich bin es, der die Erde erschaffen hat samt den Menschen und den Tieren, die auf der Erde leben, durch meine gewaltige Kraft und meinen hoch erhobenen Arm, und ich gebe sie, wem ich will. Jetzt gebe ich alle diese Länder in die Hand meines Knechtes, des Königs Nebukadnezzar von Babel; selbst die Tiere des Feldes mache ich ihm dienstbar. Alle Völker sollen ihm untertan sein, ihm, seinem Sohn und seinem Enkel, bis auch für sein eigenes Land die Zeit kommt, dass große Völker und mächtige Könige es knechten. Will aber ein Volk oder Reich dem König Nebukadnezzar von Babel nicht untertan sein und seinen Nacken nicht unter das Joch des Königs von Babel beugen, so werde ich dieses Volk mit Schwert, Hunger und Pest heimsuchen - Spruch des Herrn -, bis ich es seiner Hand ausgeliefert habe.
Ihr aber, hört nicht auf eure Propheten, Wahrsager, Träumer, Zeichendeuter und Zauberer, wenn sie zu euch sagen: Ihr werdet dem König von Babel nicht untertan sein. Denn sie lügen, wenn sie euch weissagen, und damit vertreiben sie euch aus eurer Heimat; denn ich verstoße euch, sodass ihr zugrunde geht. Das Volk aber, das seinen Nacken unter das Joch des Königs von Babel beugt und ihm untertan ist, lasse ich ungestört auf seinem heimatlichen Boden - Spruch des Herrn -; es kann ihn bebauen und auf ihm wohnen. (Jer 27,5-11)

Ruht aus

Doch man hörte nicht auf Jeremia. Der falsche Prophet Hananja riss aus Zorn über seine Worte Jeremia das Joch, das er als bildlichen Ausdruck des Wortes Gottes ständig trug, von seinem Nacken und zerbrach es. Jeremia aber fertigte sich im Auftrag Gottes eiserne Jochstangen an, die er fortan trug. Die Lage in Jerusalem eskalierte. Nachdem Zidkija das Vasallenverhältnis Nebukadnezzar gegenüber aufgekündigt hatte, brach für die Stadt eine schwere Zeit herein. Eineinhalb Jahre lang wurde Jerusalem belagert. Während der chaotischen Zustände, die in dieser Zeit herrschten, wäre Jeremia fast umgekommen. Da er weiterhin für eine Unterwerfung unter Nebukadnezzar eintrat, warf man ihn in ein grausames Verlies, aus dem er nur mit Hilfe des Königs Zidkija gerettet wurde. Später warf man ihn in eine Zisterne, in deren Schlamm er versunken wäre, wenn ihn nicht ein Höfling des Königs daraus befreit hätte.
Im Jahr 586 v.Chr. wurde Jerusalem von Nebukadnezzar erobert und zusammen mit dem Tempel zerstört. Nun wurde ein Großteil der Bevölkerung ins Exil geführt. Nur einen Teil der einfachen Bevölkerung ließ Nebukadnezzar im Land. Jeremia wurde von den Babyloniern gut behandelt und durfte im Land bleiben. Er wollte unter den zurückgelassenen Bewohnern Judas wohnen. Nebukadnezzar setzte Gedalja, der Jeremia wohlgesonnen war, als Statthalter von Juda ein. Jedoch gab es immer noch Kräfte, die zum Widerstand gegen Nebukadnezzar aufriefen. Als Gedalja ermordet wurde, versank das Land endgültig im Chaos. Viele der verbliebenen Juden flohen daraufhin nach Ägypten. Hier verliert sich auch die Spur Jeremias. Wahrscheinlich wurde er gezwungen, mit nach Ägypten zu fliehen, wo er bald darauf umgekommen ist.

Jeremia hat aber auch neues Heil verheißen. Der Untergang Jerusalems war nicht das Ende. Gott hätte das Volk gerettet, wenn es den Worten des Jeremia gefolgt wäre. Aber man lief immer weiter ins Verderben. Doch auch so bleibt Gottes Heilsplan bestehen. Gott bleibt seinen Verheißungen treu und kann trotz aller Fehler der Menschen sein Heil wirken:

Ich selbst sammle den Rest meiner Schafe aus allen Ländern, wohin ich sie versprengt habe. Ich bringe sie zurück auf ihre Weide; sie sollen fruchtbar sein und sich vermehren. Ich werde für sie Hirten bestellen, die sie weiden, und sie werden sich nicht mehr fürchten und ängstigen und nicht mehr verloren gehen - Spruch des Herrn.
Seht, es kommen Tage - Spruch des Herrn -, da werde ich für David einen gerechten Spross erwecken. Er wird als König herrschen und weise handeln, für Recht und Gerechtigkeit wird er sorgen im Land. In seinen Tagen wird Juda gerettet werden, Israel kann in Sicherheit wohnen. Man wird ihm den Namen geben: Der Herr ist unsere Gerechtigkeit. (Jer 26,3-6)

Jeremia selbst wurde es nicht mehr zuteil, diese neue Zeit des Heils zu erleben. Seine Worte aber bleiben bis heute Mahnung und Trost für alle, die wahrhaft Gott dienen wollen. Jeremia lehrt uns, hinter allen Wirrsalen der Geschichte Gottes Macht zu erkennen und nicht nur auf das Vordergründige zu schauen. Der scheinbar so heilige Kult in Jerusalem nahm ein Ende, doch im Exil in Babylon schließt Gott einen neuen Bund mit seinem Volk und bereitet es so auf neue Zeiten vor. So müssen auch wir das, worauf es wirklich ankommt, durch alle Äußerlichkeiten hindurch entdecken und durch die Zeiten bewahren.