Die Heiligen

20.8. Bernhard v.Clairvaux

Bernhard von Clairvaux

Bernhard von Clairvaux
1090-1153
Ordensmann

Bernhard von Clairvaux

Wir feiern heute den Gedenktag eines der größten Heiligen des Mittelalters, des heiligen Bernhard von Clairvaux. Als Sohn eines burgundischen Ritters in Fontaines geboren, erhielt er in seiner Jugend eine gute Ausbildung. Im Jahr 1112 klopfte er mit dreißig weiteren jungen Männern, darunter vier seiner Brüder, an der Klosterpforte von Citeaux.
Citeaux war erst 1098 als Reformkloster des Benediktinerordens entstanden. Mit seinem Eintritt sollte Bernhard die Zukunft dieses neu entstandenen Reformordens, der nach dem Kloster Citeaux bald als Zisterzienserorden bezeichnet wurde, entscheidend prägen.
Zunächst aber absolvierte Bernhard das Noviziat, die Zeit der Prüfung und Einführung in das Klosterleben. Schon hier traten seine Entschiedenheit zu einem Leben in der Nachfolge Jesu und sein asketischer Eifer offen zu Tage. Bernhard wollte die Regel des heiligen Benedikt wieder in ihrer ganzen Tiefe ernst nehmen. Dazu gehörte vor allem ein schlichtes Leben der Mönche. Die Klöster sollten keine repräsentativen Prunkbauten sein, sondern einfach und zweckmäßig. Auch sollten die Mönche wieder mehr Handarbeit leisten. In den Anfangsjahren seiner Klosterzeit schreibt er an einen Freund, der die Laufbahn eines Gelehrten einschlagen möchte:

In den Wäldern lernt man mehr, als aus den Büchern; Bäume und Felsengestein werden euch mehr beibringen als das, was man anderswo zu hören bekommt. Ihr werdet selbst sehen, dass man aus den Steinen Honig und aus den härtesten Felsen Öl gewinnen kann. Kennt ihr nicht die Freude, die von unseren Bergen kommt, die Milch und den Honig, die von unseren Hügeln fließen?

Bereits nach drei Jahren wurde er von Citeaux ausgesandt, um mit einigen Gefährten das Kloster Clairvaux zu gründen, dessen Abt er seither war. Bernhard verstand es, Menschen für das Klosterleben zu begeistern. Von seinen zahlreichen Reisen kehrte er meist mit vielen jungen Männern zurück, die Mönch werden wollten. So begann man bald, von Clairvaux aus weitere neue Klöster zu gründen, bis zum Tod Bernhards werden so etwa 160 neue Klöster entstehen.
Im Laufe der Zeit wuchsen die Bekanntheit und der Einfluss Bernhards, zunächst in Frankreich, dann bis nach Rom und schließlich war sein Wort für die Kirche als ganze von großer Wichtigkeit. Viele wandten sich an ihn mit Fragen, die etwa den Glauben oder die Kirchendisziplin betrafen. Die Briefe seiner umfangreichen Korrespondenz mit Päpsten, Bischöfen, Königen und anderen Persönlichkeiten sind bis heute erhalten. Oft wurde Bernhard im Auftrag der Kirche als Vermittler zu den Höfen der Großen seiner Zeit gesandt.
Bernhard galt auch als der größte Prediger seiner Zeit, als "Doctor melifluus", als ein Lehrer, dessen Worte süß wie Honig waren - auf einigen Bildern oder Plastiken findet man ihn daher, ähnlich wie Ambrosius von Mailand, mit einem Bienenkorb dargestellt. Er vermochte die Menschen in seinen Bann zu ziehen und so zum Glauben an Jesus Christus zu führen. Ob Ordensleute oder Volksmassen, ob große Persönlichkeiten oder einfache Leute, alle hörten seinen Worten gebannt zu. Er vermochte es, sowohl durch das gesprochene als auch das geschriebene Wort Menschen zu begeistern. Wohl kein anderer Autor des Mittelalters hat eine so große Bekanntheit und Verbreitung seiner Schriften erfahren wie Bernhard.
Bernhards Rat war gefragt und so wurde er in viele Konflikte seiner Zeit mit hineingezogen. Dazu gehörte der Kampf gegen die Katharer ebenso wie der theologische Konflikt um Abaelard. Gegen seine Gegner konnte er seinen weitreichenden Einfluss geltend machen und war auch mit Worten nicht zurückhaltend. Aus heutiger Sicht mag das befremdlich wirken, doch in einer Welt, die sich ganz von ihrem christlichen Glauben her definierte, war alles, was diesem Glauben schaden konnte, ein Angriff auf die ganze Gesellschaft und das Heil der Menschen. Wer Bernhard zum Gegner hatte, der war bald in der gesamten Kirche isoliert, wen Bernhard aber empfahl - wie beispielsweise die heilige Hildegard von Bingen, mit der er in Briefkontakt stand -, dem war das offene Ohr der ganzen Kirche sicher. Hildegard ist es auch, die ihn in einem ihrer Briefe mit den Worten lobt: "Du bist Sieger in deiner Seele und richtest andere zum Heile auf. Du bist der Adler, der in die Sonne blickt."
Wenn Bernhard auch sehr viele Werke hinterlassen hat, so war er doch kein Theologe im modernen Sinn. Nicht die wissenschaftliche Spekulation, wie sie beispielsweise von Abaelard betrieben wurde, war ihm wichtig. Ihm ging es um die Einheit von Leben und Lehre, um das Ergriffensein vom Wort der Heiligen Schrift. Dies geschieht nicht durch logisches Denken, sondern indem das Wort im Herzen des Menschen lebendig wird.

Glühen ist mehr als Wissen.

Bernhard war somit ein Vertreter der monastischen Theologie. In seiner Zeit fand aber der große Umbruch im Wissenschaftsbetrieb statt und schon waren die Universitäten der großen Städte dabei, die Klöster als Zentren der Wissenschaft abzulösen. Das spekulative Denken der Scholastiker wird in der Kirche wichtiger werden als das meditative Denken der Mönche.
Umstritten ist die Rolle Bernhards als Kreuzzugsprediger. Wohl auf Bitten des Papstes kam ihm bei der Ausrufung des zweiten Kreuzzuges eine entscheidende Bedeutung zu. Sein Redetalent setzte er dazu ein, um Menschen für den Kreuzzug zu begeistern. Auch an der Gründung des Kreuzfahrerordens der Templer war Bernhard entschieden beteiligt und er stellte mit seiner Schrift "De laude novae militiae" den theologischen Zusammenhang von Ordensleben und Kriegsdienst her.
Trotz allen politischen Einflusses wollte Bernhard ein einfacher Mönch bleiben. Er war tief ergriffen von der Begegnung mit Jesus Christus. Ihm ähnlich zu werden war sein höchstes Ziel. Gemäß seinem monastischen Ideal geschah dies vor allem durch Gebet, Arbeit und Askese.

Nichts ist mir angenehm, was nicht erklingt von Jesu Namen.
Bernhard von Clairvaux

Bernhard von Clairvaux mahnt dazu, erst selbst zu lernen, selbst den eigenen Weg zu finden, selbst spirituelle Erfahrungen zu machen, bevor man anderen helfen will. Nur wer selbst voll ist wie eine Schale, kann aus seiner Fülle weiter schenken. Wer nur ein Kanal ist, der weiterleitet, wird sich schnell verausgaben. Gerade in unserer hektischen Zeit haben die Worte Bernhards wieder neu an Bedeutung gewonnen und werden gerne von Psychologen zitiert. Nehmen wir uns Zeit, uns selbst zu begegnen, nehmen wir uns Zeit, Gott zu begegnen. Erst dann können wir nachhaltig in den Dienst der Menschen treten und von Gott Zeugnis geben.

Wenn du weise bist, erweise dich als Schale und nicht als Kanal. Der Kanal nimmt fast gleichzeitig auf und gibt weiter, was er aufgenommen hat, die Schale aber wartet, bis sie voll ist. Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Verlust weiter. ...
Wir haben heute viele Kanäle in der Kirche, aber sehr wenige Schalen. Diejenigen, durch die uns die himmlischen Ströme zufließen, haben eine so große "Liebe", dass sie lieber ausgießen als aufnehmen wollen, dass sie lieber reden als zuhören, dass sie schnell dabei sind zu lehren, was sie selbst nie gelernt haben, und danach verlangen, eine führende Stellung einzunehmen, auch wenn sie es nicht einmal verstehen, sich selbst zu lenken. ...
Du aber lerne, nur aus der Fülle auszugießen und nicht den Wunsch zu haben, freigiebiger zu sein als Gott. Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, ergießt sie sich in den Fluss oder wird zu einem See. Die Schale schämt sich nicht, dass sie nicht überströmender ist als die Quelle. ...
Handle also auch du ebenso! Werde zuerst voll, und dann magst du daran denken, aus deiner Fülle weiterzugeben. Eine gütige und kluge Liebe pflegt zuzuströmen, nicht zu verrinnen. ...
Ich kann aus dir keinen Reichtum schöpfen, wenn du leer bist. Wenn du nämlich mit dir selbst schlecht umgehst, wem bist du dann gut? Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle, wenn nicht, dann spare für dich.
Bernhard von Clairvaux

Es ist vor allem die Niedrigkeit des menschgewordenen Gottessohnes, sein Hinabsteigen in die Krippe, in die Entbehrungen des menschlichen Lebens, in die Qual des Kreuzes, die im Zentrum der Betrachtungen Bernhards steht.

Nirgendwo zeigt Gott seine Liebe so deutlich, wie im Geheimnis seiner Menschwerdung und seines Leidens; nirgendwo wird seine Zuneigung offenkundiger, nirgendwo leuchtet seine Güte heller auf als in seinem Menschsein.
Jesus kennen, Jesus den Gekreuzigten, das ist der Kern meiner Philosophie.

Bernhard wird daher oft mit den Leidenswerkzeugen dargestellt, oder wie der Gekreuzigte sich zu ihm hinabneigt und ihn liebevoll umarmt. Zur Gleichförmigkeit mit Jesus Christus gehörte für Bernhard auch der Weg durch das Leid, aber damit auch die Gewissheit, dass der leidende und gekreuzigte Herr in seiner Menschlichkeit jedem Menschen nahe ist. Bernhard selbst litt Zeit seines Lebens unter verschiedenen Krankheiten, die ihm viel Kraft kosteten, denen zum Trotz er aber dennoch ein enormes Arbeitspensum bewältigen konnte.

Menschen, die um Christi willen alles verlassen, wie auch er um ihretwillen alles verlassen hat, diese folgen ihm auf allen seinen Wegen. Eine solche Nachfolge ist für mich die sicherste Gewähr, dass das Leiden des Erlösers und seine Gleichförmigkeit mit den Menschen mir zum Nutzen gereichen.

Auch der Gottesmutter galt seine innigste Liebe. Die Legende erzählt, dass Maria ihn mit Milch aus ihrer Brust genährt habe. Diese Legende wurde zu einem beliebten Motiv in der Kunst. Wegen seiner Liebe zur Gottesmutter wird Bernhard oft "Doctor marianus" genannt. Das bis heute bekannte Mariengebet "Memorare" geht auf ihn zurück und es heißt, dass er auch die letzten Verse "o gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria" zum Salve Regina - Sei gegrüßt, o Königin - hinzugefügt hat.

Gewiss, Maria ist Königin. Aber zuerst ehren wir sie als Mutter.

Zum Abschluss soll hier einer seiner schönsten Marientexte zitiert werden:

Erheben sich die Stürme der Versuchung, befindest du dich inmitten der Klippen der Trübsale, blicke auf zum Stern des Meeres, rufe Maria zu Hilfe!
Wirst du auf den Wogen des Hochmutes, des Ehrgeizes, der Verleumdung, des Neides hin und her geworfen, blicke auf den Stern, rufe Maria an.
Wenn der Zorn, der Geiz, die Fleischeslust das Schiff deiner Seele hin und her schleudern, blicke auf Maria!
Bist du über die Schwere deiner Sünden bestürzt, über den elenden Zustand deiner Seele beschämt, bist du von Schrecken erfasst bei dem Gedanken an das Gericht, beginnst du immer tiefer in den Abgrund der Trostlosigkeit und der Verzweiflung zu sinken, denke an Maria!
Mitten in Gefahren, Nöten und Unsicherheiten denke an Maria, rufe Maria an. Ihr Name weiche nicht aus deinem Mund, weiche nicht aus deinem Herzen!
Damit du aber ihre Hilfe und Fürbitte erlangest, vergiss nicht ihr Vorbild nachzuahmen. Folge ihr, dann wirst du dich nicht verirren. Rufe sie an, dann kannst du nicht verzweifeln, denk an sie, dann irrst du nicht. Hält sie dich fest, kannst du nicht fallen. Schützt sie dich, dann fürchte nichts! Führt sie dich, wirst du nicht müde. Ist sie dir gnädig, dann kommst du sicher ans Ziel!

Unermüdlich war Bernhard für die Kirche tätig und trotz seines immer schlechter werdenden Gesundheitszustandes unternahm er oft weite Reisen. Am 20. August des Jahres 1153 starb Bernhard in seinem Kloster Clairvaux im Kreis seiner Mitbrüder. Bereits 1174 wurde er heiliggesprochen, 1830 zum Kirchenlehrer erhoben.

Dieses ist das ganze Verdienst des Menschen,
dass er all seine Hoffnung auf Gott setze!
Bernhard von Clairvaux
Memorare, o piissima Virgo Maria,
non esse auditum a saeculo, quemquam ad tua currentem praesidia,
tua implorantem auxilia, tua petentem suffragia, esse derelictum.
Ego tali animatus confidentia, ad te, Virgo Virginum, Mater, curro,
ad te venio, coram te gemens peccator assisto.
Noli, Mater Verbi, verba mea despicere; sed audi propitia et exaudi.
Amen.
Gedenke, o gütigste Jungfrau Maria,
dass es von Ewigkeit her nicht gehört wurde, dass jemand, der zu dir seine Zuflucht nahm, deine Hilfe anrief und um deine Fürbitte flehte, von dir verlassen worden ist.
Von solchem Vertrauen beseelt, eile ich zu dir, o Jungfrau und Mutter, zu dir komme ich, vor dir stehe ich als Sünder.
Du Mutter des ewigen Wortes, verschmähe nicht meine Worte, sondern höre mich gnädig an und erhöre mich.
Amen.
Unsere Frau, unsere Mittlerin, unsere Fürsprecherin, versöhne uns mit deinem Sohn, empfiehl uns deinem Sohn, stell uns vor deinem Sohn. Er wollte voll Huld durch dich an unserer Schwachheit und Armseligkeit teilhaben, er möge auch uns durch dich teilhaben lassen an seiner Herrlichkeit uns Seligkeit: Jesus Christus, dein Sohn, unser Herr. Amen.
Du brauchst nicht über Meere reisen,
brauchst keine Wolken durchstoßen
und brauchst nicht die Alpen überqueren.
Der Weg, der dir gezeigt wird, ist nicht weit.
Du musst deinem Gott nur
bis zu dir selbst entgegengehen.