Die Heiligen

17.10. Prophet Hosea

Hosea

Hosea
ca. 750-722 v.Chr.
Prophet

Als Israel jung war, gewann ich ihn lieb, ich rief meinen Sohn aus Ägypten. Je mehr ich sie rief, desto mehr liefen sie von mir weg. Sie opferten den Baalen und brachten den Götterbildern Rauchopfer dar. Ich war es, der Efraim gehen lehrte, ich nahm ihn auf meine Arme. Sie aber haben nicht erkannt, daß ich sie heilen wollte. Mit menschlichen Fesseln zog ich sie an mich, mit den Ketten der Liebe. Ich war für sie da wie die Eltern, die den Säugling an ihre Wangen heben. Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen.
Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich aufgeben, Israel? Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf. Ich will meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken und Efraim nicht noch einmal vernichten. Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte. Darum komme ich nicht in der Hitze des Zorns. (Hos 11,1-4.8a.c-9)

Diese Worte des Propheten geben uns tiefen Einblick in sein Denken und seine Verkündigung.

Liebe fesselt.

Diese Erfahrung hat wohl jeder gemacht, der schon einmal verliebt gewesen ist. Wenn ich einen Menschen liebe, drängt es mich danach, in seiner Nähe zu sein, ich möchte ihn näher kennenlernen. Doch das lässt sich nicht erzwingen. Liebe ist immer ein Geschenk, das sich Menschen einander in Freiheit schenken. Wenn die Zuneigung beiderseitig ist, kann es zu einer Freundschaft kommen, oder zu einer Ehe und Familie. Dann entsteht eine gewisse Art von Verbindlichkeit. Das zeigt auch unser Sprachgebrauch. Wir sprechen vom Band der Freundschaft, vom Bund der Ehe, von Familienbanden. In einer Freundschaft muss man einander vertrauen können. In der Ehe entsteht eine Verbindung, die Heimat gibt, Raum schafft für Kinder und im besten Fall die verschiedenen Generationen umschließt.
Dennoch hat man nie die endgültige Sicherheit, dass eine Freundschaft oder Beziehung Bestand hat. Wahre Liebe kann und will nie den anderen an sich fesseln. Es ist immer der liebende Mensch, der an den Geliebten gefesselt ist, im Vertrauen auf die Erwiderung seiner Liebe. Gerade dies macht die Liebe so verletzlich, sie kann enttäuscht werden. Das ist eine schmerzliche Erfahrung, die sicher viele von uns schon einmal gemacht haben. Von einer solchen enttäuschten Liebe - der enttäuschten Liebe Gottes zu seinem Volk - hören wir beim Propheten Hosea.
Gott ist mit seinem Volk einen Bund eingegangen. Seine Liebe wird verglichen mit der Liebe der Eltern zu ihren Kindern. Wie Gott damals sein Volk geliebt hat, so liebt er auch uns heute, liebt er jeden einzelnen von uns. Wie damals gibt Gott auch heute uns zu Essen, er hebt uns an die Wangen, wie die Eltern den Säugling, er hat uns großgezogen und uns gehen gelehrt. Doch wie damals das Volk sich von Gott abgewandt und anderen Göttern geopfert hat, so wenden sich auch heute Menschen von Gott ab. Jeder von uns kennt die heimlichen Götzen, denen er dient und die ihn versklaven. Ich weiß, dass ich oft nicht so lebe, wie Gott es von mir erwartet.
Wie reagiert Gott, wenn seine Liebe enttäuscht wird? Wenn unsere Liebe enttäuscht wird, reagieren wir Menschen oft mit Wut, Zorn, Resignation. Viele sagen: ich kann nicht vergessen, was diese Person mir angetan hat. Ist Gott wie wir? Wir hören doch in der Heiligen Schrift vom Zorn Gottes. Wird er das abtrünnige Volk dem Verderben preisgeben?

Liebe fesselt.

Gott sagt: "Ich will meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken. Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf. Ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte." Gott, der seinem Wesen nach Liebe ist, kann nichts anderes als Lieben. Sein Zorn dauert nur einen Augenblick, doch seine Güte ein Leben lang, wie es in einem Psalm heißt. Wenn die Bande menschlicher Liebe auch schmerzlich zerbrechen können, Gottes Liebe ist unvergänglich. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott uns seine Liebe niemals entzieht. Gottes Liebe ist immer größer, als wir Menschen sie uns denken können.
Gott liebt jeden von uns schon vor allem Anbeginn. Gott kann nicht anders, als uns lieben. Gott möchte jeden von uns mit seiner Liebe überschütten. Was hindert ihn daran? Es ist allein unsere Freiheit, mit der wir uns bewusst oder unbewusst dieser Liebe Gottes verschließen. Oft ist es auch unser Stolz, der zwischen uns und Gott steht. Wir meinen, wir müssten uns die Liebe Gottes erkaufen, indem wir ihm unsere Werke als Leistung anbieten. Doch die Liebe Gottes kann sich kein Mensch erkaufen. Sie ist so groß, dass wir sie mit keinem Preis bezahlen könnten. Gott will sie uns unverdient schenken. Gott hat seinen Bund mit uns nicht geschlossen, weil wir perfekte Menschen sind, sondern weil er uns liebt. Was er will, ist einfach unser Ja zu ihm, er will, dass wir ihn als Gott anerkennen, dass wir ihn lieben und uns mit seiner Hilfe immer wieder dafür entscheiden, seinen Willen zu tun.
Herr, öffne unsere Herzen für Deine Liebe. Schenke uns Deine Liebe. Lass uns dich lieben, und hilf uns deine Liebe weiter zu schenken an unsere Mitmenschen.

Hosea

Das Buch Hosea ist die erste Schrift des Zwölfprophetenbuches. Auf Grund der Nennung der vier judäischen Könige Usija (767-739), Jotam (739-734), Ahas (734-728) und Hiskija (728-699) und des israelitischen Königs Jerobeam II. (782-747) lässt sich der Zeitraum des Wirkens des Propheten etwa auf die Zeit von 750-722 v.Chr. eingrenzen (vgl. Hos 1,1).
Historischer Hintergrund des Buches ist die Expansion des assyrischen Weltreiches, die sowohl außen- als auch innenpolitische Auswirkungen auf die beiden Reiche Israel und Juda hatte. Während im Jahr 722 v.Chr. das Nordreich Israel (im Buch auch Efraim genannt) von den Assyrern erobert wurde und von der Landkarte verschwand, blieb das Südreich Juda bestehen. Durch Flüchtlinge aus Israel kam es daraufhin in Juda zu einer grundlegenden Neubesinnung auf die Religion der Väter, die durch das Eindringen fremder Kulte ständig gefährdet war.
Im Rückblick wurde vor allem die Untreue des Volkes gegenüber dem Gott Israels für die politische Niederlage verantwortlich gemacht. Diese Untreue zeigt sich vor allem im Endringen fremder Kulte aber auch in der Nichtachtung des Nächsten, die zu starken sozialen Unterschieden in der Gesellschaft geführt hat. Der Prophet Hosea klagt im Namen Gottes die Untreue des Volkes und die Selbstsucht der Oberschicht an.
Die Beziehung Gottes zu seinem Volk wird in dem Bild der Ehe symbolisiert. Israel ist die treulose Frau, die es verdient hat, verstoßen zu werden. Doch Gott ist stets bereit, sie in Liebe wieder anzunehmen. Zeichenhaft lebt der Prophet selbst diese Beziehung in seiner von Gott angeordneten Ehe mit der Dirne Gomer, der Tochter Diblajims (vgl. Hos 1,2f.). Wie Gott unter der Untreue seines Volkes, so leidet der Prophet unter die Untreue seiner Frau.
Drei Kinder zeugt Hosea mit Gomer. Die Namen der "Dirnenkinder" weisen auf die zerrüttete Beziehung Gottes zu seinem Volk hin (vgl. Hos 1,3-9). Der Name "Jesreel" des ersten Kindes weist auf die Niederlage Israels in der Ebene Jesreel hin, in der Gott die militärische Macht Israels zerbrochen hat. Gott hat kein Erbarmen ("Lo-Ruhama", Name des zweiten Kindes) mehr mit Israel, das nicht mehr sein Volk ("Lo-Ammi", Name des dritten Kindes) ist. Und doch spricht der Prophet immer wieder von der unvergänglichen Liebe Gottes zu seinem Volk. Gott klagt an, aber es besteht Hoffnung, dass Gott sich seinem Volk wieder zuwendet, wenn die Menschen ihr Verhalten ändern.
Die Rede von der zeichenhaften Ehe des Propheten und ihre Deutung auf die Beziehung Gottes zu seinem Volk verbindet die einzelnen Kapitel des Buches. Auch das Wortspiel mit den Namen der Kinder (Jesreel als Synonym für Israel, kein Erbarmen - Erbarmen, nicht mein Volk - mein Volk) taucht als Ankündigung von Unheil und Heil im Verlauf des Buches wieder auf.
Über die Person des Propheten Hosea wissen wir so gut wie nichts. Sein Name bedeutet "Er (Gott) hat geholfen". Er war der Sohn Beeris (Hos 1,1). Vermutlich war er Mitglied einer religiösen Gruppierung, die in Opposition zu den herrschenden Kreisen stand.