Die Heiligen

8.11. Joh. Duns Scotus

Duns Scotus

Johannes Duns Scotus
um 1265-1308
Kirchenlehrer

Duns Scotus
Scotia me genuit, Anglia me suscepit, Gallia me docuit, Colonia me tenet.
Schottland hat mich geboren, England hat mich aufgenommen, Frankreich hat mich gelehrt und Köln behält mich.

Dieser Spruch am Grab des Heiligen Johannes Duns Scotus in Köln gibt in wenigen Worten die Stationen des Lebens jenes Mannes wieder, der neben Albertus Magnus und Thomas von Aquin zu den bedeutendsten Theologen und Philosophen des lateinischen Mittelalters zählt und dem die Ehrennamen "Doctor Ordinis" (Lehrer des Ordens), "Doctor Subtilis" (scharfsinniger Lehrer) und "Doctor Marianus" (marianischer Lehrer) zuteilwurden.
Duns Scotus wurde um 1265 in Schottland geboren. In seiner Jugend besuchte er eine von Franziskanern gegründete Elementarschule und trat schließlich selbst in diesen Orden ein. Im März 1291 wurde er in Northampton zum Priester geweiht. Von 1288 bis 1301 studierte Duns Scotus in Oxford, möglicherweise auch in Paris und Cambridge und begann nach Abschluss seiner Studien selbst zu unterrichten.
Seit 1302 lehrte Scotus an der Universität von Paris. Dort wurde er in die Auseinandersetzungen zwischen dem Papst und dem König von Frankreich verwickelt. Wegen seiner Treue zum Papst musste er Paris kurzzeitig verlassen. Er zog es vor, seine Lehrtätigkeit aufzugeben und ins Exil zu gehen, als sich gegen den Papst zu stellen.

Auch wenn der Papst nicht vom natürlichen Gesetz oder vom göttlichen Gesetz dispensieren kann (da seine Macht jenen beiden Gesetzen untergeordnet ist), hat er doch, weil er der Nachfolger Petri ist, des Ersten der Apostel, die gleiche Macht, die auch Petrus hatte.

1303 entzog Papst Bonifatius VIII. der Pariser Universität das Recht, akademische Grade zu verleihen, doch bereits 1304 gab sein Nachfolger, Papst Benedikt XI., der Pariser Universität ihre Rechte zurück und Scotus konnte zusammen mit den anderen papsttreuen Wissenschaftlern an die Universität zurückkehren.
1304 wurde Scotus vom Generalminister der Franziskaner zum Magister Regens an der Pariser Universität ernannt und hatte dieses Amt, das jährlich wechselte, im Jahr 1305 inne. 1307 wurde er als Lektor nach Köln versetzt. Dort starb Duns Scotus am 8. November 1308. Sein Grab befindet sich dort in der Minoritenkirche. Am 20. März 1993 wurde er von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
Anlässlich der Seligsprechung bezeichnete Papst Johannes Paul II. Duns Scotus als "Verkündiger des menschgewordenen Wortes und Verteidiger der Unbefleckten Empfängnis". Davon gibt der Spruch, den die Statue des Heiligen er in Händen trägt, Zeugnis:

Christus praeservavit Beatam Virginem ab omni macula peccati originalis aliter non fuisset perfectus Redemptor.
Christus hat die allerseligste Jungfrau von jedem Makel der Erbschuld bewahrt, andernfalls wäre er nicht der vollkommene Erlöser gewesen.

Die Bedeutung Mariens in der Heilsgeschichte ist ein besonderer Gegenstand der Reflexion des "Doctor Subtilis". Vor allem in der theologischen Durchdringung des Geheimnisses, nach dem die allerseligste Jungfrau Maria vom ersten Augenblick ihrer Empfängnis an ohne Erbsünde war, hat er wertvolle Arbeit geleistet. Auch wenn dieses Geheimnis seit alters her zum Glaubensgut des Gottesvolkes zählt, war es doch lange Zeit unter Theologen nicht unumstritten. Einige waren der Ansicht, dass die Bewahrung Mariens von der Erbsünde der Universalität der von Christus gewirkten Erlösung Abbruch tue, so als hätte Maria Christus und seine Erlösung nicht gebraucht.
Der Gedanke von Duns Scotus, der später auch in das Dogma von 1854 Eingang fand, besteht in der "Vorauserlösung". Die Unbefleckte Empfängnis stellt demnach das schönste Werk der von Christus gewirkten Erlösung dar, weil durch die Kraft seiner Liebe und seiner Mittlerschaft die Mutter bereits vor dem Erlösungswerk Christi von der Erbsünde bewahrt wurde und ihr somit die Frucht der Erlösung schon im Voraus zuteilwurde. Da Christus der vollkommenste Mittler des Heiles ist, ergibt sich auch, dass jeder Mensch auf die ihm zukommende Weise erlöst wird. Mit der Ehre Christi wäre es daher unvereinbar, wenn seine Mutter auch nur einen Augenblick unter der Herrschaft der Sünde gestanden hätte.

Wenn die Autorität der Kirche oder die Autorität der Heiligen Schrift dem nicht widerstreitet, erscheint es als wahrscheinlich, Maria das zuzusprechen, was das Erhabenere ist.
Duns Scotus

Die Betrachtung des Geheimnisses der Menschwerdung des Gottessohnes steht im Zentrum des Denkens von Duns Scotus. Gottvater hat diese Menschwerdung in seinem Liebesplan von Ewigkeit her vorgesehen und sie ist die Vollendung der Schöpfung, die es jedem Geschöpf ermöglicht, in Christus und durch ihn von der Gnade erfüllt zu sein und Gott bis in alle Ewigkeit Lobpreis und Ehre zu erweisen. Ohne die Bedeutung von Christi Tod und Auferstehung zu vernachlässigen, hebt Scotus die Menschwerdung als das größte und schönste Werk der ganzen Heilsgeschichte hervor. Im Gegensatz zu vielen anderen christlichen Denkern seiner Zeit hat er zudem die Auffassung vertreten, dass Christus auch dann Mensch geworden wäre, wenn die Menschheit nicht gesündigt hätte.

Zu glauben, dass Gott auf dieses Werk verzichtet hätte, wenn Adam nicht gesündigt hätte, wäre völlig unvernünftig! Ich sage daher, dass der Sündenfall nicht die Ursache für die Vorherbestimmung Christi war und dass Christus auch unter dieser Annahme - wenn also niemand, weder Mensch noch Engel, zu Fall gekommen wäre - noch immer in gleicher Weise vorherbestimmt gewesen wäre.

Unermüdlich lehrte Scotus die Menschwerdung und das heilbringende Leiden des Gottessohnes. Doch die liebende Zuwendung Christi zeigt sich nicht nur auf Golgota, sondern sie zeigt sich zu allen Zeiten im heiligsten Sakrament der Eucharistie, ohne das "alle Andacht in der Kirche zugrunde ginge und der Akt der Verehrung Gott nicht wegen der Wertschätzung dieser Liebe entgegengebracht würde". Und wie diese liebende Zuwendung Gottes am Anfang von allem steht, so wird auch unsere Glückseligkeit allein in dieser liebenden Zuwendung bestehen: "Das Wollen in Form der Liebe ist das ewige, seligmachende und vollkommene Leben."

Johannes Duns Scotus hat stets den Forschergeist mit Frömmigkeit verbunden. So hat er oft gebetet:

Das erste Prinzip der Dinge gewähre mir, das zu glauben, zu verstehen und vorzutragen, was seiner Majestät gefällt und unseren Geist zu seiner Beschauung erhebt.

Scotus war es wichtig, zwischen Glauben und Vernunft eine Harmonie herzustellen. Theologie solle nicht nur weltferne Spekulation sein, sondern auf wirksame Weise Handeln und Tat, Praxis und Liebe hervorbringen.
Im katholischen Glauben fest verwurzelt unternahm er es, die Wahrheiten des Glaubens mit dem Licht der natürlichen Vernunft zu erkennen, zu erläutern und zu verteidigen. Dabei gründet er sein Denken auf das Fundament der Heiligen Schrift und die Lehre der Kirche.
Schließen möchte ich mit einem Wort von Papst Benedikt XVI.:

Der selige Duns Scotus lehrt uns, dass das Wesentliche in unserem Leben darin besteht zu glauben, dass Gott bei uns ist und uns in Christus Jesus liebt, und daher eine tiefe Liebe zu ihm und seiner Kirche zu pflegen. Wir sind Zeugen dieser Liebe in unserer Welt. Die allerseligste Jungfrau Maria möge uns helfen, diese unendliche Liebe Gottes zu empfangen, die wir in der himmlischen Ewigkeit in Fülle genießen werden, wenn unsere Seele endlich für immer mit Gott vereint sein wird, in der Gemeinschaft der Heiligen.