Jahreskreis A

15. Sonntag

Erste Lesung

Jes 55,10-11

Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt,
wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt:
Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.

Zweite Lesung

Röm 8,18-23

Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll.
Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes.
Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes.
Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden.

Evangelium

Mt 13,1-23

An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen. Er sagte:
Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen. Als er säte, fiel ein Teil der Körner auf den Weg, und die Vögel kamen und fraßen sie. Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte. Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen, und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.
Wer Ohren hat, der höre!
Da kamen die Jünger zu ihm und sagten: Warum redest du ihnen in Gleichnissen?
Er antwortete: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreiches zu erkennen; ihnen aber ist es nicht gegeben. Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er hat. Deshalb rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie sehen und doch nicht sehen, weil sie hören und doch nicht hören und nichts verstehen.
An ihnen erfüllt sich die Weissagung Jesajas: Hören sollt ihr, hören, aber nicht verstehen; sehen sollt ihr, sehen aber nicht erkennen. Denn das Herz dieses Volkes ist hart geworden, und mit ihren Ohren hören sie nur schwer, und ihre Augen halten sie geschlossen, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihren Ohren nicht hören, damit sie mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen, damit sie sich nicht bekehren und ich sie nicht heile.


Ihr aber seid selig, denn eure Augen sehen und eure Ohren hören.
Amen, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.
Hört also, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet.
Immer wenn ein Mensch das Wort vom Reich hört und es nicht versteht, kommt der Böse und nimmt alles weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde; hier ist der Samen auf den Weg gefallen. Auf felsigen Boden ist der Samen gefallen, der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt, aber keine Wurzeln hat, sondern unbeständig ist; sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird, kommt er zu Fall. In die Dornen ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort zwar hört, aber dann ersticken es die Sorgen dieser Welt und der trügerische Reichtum, und es bringt keine Frucht. Auf guten Boden ist der Samen bei dem gesät, der das Wort hört und es auch versteht; er bringt dann Frucht, hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach
Gottes Wort

Jesaja 55 - Gottes Wort wirkt

Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe. (Jes 55,10-11)

Der zweite Teil des Buches Jesaja beinhaltet Worte, die ein ansonsten unbekannter Prophet zur Zeit des babylonischen Exils gesprochen hat. Seine Worte wurden als sogenannter Deuterojesaja in das Buch Jesaja integriert. Von ihm stammen unter anderem die Lieder vom Gottesknecht und die hoffnungsvollen Worte über die Befreiung aus dem Exil in Babylon.
Die Verse über die Wirkkraft des Wortes Gottes stehen am Ende des Deuterojesaja. Sie sollen die Aussage des Propheten bekräftigen. Seine Worte sind nicht bloßes Gerede. Wenn Gott spricht, so wohnt seinem Wort auch die Kraft inne, das zu erfüllen, was er verheißen hat. Konkret heißt das hier, dass die Rede von der Befreiung aus dem Exil in Babylon nicht nur ein schöner Text ist, sondern dass diese Befreiung Wirklichkeit werden wird.
Der Prophet nutzt dazu den Vergleich mit Regen und Schnee. Bedenken wir einmal, wie lebenswichtig es ist, dass Wasser vom Himmel kommt. Wenn es zu wenig regnet, trocknet die Erde aus, die Pflanzen verdorren, die Fruchtbarkeit geht zurück und irgendwann merken auch wir Menschen, dass das Wasser knapp wird, das wie selbstverständlich aus unseren Leitungen fließt. Wie wichtig ist es, dass es genug regnet, wie zerstörerisch kann zu heftiger Niederschlag sein. Wenn genügend Regen fällt, dann wachsen die Pflanzen, und Mensch und Tier können gut leben.
So wie Regen und Schnee eine Auswirkung auf das Leben auf der Erde haben, so wirkt auch Gottes Wort. Um das näher zu verstehen, hilft es uns darüber klar zu werden, dass auch jedes Wort, das von uns Menschen gesprochen wird, eine Wirkkraft hat. Selbst wenn wir nur für uns reden, wird unser gesprochenes Wort auf uns eine Wirkung haben. So wirkt ein laut gelesener Text oft viel tiefer auf uns, als wenn wir nur in Gedanken lesen. In früheren Zeiten bedeutete Lesen stets lautes Lesen. Vielleicht spüren sie den Unterschied, wenn sie beispielsweise einen Bibeltext einmal bewusst laut lesen.
Wenn schon das gesprochene Wort auf uns selbst eine Wirkung hat, wieviel mehr dann auf andere. Alles, was wir zu anderen sagen, kommt bei ihnen irgendwie an. Wir können uns einfach nett unterhalten, dann wird da ein Gefühl beim anderen bleiben, dass man ein schönes Gespräch geführt hat. Wir können anderen aber auch ganz liebe Worte sagen, Worte die zu Herzen gehen, die dem anderen Mut machen und Kraft geben. Aber auch böse Worte, die es finster werden lassen im Herzen des anderen, die vielleicht Wut und Hass hervorrufen. Wir können mit Worten heilen aber auch zerstören, aufbauen und niederreißen.
Auch wenn wir manche Worte vielleicht gedankenlos von uns geben, können sie dennoch auf den Hörer eine enorme Wirkung haben. Wir erleben das ja immer wieder, dass wir etwas für uns belangloses sagen, aber dem anderen geht plötzlich ein Licht auf, weil unsere Worte gerade wie ein Puzzlestein das Bild des anderen um etwas Wertvolles ergänzt haben. Genauso gut aber können wir mit einem Wort den wunden Punkt bei einem anderen Menschen treffen und ihn verletzten, obwohl wir das so nicht gewollt haben.
Worte wirken und wie die Worte der Menschen nicht ohne Wirkung bleiben, so bleibt auch Gottes Wort nicht ohne Wirkung. Aber wie spricht Gott? Die Bibel sagt uns, dass Gott im Anfang die Welt durch sein Wort erschaffen hat. Im Alten Testament hören wir Gottes Wort durch die Propheten. Im Neuen Testament spricht Johannes vom Wort Gottes, das Fleisch geworden ist. Für uns Christen ist Gottes Wort in Jesus Christus Mensch geworden. Gott spricht nicht nur durch die Propheten zu seinem Volk, sondern er wurde selbst Mensch, um sich den Menschen zu offenbaren.
Aber wie hat der Mensch heute die Gelegenheit, mit Gottes Wort in Kontakt zu treten? Bleibt uns nur, das Wort Gottes aus der Bibel zu lesen? Oder spricht Gott auch heute noch zu uns? Gott spricht anders, als wir es von Menschen gewohnt sind. Vielleicht hören wir Gott am besten in der Stille. Es fällt uns schwer, unser Denken loszulassen, aber nur, wenn uns das gelingt, können wir wirklich in den Raum der erfüllten Stille eintreten, in dem Gottes machtvolles Wort an uns ergeht.
Es gibt vielfältige Formen spiritueller Erfahrung, die uns lehren können, diesen Raum der Stille zu betreten. Man kann nicht sagen, dass diese oder jene Art für einen Menschen die richtige ist. Jeder Mensch muss selbst seinen Weg finden und jeder ist aufgerufen, diesen Weg für sich zu gehen. Gottes Wort ist machtvoll. Und es können Wunder geschehen, wenn Gottes Wort auf uns trifft. Diese Erfahrung kann jeder Mensch machen, der ernsthaft diesen Weg gehen möchte.
Wir brauchen Menschen, die offen sind für Gottes Wort. Im trockenen Land sehnen sich die Menschen nach Regen. In manchen Teilen der Erde ist Regen auf eine bestimmte Jahreszeit beschränkt. Wenn die Erde immer mehr austrocknet, warten die Menschen sehnsüchtig auf den Beginn der Regenzeit. Bleibt sie aus, so führt das meist zu einer katastrophalen Hungersnot. Doch wenn der Regen kommt, wird aus dem ausgetrockneten Land nach kurzer Zeit eine grüne Welt.
So wie die Menschen sich im trockenen Land nach Regen sehnen, so ist auch Gottes Wort ein Sehnsuchtsziel des Menschen. Gottes Wort lässt seine Nähe erfahrbar werden, es zeigt, dass Gott um die Nöte der Menschen weiß und sich ihrer annimmt. Es gibt dem Leben Richtung und Ziel. Dass Gott zu uns Menschen spricht ist irgendwie ein Wunder, wie auch Regen und Schnee irgendwie ein Wunder sind. Regen und Schnee sind zwar einerseits ganz selbstverständliche Ereignisse und wissenschaftlich erklärbare Phänomene. Aber wenn wir etwas genauer hinsehen, entdecken wir wie einzigartig die Kristalle einer Schneeflocke sind oder wie verzaubernd die Stimmung an einem Regentag sein kann.
Gottes Wort bewirkt, was Gott will, es wirkt, so wie Gott es will. Es wirkt zu allen Zeiten, zur Zeit der alten Propheten, zur Zeit Jesu und auch heute. Immer gibt es Menschen, die vom Wort Gottes getroffen werden und dann ihr ganzes Leben nach diesem Wort ausrichten. Das soll uns Mut machen, wenn wir meinen, gerade heute würde das Wort Gottes ungehört verhallen. Machen auch wir uns bereit, sein Wort aufmerksam zu hören.

Gottes Wort

Mt 13 - Das Gleichnis vom Sämann

An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer. Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen. (Mt 13,1-2a)

Nach der Bergpredigt und der Aussendungsrede an die Jünger ist die Rede über das Himmelreich die dritte der fünf großen Reden Jesu im Matthäus-Evangelium. Wie die Bergpredigt richtet Jesus auch diese Rede an eine große Menschenmenge. Ist Jesus bei der Bergpredigt auf einen Berg gestiegen, um möglichst gut von allen gesehen und gehört zu werden, so fährt er nun mit einem Boot auf den See, um zu den Menschen am Ufer zu reden. Diesmal sind es vor allem Gleichnisse, mit denen Jesus deutlich machen möchte, wie sich das Wort Gottes unter den Menschen ausbreitet und damit Gottes Herrschaft in dieser Welt sichtbar wird. Das erste dieser Gleichnisse, das vom Sämann, gehört zu den bekanntesten Gleichnissen der Evangelien.

Er sagte: Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen. Als er säte, fiel ein Teil der Körner auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen sie. Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte. Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach. Wer Ohren hat, der höre! (Mt 13,2b-9)

Jesus gebraucht wie in allen Gleichnissen ein Bild, das den Menschen der damaligen Zeit vertraut war. Damals wurde das Saatgut noch mit der Hand auf das Feld ausgestreut. Der Sämann hatte einen großen Korb mit dem wertvollen Saatgut umgehängt, griff mit der Hand hinein und warf die Körner in hohem Bogen über das Feld. Die Felder damals waren keine großen Äcker, sondern kleine Parzellen, umgeben von Dornengestrüpp und steinigem Boden. Daher fiel nur ein kleiner Teil des Samens auf fruchtbaren Boden. Doch trotz des Risikos, dass ein Teil des Samens nicht bis zur Reife gelangen wird, sät der Sämann mutig aus, weil er weiß, dass der Samen, der auf fruchtbaren Boden fällt, einen hohen Ertrag bringen wird, der den Verlust bei weitem ausgleicht.
Obwohl das Bild vom Sämann eigentlich verständlich ist, muss Jesus es auslegen, damit deutlich wird, was es mit Himmelreich und Jüngerschaft zu tun hat.

Hört also, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet. Immer wenn ein Mensch das Wort vom Reich hört und es nicht versteht, kommt der Böse und nimmt alles weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde; hier ist der Samen auf den Weg gefallen. Auf felsigen Boden ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt, aber keine Wurzeln hat, sondern unbeständig ist; sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird, kommt er zu Fall. In die Dornen ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort zwar hört, aber dann ersticken es die Sorgen dieser Welt und der trügerische Reichtum und es bringt keine Frucht. Auf guten Boden ist der Samen bei dem gesät, der das Wort hört und es auch versteht; er bringt dann Frucht, hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach. (Mt 13,18-23)

So wie der Sämann den Samen mutig ausstreut, ohne vorher zu überlegen, ob er auch wirklich Frucht bringen wird, weil er weiß, dass der Samen auf fruchtbarem Boden den Verlust des Samens auf schlechtem Boden bei weitem ausgleichen wird, so spricht Gott sein Wort zu allen Menschen, weil er weiß, dass unter den vielen immer einige sind, die es aufnehmen und danach leben. Das soll uns Mut machen, wenn wir meinen, gerade heute würde das Wort Gottes ungehört verhallen.
Es kommt zu allen Zeiten vor, dass Gottes Wort auf harte Herzen trifft, in die es keinen Einlass findet. Doch Gott kennt die Herzen der Menschen, er weiß, wer ein offenes Ohr für ihn hat. Er ist der Sämann, der den Samen des Wortes Gottes aussät und wir alle sind von ihm auf je eigene Weise in den Dienst der Verkündigung gerufen. Wir wissen nicht genau, wo der Samen des Wortes, das Gott durch uns aussät, hinfällt und wo er Frucht bringt.
Jesus gibt allen Menschen die gleiche Chance, sein Wort zu hören. Daher dürfen auch wir, die wir dazu berufen sind, sein Wort zu verkünden, uns nicht nur an die wenden, von denen wir meinen, dass sie gut genug wären, uns zu hören und von anderen denken: "Die begreifen das eh nicht, denen braucht man erst gar nicht anfangen, etwas zu erklären." Wir wissen vorher nie, was das Wort Gottes in einem Menschen bewirkt. Erst mit der Zeit wird sich zeigen, welche Frucht es bringt. Geben wir dem Wort Gottes Raum, um zu wirken.

Gottes Wort weckt Leidenschaft

Gott umwirbt uns mit seinem Wort. Sein Wort erreicht uns nicht als langweilende Rede, sondern als ein Wort, das uns persönlich angeht und unsere Herzen treffen will. Gott will unser Interesse und unsere Leidenschaft wecken.

Wenn einer Sehnsucht hat und Eifer, dann wird ihm alles gegeben, was von Gott kommt; wenn aber jemand überhaupt keinen Eifer noch Verlangen hat und nicht tut, was in seinen Kräften steht, dann werden ihm die Gaben Gottes nicht zuteil, und es wird ihm auch noch genommen, was er hat - nicht, weil Gott es ihm nähme, sondern weil er sich selbst dessen unwürdig macht. So verhalten ja auch wir uns: Wenn wir bemerken, dass jemand nur gelangweilt zuhört, und wir ihn nicht dazu überzeugen können, auf unsere Mahnung zu achten, dann schweigen wir; denn wenn wir noch weiter insistieren sollten, dann wird ihn der Überdruss befallen. Auf einen eifrigen Hörer aber wirken wir anziehend und können ihm vieles mitteilen.
(Johannes Chrysostomus)

Papst Gregor der Große schreibt an einen Freund:

Wenn du eine Botschaft vom Kaiser auf Erden erhalten hast, hast du keine Rast und Ruhe und gönnst dir keinen Schlaf, solange du nicht weißt, was er dir geschrieben hat. Nun aber hat der Herrscher des Himmels, der Herr über Menschen und Engel, dir Briefe zukommen lassen, die dein Leben betreffen, und doch versäumst du es, diese Briefe mit Leidenschaft zu lesen. Mach dich daran, dich eingehend mit ihnen zu beschäftigen, und meditiere jeden Tag die Worte Gottes.

Wenn ich mich auf Gottes Wort einlasse, werde ich den Schatz entdecken, der darin verborgen liegt, der mein Leben reich und glücklich macht. Bin ich bereit für diese Entdeckungstour?

Römer 8

Gottes Wort - von Menschen gelebt

Wenn ein Lernstoff nur als trockene Theorie dargeboten wird, bleibt oft nicht viel hängen. Besser lernt man durch Beispiele. So ist es auch, wenn ich lernen möchte, wie ich Gottes Wort in meinem Leben umsetzen kann. Die beste Auslegung des Wortes Gottes ist das Leben von Menschen, die sich ganz von diesem Wort haben formen lassen. Dazu sagt Gregor der Große:

Durch die Auslegung der heiligen Schrift erfahren wir, wie die Tugend erworben und bewahrt wird, aus der Erzählung der Wunder aber erkennen wir, wie solche Tugend sich auswirkt. In vielen wird die Liebe zum himmlischen Vaterland eher durch Beispiele als durch Belehrung bewirkt.

Wir brauchen Vorbilder, an denen wir uns orientieren können. Papst Gregor selbst lebte im 6. Jahrhundert, in einer Zeit größter Orientierungslosigkeit. Das Weströmische Reich war zerfallen, mehrmals wurde Italien von wilden Völkerscharen überrannt, die Stadt Rom war von äußeren und inneren Gefahren bedroht, viele Menschen litten unter Hunger und Krankheiten. Papst Gregor war bemüht, den schlimmsten Nöten abzuhelfen und die Ordnung in der Stadt aufrecht zu erhalten. Er sorgte sich darum, die materielle Grundversorgung zu gewährleisten, aber auch darum, den Menschen Orientierung zu geben.
In einer Zeit, in der alles im Verfall begriffen schien, schrieb Gregor das Leben mehrerer Heiliger Italiens auf. Er wollte damit zeigen, dass die großen Wunder, die im Alten und Neuen Testament berichtet werden, nicht der Vergangenheit angehören. Vor kurzem noch geschahen sie ganz in der Nähe - und können auch heute noch geschehen. Die Gläubigen sind die Hoffnung für diese Welt. Wenn sie Frucht bringen, kann das Reich Gottes hier auf Erden wachsen. Diese Frucht muss sich im Leben zeigen. "Seht wie sie leben!" Das ist das Zeugnis, an dem die Welt die Christen erkennt. Ein überzeugendes Leben kann die Menschen für Christus begeistern. Darauf wartet die Schöpfung - auch heute.

Römer 8 - Hoffnung

Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. (Röm 8,18)

Die Worte, die Paulus hier schreibt, sind Hoffnungsworte. Wir wissen, dass wir auch als erlöste Christen nicht frei sind von den Leiden dieser Welt. Auch viele fromme Menschen werden von Schicksalsschlägen getroffen, sie leiden unter Krankheiten, den plötzlichen Verlust eines lieben Menschen, Kriegen und Verfolgungen. Oft wird hier die Frage nach dem "Warum?" gestellt. Leid ist keine Strafe für Sünde. Diese ach so leichte Erklärung konnte noch nie eine befriedigende Antwort auf die Frage nach dem Leid geben. Kein Mensch wird diese Frage beantworten können.
Wir können dem Leid nur mit der Hoffnung begegnen. Der Hoffnung, dass Gott auch im Leid für uns sorgt, dass er eine schwere Krankheit heilen kann, die Hoffnung, dass auch sinnlos erscheinendes Leid nicht sinnlos ist, die Hoffnung, dass es immer einen Weg durch das Leid hindurch gibt, und dass Gott diesen Weg mit uns geht. Und nicht zuletzt auch die Hoffnung, dass ein neues Leben bei Gott auf uns wartet, in dem es kein Leid mehr geben wird.

Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden. (Röm 8,19-23)

Zusammen mit uns Menschen wartet die gesamte Schöpfung auf die Zeit des Heils. Überall in der Schöpfung stoßen wir auf Leid. Die Natur ist kein Ort der Harmonie, sondern es tobt auf allen Ebenen ein Kampf ums Überleben. Auch hier wissen wir keine Antwort auf die Frage nach dem "Warum?". Gott hat alles gut, ja sehr gut geschaffen. Kommt das Leid in der Schöpfung durch das Wirken des Menschen zustande? Oder ist eine Kraft am Werk, die Gottes Schöpfung stören und zerstören will?
Paulus gibt uns keine Antwort auf diese Frage. Für ihn ist das Leid eine Tatsache, die wir annehmen müssen. Zugleich aber gibt es Hoffnung für den Menschen und die gesamte Schöpfung. Gott lässt seine Schöpfung nicht allein. Er hört das Seufzen und Stöhnen der Schöpfung und der Menschen in ihr. Gott will den Menschen und die gesamte Schöpfung befreien von der Macht der Sünde und des Todes und er will die ganze Schöpfung mit sich vereinen.
Paulus spricht hier von Wehen, unter denen die Schöpfung seufzt. Wehen gehen der Geburt voraus. Durch den Schmerz der Wehen hindurch wird neues Leben geboren. Wenn das Kind dann auf der Welt ist, sind die Schmerzen der Wehen bald vergessen und es überwiegt die Freude über die Geburt des Kindes.
So ist auch die Zeit zwischen Jesu Auferstehung und seinem Kommen in Herrlichkeit eine Zeit der Wehen. Durch die Taufe werden Menschen neu geboren zu Kindern Gottes, aber sie leben weiterhin in einem irdischen Leib, der an die irdischen Umstände gebunden ist. Ihr Offenbarwerden als Kinder Gottes steht noch bevor. Wir leben in der Spannung zwischen dem "Schon" und "Noch nicht". Wir sind bereits erlöst, unser Leib ist neu geboren aus dem Wasser der Taufe, wir sind Kinder Gottes, aber wir leben noch nicht bei Gott, wir leben noch auf der Erde.
Aber es gib Hoffnung, Hoffnung dass Gott bereits hier seinen Kindern einen Geschmack der Ewigkeit gibt, indem er das Leid mitträgt und seine Gaben schenkt. Hoffnung, dass die ganze Schöpfung wieder zu dem Paradies werden kann, das Gott geschaffen hat. Wir sind berufen, diese Hoffnung mir Gottes Hilfe Wirklichkeit werden zu lassen. Gott braucht Menschen, die seine Hoffnung in sich tragen und sie anderen weiter schenken.