Jahreskreis A

33. Sonntag

Erste Lesung

Spr 31,10-31

Eine tüchtige Frau, wer findet sie? Sie übertrifft alle Perlen an Wert.
Das Herz ihres Mannes vertraut auf sie, und es fehlt ihm nicht an Gewinn.
Sie tut ihm Gutes und nichts Böses alle Tage ihres Lebens.
Sie sorgt für Wolle und Flachs und schafft mit emsigen Händen.
Nach dem Spinnrocken greift ihre Hand, ihre Finger fassen die Spindel.
Sie öffnet ihre Hand für den Bedürftigen und reicht ihre Hände den Armen.
Trügerisch ist Anmut, vergänglich die Schönheit; nur eine gottesfürchtige Frau verdient Lob.
Preist sie für den Ertrag ihrer Hände, ihre Werke soll man am Stadttor loben.

Zweite Lesung

1Thess 5,1-6

Über Zeit und Stunde brauche ich euch nicht zu schreiben. Ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht. Während die Menschen sagen: Friede und Sicherheit!, kommt plötzlich Verderben über sie wie die Wehen über eine schwangere Frau, und es gibt kein Entrinnen.
Ihr aber, Brüder, lebt nicht im Finstern, so dass euch der Tag nicht wie ein Dieb überraschen kann.
Ihr alle seid Söhne des Lichts und Söhne des Tages. Wir gehören nicht der Nacht und nicht der Finsternis.
Darum wollen wir nicht schlafen wie die anderen, sondern wach und nüchtern sein.

Evangelium

Mt 25,14-30

Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der auf Reisen ging:
Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab.
Sofort begann der Diener, der fünf Talente erhalten hatte, mit ihnen zu wirtschaften, und er gewann noch fünf dazu. Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei dazu. Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld des Herrn.
Nach langer Zeit kehrte der Herr zurück, um von den Dienern Rechenschaft zu verlangen.
Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!
Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!
Zuletzt kam auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mann bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Hier hast du es wieder.
Sein Herr antwortete ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast doch gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. Hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank gebracht, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.
Darum nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen.
Talente

Talente (Mt 25)

Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging: Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. (Mt 25,14-15)

Jesus erzählt ein Gleichnis. Darin geht es um einen Mann, der auf Reisen geht, und zuvor sein Geld seinen Dienern anvertraut. Wir befinden uns im Zusammenhang des Matthäusevangeliums immer noch in der Rede über die Endzeit, in der Jesus über seine Wiederkunft am Ende der Zeiten spricht und die Gläubigen dazu ermahnt, stets auf den Tag seines Kommens vorbereitet zu sein. Der Mann, der auf Reisen geht, ist also Jesus selbst und die Diener sind die Gläubigen.
Der Mann ist sehr reich, denn das Vermögen, das er unter seine Diener aufteilt, ist sehr groß. Das Talent war in der Antike die Bezeichnung für eine große Geldsumme. Die genaue Umrechnung ist schwierig, aber nach heutigen Maßstäben könnte es sich um mehrere Millionen Euro gehandelt haben, die der Herr großzügig verteilt. Heute meint das Wort Talent auch die besondere Begabung eines Menschen. Diese Wortbedeutung hat sich im Laufe der Zeit aus diesem Gleichnis heraus entwickelt, weil man schon immer verstanden hat, dass es Jesus hier nicht um Geld geht, sondern um die Fähigkeiten, die Gott jedem Menschen schenkt.
Zur Zeit Jesu war das Reisen riskanter als heute und daher war es nicht gewiss, ob der reiche Mann jemals wiederkommen wird. Der Herr vertraut seinen Dienern. Er vertraut ihnen, dass sie sich nicht mit dem Geld einfach aus dem Staub machen, sondern dass sie es in seiner Abwesenheit gewinnbringend anlegen. Den Dienern war klar, dass ihr Herr möglicherweise nicht mehr zurückkommen wird oder seine Ankunft sich verzögert. Trotzdem vertraut er darauf, dass sie so mit dem Geld umgehen, als würde er jederzeit wiederkommen, um über den Verbleib des Geldes Rechenschaft zu verlangen.

Sofort begann der Diener, der fünf Talente erhalten hatte, mit ihnen zu wirtschaften, und er gewann noch fünf dazu. Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei dazu. Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn. (Mt 25,16-18)

Was würden sie tun, wenn sie plötzlich mehrere Millionen Euro geschenkt bekommen oder, was sehr unwahrscheinlich, aber dennoch nicht unrealistisch ist, falls sie Lotto spielen, sechs Richtige haben, vielleicht sogar noch mit Zusatzzahl und auch den Jackpot knacken? Manch einer würde vielleicht seinen Job hinschmeißen und erst einmal in Saus und Braus leben, bis er merkt, dass das Geld doch langsam knapp wird. Eine Million erscheint groß, wenn man sie nicht hat, aber sie ist schnell ausgegeben, wenn man sie hat und nicht sorgsam damit umgeht.
Die Diener haben das Geld eigentlich nicht geschenkt bekommen. Sie sollten vielmehr das Vermögen ihres Herrn während seiner Abwesenheit gewinnbringend verwalten. Das steht so nicht im Text, wird aber vorausgesetzt. Alles, was wir haben, sei es Geld oder Fähigkeiten, ist letztlich ein Geschenk, und wir müssen damit verantwortungsvoll umgehen. Was wir haben, ist nicht nur für uns, sondern wir sollen damit wirtschaften, indem wir unser Geld und unsere Fähigkeiten gewinnbringend für unser und das Wohl anderer einsetzen.
Gewinn machen wird leider oft dahingehend missverstanden, dass man möglichst viel für sich selbst herausholt. Es gibt zu allen Zeiten Gewinn, der auf Ausbeutung beruht. Dieser Gewinn verschafft einigen wenigen Wohlstand, ist aber für alle als Verlust anzusehen, weil der Schaden, den er anrichtet, immens ist, sei es für andere Menschen, sei es für die Umwelt, was wiederum bedeutet, dass der Schaden letztlich auch irgendwann auf Menschen zurückfällt.
Doch Gewinn muss nicht auf Ausbeutung beruhen. Wo Ressourcen verantwortungsvoll eingesetzt werden, kann auch ein Gewinn erwirtschaftet werden, der allen nützt. Jesus will mit diesem Gleichnis nicht eine Gewinnmaximierung um jeden Preis forcieren, sondern er will zeigen, dass jeder Mensch mit dem, was ihm zur Verfügung steht, einen Gewinn erzielen kann. Aber dazu braucht es den Mut, das Leben anzupacken, und nicht angstvoll seine Fähigkeiten zu verstecken. Auch wenn die Fähigkeiten noch so klein sein mögen, sie reichen immer dazu aus, den Gewinn zu erzielen, der den Herrn erfreut.

Nach langer Zeit kehrte der Herr zurück, um von den Dienern Rechenschaft zu verlangen. Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!
Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen. Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen, ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!
Zuletzt kam auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mann bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Hier hast du es wieder. Sein Herr antwortete ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast doch gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. Hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank gebracht, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.
Darum nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen. (Mt 25,19-30)

Als der Herr nach langer Zeit zurückkommt, freut er sich über das, was die Diener geleistet haben, egal ob es viel oder wenig ist. Er freut sich darüber, dass er nicht umsonst sein Vertrauen in sie gesetzt hat. Nur über einen freut er sich nicht, über den, der aus Angst das Talent vergraben hat. Warum wird dieser so hart bestraft? Zunächst denken wir vielleicht, der Herr ist ja selber schuld, wenn er dem einen nur ein Talent gegeben hat. Hätte er ihm mehr gegeben, dann hätte er auch mehr daraus gemacht. Aber stimmt diese Denkweise? Ein Talent ist eine ungeheure Summe. Würden bei uns drei Leute Geld bekommen, einer fünf, einer zwei und einer "nur" eine Million, so würden wir doch nicht sagen, dass eine Million zu wenig wäre, um etwas Vernünftiges daraus zu machen.

Kinder des Lichtes

Jeder bekommt nach seinen Fähigkeiten, alle drei haben etwas bekommen. Der letzte Diener aber wird bestraft, weil er nicht an sich und an die Fähigkeiten, die ihm sein Herr zugetraut hat geglaubt hat. Stattdessen erfindet er alle möglichen Ausreden, warum er sein Leben nicht anpacken wollte. Er hatte Angst vor seinen Herrn, der in seinen Augen so streng ist. Letztlich gesteht er nicht seine eigene Schwachheit ein, sondern macht dem Herrn Vorwürfe. Aber ist der Herr wirklich so streng und angsteinflößend, wenn er ein solches Vertrauen in den Diener setzt, dass er ihm zwar nicht den größten Teil, aber doch einen großen Anteil an seinem Vermögen zuteilt? Er hat Vertrauen in den Diener, aber dieses wird bitter enttäuscht, weil dieser in seinem Herrn nicht den großzügigen Geber, sondern nur den strengen Richter sieht.
Der Herr traut jedem zu, aus dem, was er hat, etwas zu machen. Das ist das Tröstliche an diesem Evangelium. Ich denke, jeder Mensch, der in die Welt kommt, ist ein auf ungeheure Weise beschenkter. Schon allein das Geschenk, leben zu dürfen, ist unbezahlbar. Doch wir erfahren auch, dass das Leben schwer ist. Manche scheinen begünstigt, sind gesund, glücklich und vielleicht auch noch reich, andere sind krank, arm, depressiv ... Ist es da nicht ein Hohn zu sagen: Mach etwas aus deinem Leben?
Wir hören aber auch immer wieder, dass es Menschen gibt, die am Boden waren, am Ende, die aber wieder aufgestanden sind, die es geschafft haben zu leben, dass selbst Menschen in schwerer Krankheit durch die Annahme ihres Leids im tiefsten Elend doch etwas vom Glück spüren durften. Das ist die Hoffnung, die uns Gott gibt. Gott will, dass wir bewusst leben. Gott will nicht, dass wir alles einfach so hinnehmen, wie es ist, dass wir im Alltagstrott erstarren. Das hieße das Talent vergraben, wenn alles so bleiben soll, wie es ist, ohne jede Veränderung. Wie traurig ist es zu sehen, dass viele Menschen so leben. Die Hoffnung aber besteht darin, dass von Gott jeder Mensch so viel bekommen hat, um etwas aus seinem Leben zu machen, und dass Gott in jeden Menschen das Vertrauen setzt, dass er das nötige dafür tut. Es muss nicht das Große sein. Freilich, manchen wurde viel gegeben und von ihnen wird auch viel erwartet. Aber auch der "einfache" Mensch hat sein Talent bekommen. Schon wenn der dritte Diener das Geld auf die Bank gebracht hätte, wäre sein Herr damit zufrieden gewesen.

Gott verlangt von uns nichts Unmögliches, aber doch soviel, wie uns möglich ist.

Jesus will uns dazu ermutigen, unsere Ängste zu überwinden und unser Leben zu wagen, die Welt zu entdecken, die er uns geschenkt hat und die Menschen, die in dieser Welt leben. Das heißt auch, nicht in der Vergangenheit leben, sondern die Zukunft wagen. Jesus Christus ist derselbe, gestern, heute und morgen. Ihn gilt es als den Bleibenden in unsere Zeit zu tragen, die sich ständig verändert, mit neuen Worten, die die Menschen heute ansprechen, mit Taten, die heute nötig sind.
Jeder hat seine ganz persönliche Berufung, jeder hat sein ganz eigenes Talent bekommen, das es zu entdecken und einzusetzen gilt. Wer wagt gewinnt, so heißt es. Sicher, ein Risiko bleibt immer und man kann einmal einen Fehler machen, doch schlimmer, als einen Fehler zu machen, ist es, aus Angst vor Fehlern gar nichts zu machen. Fehler kann man wieder gut machen, aus Fehlern kann man lernen, wer aber nichts tut, kann nur verlieren.

Herr, lass mich die Talente erkennen, die du mir gegeben hast, und gib mir den Mut, sie in meinem Leben einzusetzen - zu deiner Ehre und zum Wohl der Menschen.
Talente

In dem Gleichnis, das Jesus seinen Jüngern erzählt, geht es nicht um Gewinnmaximierung und Erfolg im wirtschaftlichen Sinn. In seinen Gleichnissen gebraucht Jesus immer ein Bild aus der materiellen Welt, das den Menschen vertraut ist, um eine tiefergehende Wirklichkeit, die unseren Augen verborgen ist, auszudrücken.
Ein Talent war für die Menschen damals der Inbegriff einer riesigen Geldsumme. Keiner der Menschen, zu denen Jesus sprach, hatte wohl jemals so viel Geld gesehen und selbst die Reichen, denen Jesus begegnet ist, gehörten nicht zu den Superreichen, die ein so großes Vermögen hatten. Jeder seiner Zuhörer verstand sofort, dass das, was der Mann im Evangelium seinen Dienern anvertraute, alles übertraf, was sie sich vorstellen konnten.
Jesus will damit zeigen, wie sehr Gott jedem einzelnen Menschen vertraut und wie reich er jeden einzelnen beschenkt. Auch wenn es Unterschiede gibt und manche mehr bekommen als andere, so hat doch jeder sehr viel bekommen. Der Herr traut jedem seiner Diener etwas zu, so traut auch Gott jedem Menschen zu, aus dem, was er hat, etwas zu machen.
Wir sollen das, was wir bekommen haben, einsetzen zur Freude des Herrn. Gott freut sich über unseren Mut und Einfallsreichtum, auch wenn diese nicht immer von Erfolg gekennzeichnet sind. Gott will, dass wir mutig ins Leben gehen und uns an der Stelle, an der wir stehen, zu seiner Ehre und zum Wohl der Menschen einbringen. Das ist unsere Berufung. Das können ganz kleine und unscheinbare Dinge sein. Wir brauchen keine großen Prediger oder Wunderheiler zu werden. Es genügt schon, wenn sich Menschen in unserer Nähe wohl fühlen, weil wir freundlich und hilfsbereit sind.
Wer sich aber ängstlich versteckt und noch dazu sagt, dass er aus Angst vor Gottes Strafe nichts gewagt hat, der hat Gott nicht verstanden. Er zweifelt an Gott und seiner Güte und lehnt Gottes Geschenk ab. Solche Menschen will Jesus mit diesem Gleichnis wachrütteln. Sie sollen die Augen aufmachen und erkennen, wie sehr Gott auch sie beschenkt hat. Jesus will ihnen Mut machen, auch etwas zu wagen, nicht aus Furcht vor der Strafe, sondern weil sie erfahren haben, dass Gott jeden Menschen unfassbar liebt und immer, wirklich immer einen Weg öffnen kann zu einem befreiten und glücklichen Leben.

Lob der weisen Frau (Spr 31)

Das Buch der Sprichwörter gehört wie das Hohelied, das Buch der Weisheit und das Buch Kohelet zu den alttestamentlichen Weisheitsschriften, die dem König Salomo zugeschrieben werden. Salomo galt als Repräsentant des weisen Herrschers schlechthin. Dabei ist es durchaus möglich, dass Sprüche von Salomo über die Jahrhunderte hinweg mündlich überliefert und später schriftlich festgehalten wurden. Das Buch enthält neben den dem König Salomo zugeschriebenen Teilen auch Weisheitssprüche anderer Herkunft, so die Worte von Weisen (Spr 22,17-24,33), die Worte Agurs (Spr 30) und die Worte an Lemuel (Spr 31).
Im letzten Kapitel des Buches wird das Lob der weisen Frau ausgesprochen. Einige ihrer Eigenschaften wurden in den vorangehenden Kapiteln auf die Weisheit selbst bezogen wurden. Somit soll die hier beschriebene tatkräftige, weise und gottesfürchtige Frau als eine Verkörperung der Weisheit gekennzeichnet werden. Weisheit ist also nicht etwas, das nur Männern vorbehalten bliebe oder allein Menschen möglich ist, die sich in besonderer Weise dem Gottesdienst widmen. Die ideale Verkörperung der Weisheit ist die Frau, die zuhause in ihrem Alltag schlicht und einfach, aber sorgfältig ihre Arbeit tut.

Sprichwörter 31
Eine tüchtige Frau, wer findet sie? Sie übertrifft alle Perlen an Wert. (Spr 31,10)

Wer findet eine solche Frau, mit der die Weisheit in das eigene Haus Einzug nimmt und so das Haus selbst zum Haus der Weisheit (Spr 9,1) wird? Wir möchten sagen: Glücklich ist, wer sie findet! Sein Haus wird gesegnet sein! Sie ist unbezahlbar. Sie ist letztlich ein Geschenk Gottes, wie die Weisheit selbst. Auch von der Weisheit wird gesagt, dass sie alle Perlen an Wert übertrifft (Spr 3,15 und 8,11). Der Mann, der die Weisheit sucht, wird auch die passende Frau finden und mit dieser wird die Weisheit selbst in sein Haus einziehen.

Das Herz ihres Mannes vertraut auf sie, und es fehlt ihm nicht an Gewinn. Sie tut ihm Gutes und nichts Böses alle Tage ihres Lebens. (Spr 30,11-12)

Dieser Frau kann man vertrauen. Sie tut nur Gutes und hat nichts Böses im Sinn. Sie wird das Geld nicht leichtfertig ausgeben, vielmehr wird sie durch ihre Arbeit selbst dazu beitragen, das Vermögen der Familie zu vermehren. Vielfältig sind ihre Tätigkeiten, sie widmet sich der Hausarbeit, wozu auch die Herstellung von Stoffen und Kleidung gehört und sorgt dafür, dass alle zu essen haben, auch in Zeiten der Not, wenn Nahrung knapp wird.

Sie sorgt für Wolle und Flachs und schafft mit emsigen Händen. Sie gleicht den Schiffen des Kaufmanns: Aus der Ferne holt sie ihre Nahrung. Noch bei Nacht steht sie auf, um ihrem Haus Speise zu geben. (Spr 31,13-15)

Doch auch Tätigkeiten, die wir heute einer Frau aus dem alten Orient so gar nicht zutrauen würden, nimmt sie selbst in die Hand. Ihre Tätigkeit erstreckt sich nicht nur auf das Innere des Hauses, sondern auch auf öffentliche Geschäfte. Sie macht nicht nur "Frauenarbeit", sondern verrichtet auch Tätigkeiten, die Kraft erfordern.

Sie überlegt es und kauft einen Acker, vom Ertrag ihrer Hände pflanzt sie einen Weinberg. Sie gürtet ihre Hüften mit Kraft und macht ihre Arme stark. (Spr 31,16-17)

Tag und Nacht ist sie beschäftigt und von dem Ertrag ihrer Arbeit kann sie auch noch an die Armen austeilen und so über ihr eigenes Haus hinaus Gutes wirken.

Sie spürt den Erfolg ihrer Arbeit, auch des Nachts erlischt ihre Lampe nicht. Nach dem Spinnrocken greift ihre Hand, ihre Finger fassen die Spindel. Sie öffnet ihre Hand für den Bedürftigen und reicht ihre Hände dem Armen. (Spr 31,18-20)

Sie sorgt vor, so dass es nie an etwas fehlen wird. Auch wenn es unerwartet kalt wird und Schnee gibt, hat sie für das ganze Haus die passende Kleidung zur Hand.

Ihr bangt nicht für ihr Haus vor dem Schnee; denn ihr ganzes Haus hat wollene Kleider. Sie hat sich Decken gefertigt, Leinen und Purpur sind ihr Gewand. (Spr 31,21-22)

Nicht die Frau wird wegen des Mannes geehrt, sondern der Mann wird geehrt, weil die Menschen ihn ob seiner weisen Frau achten!

Ihr Mann ist in den Torhallen geachtet, wenn er zu Rat sitzt mit den Ältesten des Landes. (Spr 31,23)

Es mutet fast schon wie ein kleines Familienunternehmen an, was die Frau alles leistet:

Sie webt Tücher und verkauft sie, Gürtel liefert sie dem Händler. (Spr 31,24)

Die Frau ist es, die alles in der Familie am Laufen hält. Dabei achtet sie auf alles genau und sorgt für Ordnung im Haus. Mit gesundem Optimismus blickt sie in die Zukunft.

Kraft und Würde sind ihr Gewand, sie spottet der drohenden Zukunft. Öffnet sie ihren Mund, dann redet sie klug und gütige Lehre ist auf ihrer Zunge. Sie achtet auf das, was vorgeht im Haus, und isst nicht träge ihr Brot. Ihre Söhne stehen auf und preisen sie glücklich, auch ihr Mann erhebt sich und rühmt sie: Viele Frauen erwiesen sich tüchtig, doch du übertriffst sie alle.
Trügerisch ist Anmut, vergänglich die Schönheit, nur eine gottesfürchtige Frau verdient Lob. Preist sie für den Ertrag ihrer Hände, ihre Werke soll man am Stadttor loben. (Spr 31,25-31)

Eine solche Frau wird von ihrer ganzen Familie gelobt, ja darüber hinaus in der ganzen Stadt und sogar Fremden gegenüber. Wenn von ihr am Stadttor geredet wird, so erfährt jeder, der dort hinein- und hinausgeht, sogleich von dieser Frau.
Der Mann soll bei einer Frau nicht allein auf das Äußere achten, vergänglich ist irdische Schönheit, was aber bleibt ist die Weisheit. Mit dieser Weisheit wird die Frau das Haus auch noch mit Licht und Schönheit erfüllen, wenn aller äußerliche Glanz verblasst ist.
Frauen sind nicht nur für Haus und Herd zuständig, wie das lange Zeit im männlichen Denken verwurzelt war, die Arbeit der Frauen erstreckt sich auch auf Tätigkeiten außerhalb des Hauses. Die Frau selbst kann das in ihrem Haus produzierte an Händler verkaufen, ja sogar Grundstücke kaufen und verwalten.
Hier wird auf der einen Seite ein nahezu modernes Frauenbild gezeichnet, jedoch wehren sich auch viele Frauen gegen die dann doch wieder erfolgte Einengung auf die Nützlichkeit. Wo bleibt da die Sinnlichkeit? Ist die Frau letztlich doch nur für die Arbeit zuständig?
Doch Weisheit ist mehr als umsichtige Geschäftigkeit. Sie bedeutet auch ein tiefes Verständnis der Zusammenhänge dieser Welt. Die weise Frau arbeitet nicht nur, sie versteht auch etwas vom Leben. Sie weiß um die Sinnlichkeit, aber auch um deren Grenzen. Sie versteht es, Menschen in ihren Bann zu ziehen, aber nicht, um sie zu verführen, sondern um sie zu tieferer Erkenntnis zu führen.

Herr schenke uns solch weise Frauen,
die ein Segen sind für unsere Familien,
unsere Gesellschaft und für die Kirche.
Lass in ihnen deine Weisheit unter uns wohnen,
dass wir durch sie deinen Rat
und deine Hilfe erfahren.