Jahreskreis C

12. Sonntag

Erste Lesung

Sach 12,10f.13,1

So spricht der Herr: Über das Haus David und über die Einwohner Jerusalems werde ich den Geist des Mitleids und des Gebets ausgießen. Und sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben. Sie werden um ihn klagen, wie man um den einzigen Sohn klagt; sie werden bitter um ihn weinen, wie man um den Erstgeborenen weint. An jenem Tag wird die Totenklage in Jerusalem so laut sein wie die Klage um Hadad-Rimmon in der Ebene von Megiddo. An jenem Tag wird für das Haus David und für die Einwohner Jerusalems eine Quelle fließen zur Reinigung von Sünde und Unreinheit.

Zweite Lesung

Gal 3,26-29

Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid "einer" in Christus Jesus. Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben kraft der Verheißung.

Evangelium

Lk 9,18-24

In jener Zeit als Jesus in der Einsamkeit betete und die Jünger bei ihm waren, fragte er sie: Für wen halten mich die Leute?
Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden.
Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Messias Gottes.
Doch er verbot ihnen streng, es jemand weiterzusagen. Und er fügte hinzu: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er wird getötet werden, aber am dritten Tag wird er auferstehen.
Zu allen sagte er: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.
Galater

Galaterbrief - Christus als Gewand

Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angelegt. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer» in Christus Jesus. Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr Abrahams Nachkommen, Erben kraft der Verheißung. (Gal 3,26-29)

Auf immer wieder neue Weise will Paulus den Galatern deutlich machen, was es heißt, an Jesus Christus zu glauben. Wer glaubt und sich taufen lässt, ist zu einem neuen Menschen geworden. In Gal 2,20, der Lesung am vergangenen Sonntag, hat Paulus das so erklärt: "Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir." Er wollte damit zeigen, dass der Glaube den Menschen in seinem Innersten so verändert, dass er in seinem Denken, Fühlen und Wollen Christus immer ähnlicher wird. Nun zeigt er, dass Glaube und Taufe den Menschen auch äußerlich verändern.

Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt.

Christus als Gewand anlegen, was meint Paulus damit? Wer "Gewand Christi" bei Google eingibt, der stößt dabei schnell auf den heiligen Rock in Trier. Hier haben wir ein Gewand, das Christus selbst getragen haben könnte. Zu den großen Wallfahrten können wir dieses Gewand Christi ansehen und verehren. Doch Paulus meint mit seinen Worten etwas anderes, als dass wir dieses Gewand Christi selbst anziehen sollten.
Wenn wir über das Thema Kleidung nachdenken, so fällt uns auf, dass wir bei uns in großen Menschenmassen selten zwei Menschen sehen, die gleiche Kleidung tragen. So vielfältig ist das Angebot an Kleidungsstücken, so groß ist unser Drang nach Individualität, dass wir uns von anderen unterscheiden wollen. Andererseits schafft das bewusste Tragen der gleichen Kleidung Gemeinsamkeit. Das sehen wir spielerisch, wenn zwei Menschen im "Partnerlook" gehen. Autoritäre Staaten möchten gerne ihre Bürger in Einheitskleidung stecken. Ähnliche Kleidung macht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe deutlich. Offizielle Anlässe verlangen nach einer angemessenen Kleidung, die Uniform der Soldaten macht die Vielen zu einer Truppe. Im kirchlichen Bereich kennen wir das Ordensgewand, das die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gemeinschaft zum Ausdruck bringt, oder das Kollar, das einen Priester kenntlich macht.

Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt.

Als Christen sollen wir unsere Ähnlichkeit mit Jesus Christus äußerlich zum Ausdruck bringen. Nicht durch uniforme Kleidung, die reine Äußerlichkeit bliebe, sondern durch eine Gemeinschaft über alle nationalen und gesellschaftlichen Grenzen hinweg. Der gemeinsame Glaube und die gemeinsame Ausrichtung auf Jesus Christus überbrückt alle Unterschiede aufgrund der ethnischen oder sozialen Herkunft. Ob einer reich oder arm, Mann oder Frau, Europäer oder Afrikaner ist, jeder Mensch kann Abbild Jesu Christi sein und ist gleichwertig in der Gemeinschaft der Glaubenden.
In dem speziellen Zusammenhang des Galaterbriefes geht es Paulus vor allem darum, den Galatern zu zeigen, dass sie auch ohne Übernahme der jüdischen Tradition der Beschneidung vollwertige Mitglieder in der Gemeinschaft der Kirche sind. Damals sind bei den Galatern judenchristliche Missionare aufgetreten, die in fälschlicher Berufung auf die Apostel in Jerusalem von den Heidenchristen die Beschneidung gefordert haben. Nur durch die Beschneidung, so meinten sie, könnten auch die Heiden Erben der Verheißung werden, die Gott an Abraham gerichtet hat. Gott hat ihrer Meinung nach das Heil an das Zeichen der Beschneidung gebunden. Paulus widerspricht dem. Im neunen Bund, den Christus gestiftet hat, ist nicht mehr die Beschneidung das verbindende Bundeszeichen, sondern allein die Taufe.
Paulus betont, dass sowohl die Juden, die das Bundeszeichen der Beschneidung tragen, als auch die Heiden, die dieses Zeichen nicht tragen, durch die Taufe das Heil Gottes erlangen und Kinder Gottes sind. Er geht noch darüber hinaus und argumentiert, dass es nach der Taufe gar keine Unterschiede aufgrund menschlicher Herkunft mehr geben kann.
Für uns heute mag diese Auseinandersetzung weit weg, die Abgrenzung zwischen Juden und Christen ist bald nach Paulus deutlich, vielleicht allzu deutlich, vollzogen worden. Wir können uns aber dennoch fragen, wo wir heute trotz Christentum und allgemeiner Erklärung der Menschenrechte, nach der alle Menschen die gleiche Würde haben unabhängig von "Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand", immer noch Unterschiede in der Würde des Menschen gelten lassen und andere diskriminieren.

Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt.
Paulus gebraucht diesen Ausdruck, weil er so gewaltig ist. Denn wenn Christus Sohn Gottes ist, du aber ihn angezogen hast, so bist du, weil du den Sohn in dir hast und ihm ähnlich gestaltet wurdest, in eine Verwandtschaft und Form mit ihm gebracht worden. ... Er begnügt sich aber auch mit dieser Redensart nicht, sondern erklärt dieselbe, dringt tiefer ein in die Art dieser Verbindung und schreibt: „Ihr alle seid einer in Christus Jesus“, das bedeutet, ihr alle habt eine Gestalt, eine Form, die Form Jesu Christi. Gibt es etwas, was gewaltiger ist als dieses Wort? Ein Mensch, der zuvor Heide oder Jude oder Sklave war, wandelt nun einher in der Gestalt nicht eines Engels, nicht eines Erzengels, nein, in der Gestalt des Alleinherrschers selber und vergegenwärtigt Christus in seiner Person. (Johannes Chrysostomus)

Ähnlich wie Johannes Chrysostomus ruft uns auch Papst Leo der Große in einer Predigt dazu auf, das Unglaubliche, das Gott an uns gewirkt hat, stets vor Augen zu haben und uns dessen würdig zu erweisen:

Christ, erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden, kehre nicht zu der alten Erbärmlichkeit zurück und lebe nicht unter deiner Würde. Denk an das Haupt und den Leib, dem du als Glied angehörst! Bedenke, dass du der Macht der Finsternis entrissen und in das Licht und das Reich Gottes aufgenommen bist.

Wir haben Christus als Gewand angelegt. Wir gehören zu Jesus Christus und sind dazu berufen, unser Leben seinem Leben ähnlich zu machen. Leben wir gemäß unserer Berufung. Tragen wir unseren Glauben in die Welt hinaus. Leben wir so, dass durch unser Tun den Menschen das Heil erfahrbar wird, das Gott der Welt geschenkt hat. Das bedeutet nicht, dass wir alle im Gleichschritt marschieren müssen, Nachfolge ist individuell und vielfältig, jeder hat seine je eigene Berufung. Aber doch gibt es einen gemeinsamen Ursprung, einen gemeinsamen Mittelpunkt, ein gemeinsames Ziel: Jesus Christus geht den Vielen voran, die er in seine Nachfolge ruft, auf ihn gilt es zu schauen. Paul Claudel hat es einmal so formuliert:

Heilige sind Menschen, die in die Fußstapfen Jesu getreten sind, doch jeder mit seiner eigenen Schuhgröße.

Wir alle sind als Heilige berufen und dazu auserwählt, in dem Gewand des neuen Lebens zu wandeln, das Gott für jeden von uns in seiner Größe passend bereit gelegt hat.

Prophet Sacharja

Prophet Sacharja - Schauen auf den Durchbohrten

Der Prophet Sacharja ("JHWH hat sich erinnert"), der in der Zeit um 518 v.Chr. gewirkt hat, wird auch in anderen biblischen Büchern erwähnt (vgl. Esra 5,1; Neh 12,16). Nach Nehemia 12,16 war Sacharja Priester. Er wurde in Babylon geboren und war mit seinem Großvater Iddo in der ersten Gruppe der Exilanten, die nach dem Befreiungsedikt des Perserkönigs Kyros unter der Führung von Serubbabel und Jeschua nach Jerusalem zurückkehrten.
Der erste Teil des Buches (Sach 1-8) ist geprägt von der Zeit des Wiederaufbaus der jüdischen Herrschaft im Land Israel nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil. Das Volk ist bedroht von äußeren Feinden, aber auch von inneren Auseinandersetzungen, die Worte des Propheten sollen Mut machen. In der Gestalt des Hohenpriesters Jeschua und des davidischen Herrschers Serubbabel sieht er die Heilsgestalten seiner Zeit, die für ihn zugleich Endzeit ist. Das Eintreffen von Gottes Heil steht nahe bevor. Serubbabel ist der letzte im Alten Testament erwähnte Herrscher aus dem Haus David.
Das Buch Sacharja enthält zahlreiche Hinweise auf den Messias, die in den Evangelien auf Christus gedeutet werden. Sach 9,9 prophezeit den Einzug Jesu in Jerusalem auf einem Esel, Sach 11,12-13 den Verrat durch Judas für 30 Silberstücke, Sach 12,10 die Durchbohrung der Seite des am Kreuz erhöhten Messias, Sach 13,7 die Zerstreuung der Jünger nach der Verhaftung Jesu, Sach 14,6-7 die Sonnenfinsternis in der Todesstunde Jesu. Der letzte Vers des Buches, Sach 14,21, wird auf die Tempelreinigung hin gedeutet. Die endzeitliche Schlacht in Harmagedon (Offb 16,16) leitet sich ab von der in Sach 12,11 erwähnten Totenklage in der Ebene von Megiddo.
Die Visionen erhält Sacharja nicht immer unmittelbar von Gott, sondern es tritt ein Engel auf, der ihm das Geschaute deutet. Damit kündigt sich die Wende von der Prophetie zur Apokalyptik an und wir können Ähnlichkeiten zum Buch Daniel und zur Offenbarung des Johannes feststellen. Am Ende des Buches steht die Vision vom Tag des Herrn.
Im zweiten Teil des Buches (Sach 9-14), der vermutlich nicht von Sacharja stammt, sondern erst in späterer Zeit entstanden ist, befinden wir uns deutlich in einer anderen Zeit. Es sind Herrscher aufgetreten, die sich nicht um das Wohl des Volkes kümmern, sondern wie schlechte Hirten sich nur am Fleisch der Herde sattessen wollen.
Zugleich aber verheißt Sacharja in Sach 9,9 das Kommen eines Friedenskönigs. Doch erst einmal herrscht Krieg. Wir erkennen die Ursache dieses Krieges in der Verwerfung Gottes durch die treulosen Hirten. Jerusalem aber wird siegreich aus diesem Kampf hervorgehen. Im Volk werden Helden erstehen, die siegreich kämpfen. Dann spricht der Prophet mitten in dieses Bild des Gemetzels die Worte:

An jenem Tag werde ich danach trachten, alle Völker zu vernichten, die gegen Jerusalem anrücken. Doch über das Haus David und über die Einwohner Jerusalems werde ich den Geist des Mitleids und des Gebets ausgießen. Und sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben. Sie werden um ihn klagen, wie man um den einzigen Sohn klagt; sie werden bitter um ihn weinen, wie man um den Erstgeborenen weint. (Sach 12,9-10)

Es ist, als würde plötzlich der Kriegslärm schweigen und Stille das geschundene Land überziehen. Gottes Geist, der einst über den Wassern der Urflut schwebte, kommt über das Land. Den Menschen wird ihr Trug und ihre Eitelkeit bewusst und sie blicken auf das Zeichen des Durchbohrten, das mitten unter ihnen steht.

Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben.

Im Johannesevangelium (Joh 19,37) und in der Offenbarung des Johannes (Offb 1,7) wird dieses Wort eindeutig auf Jesus Christus bezogen, der am Kreuz gestorben ist. Das Volk Gottes hat in seiner Verblendung seinen Gott gekreuzigt, der gekommen ist, ihm das Heil zu bringen. Sie aber wollten mit ihren eigenen Waffen kämpfen und siegreich sein. Ihr falscher Eifer für das Gesetz, ihr falscher Stolz auf ihren Glauben hat sie blind gemacht. Nun aber weht Gottes Geist über das Todesfeld der Geschlagenen und öffnet ihnen die Augen. Sie klagen und weinen und Gott vergibt ihnen die Schuld. Sie kehren um, schaffen alles Unreine und alle Lüge weg aus ihrer Mitte.

"Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben" - mit diesen Worten beschließt der Evangelist Johannes seine Darstellung der Passion des Herrn; mit diesen Worten eröffnet er die Christusvision im letzten Buch des Neuen Testamens, das wir "Geheime Offenbarung" zu benennen pflegen. Zwischen der zweimaligen Anführung dieses prophetischen Wortes aus dem Alten Bund liegt die ganze Geschichte ausgespannt: zwischen Kreuzigung und Wiederkunft des Herrn; in diesem Wort ist ebenso die Rede von der Erniedrigung dessen, der wie ein Verbrecher am Galgen starb, wie von der Macht dessen, der kommen wird, die Welt zu richten - auch unser Richter.
"Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben" - das ganze Johannesevangelium ist im Grunde nichts anderes als der Vollzug dieses Wortes, nichts anderes als das Bemühen, unsere Augen und unser Herz zu sammeln in den Blick auf ihn hin. Und die ganze Liturgie der Kirche ist nichts anderes als das Schauen auf den Durchbohrten, dessen verhülltes Antlitz der Priester auf dem Höhepunkt des Kirchenjahres, in der gottesdienstlichen Feier des Karfreitags, den Augen der Kirche und der Welt enthüllt: "Seht, das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen!"
"Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben" - Herr, gibt uns, in dieser Stunde auf dich zu schauen, in der Stunde deiner Verborgenheit und Erniedrigung durch eine Welt, die das Kreuz als ärgerlichen Unfall übergehen will, die sich deinem Blick entzieht, ihn als unnütze Zeitvergeudung ansieht und nicht weiß, dass sie eben darin deiner Stunde entgegengeht, in der sich niemand deinem Blick wird entziehen können. (Benedikt XVI.)
An jenem Tag wird für das Haus David und für die Einwohner Jerusalems eine Quelle fließen zur Reinigung von Sünde und Unreinheit. (Sach 13,1)

Trauer und Schmerzen - das Herz ist verwundet, zerrissen. Jeder Mensch sehnt sich nach Liebe, doch wie oft wird diese Sehnsucht enttäuscht, zerbricht der kostbare Schatz in unseren Händen oder wird gar achtlos beiseite geworfen.
Die Sehnsucht nach Liebe durchzieht die Generationen des Menschengeschlechtes. Der Schrei nach Liebe hallt wider auf allen Plätzen dieser Erde und Schmerzensblut tropft auf unsere Straßen.
Woher kommt Rettung, woher Heilung für die gebrochenen Herzen, die so oft enttäuscht worden sind, und von einer Bitternis durch eine kurze Freude in die nächste Bitternis fallen? Ist es das Los des Menschengeschlechts, dass der Ruf nach Liebe ungehört verhallt?
Es gibt eine Quelle des Trostes, es gibt Heilung für die wunden Herzen. Kein einfaches Pflaster, keine schnellwirkende Medizin, keine billigen Pillen, aber etwas, das doch bei kontinuierlicher Anwendung heilsam wirkt.
Wir können unsere Herzen heilen im Licht der Liebe Gottes. Jesus Christus hat selbst den Schmerz in seinem Herzen empfunden. Aus Liebe hat er sein Herz durchbohren lassen. Aus seinem geöffneten Herzen fließt der Strom der göttlichen Liebe in diese Welt.
Blicken wir auf das aus Liebe durchbohrte Herz des Herrn. Lassen wir uns füllen von Gottes grenzenloser Liebe. Sie ist reichlich für alle da. Treten wir hinzu zum Quell der Liebe und tanken wir diese Liebe in unseren Herzen, damit unsere Wunden heilen und wir mit einem Herzen voller Liebe durch diese Welt gehen.

Indem wir auf Christus schauen, wissen wir uns zugleich von ihm selbst angeschaut. Er, den wir mit unserer Schuld durchbohrt haben, wird nicht müde, über uns den unerschöpflichen Strom seiner barmherzigen Liebe auszugießen. Möge die Menschheit erfassen, dass nur von dieser Quelle aus es möglich ist, die notwendige spirituelle Energie zu erlangen, um jenen Frieden und jenes Glück zu bauen, die Ziel der Sehnsucht aller Menschen sind. (Benedikt XVI.)
Nachfolge

Evangelium - Das Gebet Jesu

Das heutige Evangelium beginnt mit einer kurzen Bemerkung dazu, dass Jesus, bevor er den Jüngern gegenübertritt, in der Einsamkeit gebetet hat. Immer wieder zieht sich Jesus zum vertrauten Gespräch mit seinem Vater zurück. Die Jünger wundern sich über diese Form des Betens. Als sie ihn bitten, ihnen zu zeigen, wie beten geht, lehrt er sie das Vater Unser. Wir dürfen mit den gleichen Worten zum Vater beten wie Jesus.

Welch reiche Fülle der Gnade und Güte Gottes gegen uns zeigt sich darin, dass der Herr nicht nur wünschte, wir sollten unser Gebet im Angesicht Gottes in der Weise verrichten, dass wir Gott unseren Vater nennen, sondern dass auch wir ebenso gut Söhne Gottes heißen, wie Christus Gottes Sohn ist! Diese Bezeichnung würde keiner von uns beim Gebet in den Mund zu nehmen wagen, hätte nicht er selbst uns gestattet, so zu beten. Darum sollen wir stets daran denken und uns dessen bewusst bleiben: wenn wir Gott unseren Vater nennen, dann müssen wir auch als Söhne Gottes leben, damit ebenso, wie wir uns darin gefallen, Gott zum Vater zu haben, auch er an uns sein Gefallen hat. Lasst uns wandeln als Tempel Gottes, damit man sieht, dass Gott in uns wohnt! Lasst uns in unserem ganzen Handeln den Geist nicht verleugnen, und wollen wir, die wir geistlich und himmlisch geworden sind, auch nur Geistliches und Himmlisches denken und tun!

So lehrt Cyprian von Karthago. Blicken wir noch einmal auf das Beten Jesu. Es ist ein unvorstellbares Geheimnis, wenn Gottes Sohn mit Gottvater in menschlichen Worten Zwiesprache hält! Gott spricht in menschlicher Sprache, er ist uns so nahe, dass wir mit ihm in unserer Sprache sprechen können! Wir dürfen zu Gott mit unseren Worten beten, und er versteht uns. Doch zugleich sollen wir uns dessen bewusst sein, dass wir vor Gott stehen. Es sind die Worte unserer Sprache, aber sie richten sich an Gott, der Herr ist im Himmel und auf Erden. Cyprian von Karthago sagt weiter:

Ein willkommenes und trautes Gebet ist es, wenn man zu Gott in seinen eigenen Worten flehen kann! ... Wenn wir aber beten, so sollen unsere Worte und unser Flehen in aller Zucht Ruhe und Ehrerbietung vereinigen. Wir müssen bedenken, dass wir vor Gottes Angesicht stehen. Zu gefallen gilt es da den Augen Gottes nicht nur in der Haltung unseres Körpers, sondern auch durch den Ton unserer Stimme. Denn während es die Art eines Unverschämten ist, laut zu schreien und zu lärmen, ziemt es hingegen dem Ehrerbietigen, mit aller Bescheidenheit zu bitten und zu beten. ...
Denn Gott horcht nicht auf die Stimme, sondern auf das Herz, und es ist nicht nötig, ihn, der die Gedanken sieht, erst durch lautes Geschrei zu mahnen. Wir sollen wissen, dass Gott überall gegenwärtig ist, dass er alle Menschen hört und sieht und kraft der Fülle seiner Majestät auch in die geheimste Verborgenheit eindringt. ...
Wenn wir aber dastehen und beten, so müssen wir wachsam und mit ganzem Herzen auf das Gebet bedacht sein. Jeder fleischliche und weltliche Gedanke sei dann fern, und der Geist denke an nichts als allein an das, um was er betet!

Versuchen wir uns dessen immer bewusst zu sein, wenn wir beten und treten wir oft und gern vor das Angesicht Gottes!

Nachfolge

Kreuzesnachfolge

Jesus spricht heute zu seinen Jüngern den bekannten Satz:

Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.

Betrachten wir den Anfang des Satzes. Wer mein Jünger sein will ... Jesus sucht Freiwillige, die erkennen, dass es sich lohnt, Jesus zu folgen, weil in ihm das Leben in Fülle ist. Johannes Chrysostomus sagt:

Da der Erlöser mild und gütig ist, will er keinen Diener gegen seinen Willen nur aus Zwang haben, sondern Freiwillige, die ihm danken für ihren Dienst. Deshalb zieht er niemanden durch Zwang oder Druck an sich, sondern alle gewinnt er in Freiheit durch seine Worte und indem er ihnen Gutes tut.

Dem Ruf in die Nachfolge lässt Lukas die Frage Jesu vorausgehen: Für wen halten mich die Leute? - Wer ist Jesus Christus? Wer ist Jesus Christus für mich? Wenn wir uns als Christen bezeichnen und als solche leben wollen, müssen wir für uns eine Antwort auf diese Frage finden. Nur dann können wir sein, was wir heißen, Christen - Menschen, die Jesus Christus folgen.
Zu seiner Zeit steht Jesus Christus für etwas ganz Neues. Jesus war zwar tief im Judentum verwurzelt, aber seine Worte und Taten sprengten den engen Rahmen der jüdischen Religion. Der Weg Jesu ist radikal. Der Wahrheit treu bleiben bis ins Äußerste, die Liebe leben ohne Rücksicht auf von Menschen errichtete Schranken und Konventionen.
Der Mensch, der Jesus folgen will, muss in diese Radikalität der Nachfolge eintreten. Nachfolge Jesu bedeutet auch, vor Leiden und Schmerzen nicht zurück zu schrecken, wenn sie unvermeidbar sind um der Liebe und der Wahrheit willen. An erster Stelle aber steht die Freude, welche die Frucht der ewigen Liebe ist. Und diese Freude sollen wir den Menschen bringen.
Um von Jesus Christus Zeugnis abzulegen, müssen wir ihn immer tiefer kennenlernen. Wir müssen in unserem Leben nach einer persönlichen Begegnung mit Jesus Christus suchen. Diese finden wir im Gottesdienst, im Gebet, im Lesen der Heiligen Schrift und in ganz besonderer Weise auch in der Begegnung mit anderen Menschen.
Beten wir um die Kraft, in unserer Schwachheit Jesus nachzufolgen und ihm unser ganzes Herz zu schenken.