Jahreskreis C

24. Sonntag

Erste Lesung

Ex 32,7-14

In jenen Tagen sprach der Herr zu Mose: Geh, steig hinunter, denn dein Volk, das du aus Ägypten heraufgeführt hast, läuft ins Verderben. Schnell sind sie von dem Weg abgewichen, den ich ihnen vorgeschrieben habe. Sie haben sich ein Kalb aus Metall gegossen und werfen sich vor ihm zu Boden. Sie bringen ihm Schlachtopfer dar und sagen: Das sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägypten heraufgeführt haben. Weiter sprach der Herr zu Mose: Ich habe dieses Volk durchschaut: Ein störrisches Volk ist es. Jetzt lass mich, damit mein Zorn gegen sie entbrennt und sie verzehrt. Dich aber will ich zu einem großen Volk machen.
Da versuchte Mose, den Herrn, seinen Gott, zu besänftigen, und sagte: Warum, Herr, ist dein Zorn gegen dein Volk entbrannt? Du hast es doch mit großer Macht und starker Hand aus Ägypten herausgeführt. Denk an deine Knechte, an Abraham, Isaak und Israel, denen du mit einem Eid bei deinem eigenen Namen zugesichert und gesagt hast: Ich will eure Nachkommen zahlreich machen wie die Sterne am Himmel, und: Dieses ganze Land, von dem ich gesprochen habe, will ich euren Nachkommen geben, und sie sollen es für immer besitzen.
Da ließ sich der Herr das Böse reuen, das er seinem Volk angedroht hatte.

Zweite Lesung

1Tim 1,12-17

Ich danke dem, der mir Kraft gegeben hat: Christus Jesus, unserem Herrn. Er hat mich für treu gehalten und in seinen Dienst genommen, obwohl ich ihn früher lästerte, verfolgte und verhöhnte. Aber ich habe Erbarmen gefunden, denn ich wusste in meinem Unglauben nicht, was ich tat.
So übergroß war die Gnade unseres Herrn, die mir in Christus Jesus den Glauben und die Liebe schenkte.
Das Wort ist glaubwürdig und wert, dass man es beherzigt: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten. Von ihnen bin ich der erste. Aber ich habe Erbarmen gefunden, damit Christus Jesus an mir als Erstem seine ganze Langmut beweisen konnte, zum Vorbild für alle, die in Zukunft an ihn glauben, um das ewige Leben zu erlangen.
Dem König der Ewigkeit, dem unvergänglichen, unsichtbaren, einzigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit. Amen.

Evangelium

Lk 15,1-32

In jener Zeit kamen alle Zöllner und Sünder zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und isst sogar mit ihnen. Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte:
Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Steppe zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wieder gefunden, das verloren war. Ich sage euch: Ebenso wird auch im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die es nicht nötig haben umzukehren.
Oder wenn eine Frau zehn Drachmen hat und eine davon verliert, zündet sie dann nicht eine Lampe an, fegt das ganze Haus und sucht unermüdlich, bis sie das Geldstück findet? Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir; ich habe die Drachme wieder gefunden, die ich verloren hatte. Ich sage euch: Ebenso herrscht auch bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder, der umkehrt.


Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land, und es ging ihm sehr schlecht. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen, und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner. Dann brach er auf und ging zu seinem Vater.
Der Vater sah ihn schon von weitem kommen, und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand, und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand, und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her, und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wieder gefunden worden. Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.
Sein älterer Sohn war unterdessen auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. Der Knecht antwortete: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn heil und gesund wiederbekommen hat.
Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. Doch er erwiderte dem Vater: So viele Jahre schon diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.
Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein. Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern; denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wieder gefunden worden.
Timotheusbrief

1Tim - Jesus - Retter

Der erste Brief an Timotheus gehört ebenso wie der zweite Brief an Timotheus und der Brief an Titus zu den sogenannten Pastoralbriefen. Diese richten sich nicht, wie die anderen Paulusbriefe, an die christliche Gemeinde einer Stadt, sondern an eine einzelne Person. Timotheus war etwa seit dem Jahr 50 einer der engsten Mitarbeiter des Paulus. Die moderne Exegese sieht diese Briefe nicht als echte Paulusbriefe, sondern als Werke eines oder mehrerer Paulusschüler, die um das Jahr 100 nach dem Tod des Apostels in Kleinasien entstanden sind.

So übergroß war die Gnade unseres Herrn, die mir in Christus Jesus den Glauben und die Liebe schenkte. Das Wort ist glaubwürdig und wert, dass man es beherzigt: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten. Von ihnen bin ich der erste. Aber ich habe Erbarmen gefunden, damit Christus Jesus an mir als Erstem seine ganze Langmut beweisen konnte, zum Vorbild für alle, die in Zukunft an ihn glauben, um das ewige Leben zu erlangen. (1Tim 1,14-16)

Das Erbarmen, das Gott dem Paulus erwiesen hat, indem er ihn vom Christenverfolger zum Apostel der Heiden berufen hat, gilt hier als Beispiel dafür, wie Gott alle Menschen retten möchte. Christus ist nicht gekommen, die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder. Aber wer ist ein Sünder?
Die Kirche legt uns verschiedene Beichtspiegel vor, Register, nach denen wir genau beurteilen können, ob, wann und wie oft wir gesündigt haben. Zudem werden die Sünden in lässliche, schwere und Todsünden eingeteilt. Auch das Judentum kennt feste Gebote und jeder Verstoß dagegen kann genau bestimmt werden. Gesetzeslehrer, wie Paulus einer war, wissen genau um diese Gebote Bescheid und versuchen sich streng daran zu halten.
Je mehr man die Gebote kennt, desto mehr weiß man aber auch: ein Mensch kann nie alle diese Vorschriften streng einhalten. Es gibt immer wieder Situationen, in denen man schwach wird oder einfach das Temperament mit einem durchgeht. Wie kann Jesus uns daraus retten? Wir fallen ja immer wieder bedürfen immer neu der Vergebung. Sind wir da überhaupt noch zu retten?
Wir dürfen Sünde nicht auf den Begriff des Verstoßes gegen Gebote reduzieren. Sünde geht tiefer. Sünde bedeutet das gestörte Verhältnis zwischen Mensch und Gott, wenn der Mensch an Gottes Liebe zweifelt. Der Mensch kann nicht durch die Einhaltung von Geboten gerettet werden. Rettung bedeutet, im tiefsten Bewusstsein erfahren zu haben, dass Gott mich liebt.
Diese Liebe Gottes hat Jesus uns gezeigt und ist dafür in den Tod gegangen. Ein Mensch, der diese Liebe Gottes erfahren hat, kann nicht mehr weiter leben wie bisher. Er wird immer mehr danach streben, Jesus ähnlich zu werden und selbst ein Zeichen der Liebe Gottes zu sein. Das ist die Rettung, wenn Gottes Liebe zum tragenden Fundament des Lebens wird. Gottes Liebe gilt allen Menschen und jeder ist fähig, diese Erfahrung zu machen. Dafür gilt es Gott, dem König der Ewigkeit, immer wieder Dank zu sagen.

Herz Jesu

Gottes Freude

Heute im Evangelium hören wir drei Gleichnisse, das Gleichnis vom verlorenen Schaf, das Gleichnis von der verlorenen Drachme und das Gleichnis vom verlorenen Sohn.
Der Hirte sucht unermüdlich das eine verlorene Schaf, bis er es findet. Die Frau fegt das ganze Haus, bis sie das verlorene Geldstück wieder in Händen hält. Und der Vater schließt den verlorenen Sohn voll Liebe in seine Arme. Was allen drei Gleichnissen gemeinsam ist, ist die Freude, die Freude darüber, dass etwas oder jemand Verlorenes wieder da ist.
Bevor Jesus diese Gleichnisse erzählt, berichtet Lukas davon, dass alle Zöllner und Sünder zu Jesus kommen. Darüber empören sich die Pharisäer und Schriftgelehrten. Mit solchen Menschen darf ein Frommer keinen Umgang haben. Die Welt ist klar geordnet. Auf der einen Seite die Guten, auf der anderen die Bösen. Jeder entscheidet selbst, wo er hingehören will. Wer sich für die böse Seite entscheidet, der ist verloren und abgeschrieben. Er ist selbst schuld an seinem Schicksal. Hätte er mal früher bedacht, was er tut. Soll er doch sehen, wohin er mit seiner Einstellung kommt.

Verantwortung - Das verlorene Schaf

Schauen wir uns das Gleichnis vom verlorenen Schaf einmal genauer an. Bilder mit Schafen und Hirten gibt es unzählige in der Heiligen Schrift. Das Bild vom Hirten mit seinen Schafen war den Menschen zur Zeit Jesu aus ihrer Alltagswelt unmittelbar vertraut, aber auch wir, die dieses Bild nicht mehr so deutlich vor Augen haben, können leicht verstehen, worum es geht.
Die Schafe sind auf die Sorge des Hirten angewiesen. Ohne ihn sind sie hilflos. Es kam immer wieder vor, dass sich Schafe von der Herde verirrten. Würde ein solches Schaf die Nacht im Freien verbringen müssen, würde das sicher seinen Tod bedeuten. Es wäre eine leichte Beute für Raubtiere, gegen die es sich in keiner Weise wehren kann.
Auf dieses eine Schaf, dessen Leben in größter Gefahr ist, richtet sich nun die ganze Sorge des Hirten. Aber sind die Hirten wirklich so, wie Jesus sie beschreibt? Kann sich ein Hirte wirklich erlauben, dem einen verlorenen Schaft nachzugehen, und die anderen allein zurück zu lassen? Selbst wenn er es sucht, wird er es dann nicht viel mehr voller Zorn mit vielen Schlägen zur Herde zurück treiben, anstatt es auf den Schultern zu tragen?
Nur wer die Liebe kennt, kann sich vorstellen, was der Verlust eines geliebten Menschen bedeutet. Nur wer liebt, wird seine ganze Mühe daran setzen, den geliebten Menschen rastlos zu suchen. Und wenn er ihn gefunden hat, wird er alle Sorge um den Vermissten vergessen, aus lauter Freude über das Wiedersehen. Er denkt gar nicht daran, dem anderen Vorwürfe zu machen, sondern allein die Freude erfüllt nun sein Herz.
Diese Freude ist das zentrale Geheimnis des Gleichnisses. Nur wer diese Freude der Liebe kennt, weiß etwas vom Herzen Gottes. Gott geht dem Verlorenen nach und seine Arme sind weit ausgestreckt, um jeden zu umfassen, der sich ihm zuwendet. Wer Gottes Liebe kennt, wird keinen Menschen mehr verurteilen und über niemand mehr richten. Er wird erkennen, wie sehr er selbst ständig der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit bedarf.
Wir alle sind wie verirrte Schafe. Nie werden wir vollkommen den Willen Gottes erfüllen. Immer werden wir unseren eigenen Weg gehen und brauchen den guten Hirten, der uns voller Liebe sucht und an sein Herz zurückholt. Jesus will uns zeigen, dass auch im Himmel Freude herrscht über jeden einzelnen Menschen, der umkehrt. Gott wird nicht müde, sich an uns zu freuen, wenn er uns an sein Herz drücken kann.

Heilige Schrift

Notwendigkeit - Die verlorene Drachme

Eine Drachme reichte gerade dafür aus, das zu kaufen, was man für einen Tag zum Leben brauchte. Die Frau im Gleichnis hat zehn Drachmen, d.h. für die nächsten zehn Tage ist gesorgt, nicht gerade ein großes finanzielles Polster. Wir können uns vorstellen, was es für sie bedeutet, wenn ihr eine Drachme verloren geht.
Mit Feuereifer sucht sie das verlorene Geldstück. Eine Lampe anzuzünden war damals ein weit größerer Aufwand, als unser Druck auf den Lichtschalter, in den Hütten damals war Fegen weit mühsamer als auf unseren heutigen Parkettböden. Wie viele Ritzen und Spalten es in so einer Hütte gab, in die das Geld gerutscht sein könnte, weiß niemand. Doch endlich hat sie es gefunden, ihre Mühen sind belohnt worden.
Manchmal ist es ja auch unsere eigene Unvorsichtigkeit, dass etwas verloren geht. Eine kleine Unachtsamkeit kann uns mühsame Stunden bescheren, bis wir den Fehler wieder in Ordnung gebracht haben. Da hilft kein Jammern und Klagen. Vielleicht will uns Jesus mit diesem Gleichnis auch zeigen, wie sehr er unseren Alltag kennt, wie leicht da mal etwas schief geht, sei es bei unseren Tätigkeiten, aber auch beim Umgang mit anderen Menschen.
Was auch geschehen ist, wir sollen nicht die Mühe scheuen, die Sache wieder in Ordnung zu bringen. Dann werden auch wir die Freude erfahren, von der Jesus im Gleichnis spricht.

Barmherzigkeit - Der verlorene Sohn

Eine ausführliche Betrachtung zum Gleichnis vom verlorenen Sohn finden Sie auf der Seite zum 4. Fastensonntag C.

Beim Vergleich der Evangelien vom letzten und von diesem Sonntag ist mir folgendes aufgefallen:
Letzten Sonntag haben wir sehr harte Worte Jesu gehört: Wer nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern gering achtet und wer nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet, kann nicht mein Jünger sein (vgl. Lk 14,26.33).
Diesen Sonntag hören wir im Evangelium (Lk 15,1-32), wie Jesus im Gleichnis die Freude des Hirten über ein wiedergefundenes Schaf, die Freude einer Frau über ein wiedergefundenes Geldstück, die Freude des Vaters über die Rückkehr seines Sohnes mit der Freude vergleicht, die im Himmel über die Umkehr eines Sünders besteht.
Wenn wir diese beiden Stellen miteinander vergleichen, erkennen wir doch deutlich, dass es Jesus nicht darum geht, dass wir das, was wir besitzen verachten sollen. Wir sollen vielmehr verantwortungsvoll damit umgehen und gut darauf aufpassen.
Jesus spricht auch nicht gegen die Liebe unter den Menschen. Wenn der Vater den verlorenen Sohn voll Freude aufnimmt, so ist dieser Vater ein Bild für Gott, der uns unendlich liebt und will, dass auch wir Menschen einander lieben.
Was können dann die strengen Worte Jesu bedeutet? Jesus will uns zeigen, dass es etwas gibt, das wertvoller ist als der wertvollste Besitz auf Erden und dass es eine Liebe gibt, die größer ist, als alle Liebe auf Erden. Und wir müssen bereit sein, wenn es darauf ankommt, dieses höhere Gut und diese höhere Liebe über alles irdische Gut und alle irdische Liebe, die es zu bewahren und zu achten gilt, zu stellen.