1. Fastensonntag

Versuchung Jesu

Versuchung Jesu

Am Ersten Fastensonntag hören wir in allen drei Lesejahren die Schilderung der Versuchung Jesu von einem der drei synoptischen Evangelisten. Daher habe ich für diesen Fastensonntag eine Seite erstellt, die für alle Lesejahre gilt. Die Lesungen und das Evangelium sowie weitere Texte zum Ersten Fastensonntag finden Sie dem Lesejahr entsprechend unter
Erster Fastensonntag A,
Erster Fastensonntag B und
Erster Fastensonntag C.

Jesus wurde vom Geist in die Wüste geführt.

Vor seinem öffentlichen Wirken wird Jesus vom Geist in die Wüste geführt, wo der Teufel an ihn herantritt. Jesus lässt sich vom Geist führen. Zuerst war es der Weg an den Jordan, wo Johannes ihn getauft hat, nun ist es der Weg in die Wüste, wo Jesus in Versuchung geführt werden wird. Warum musste er sich das antun? Er hätte nachhause gehen können, weiterhin ein vielleicht sorgloses Leben mit seiner Mutter führen können. Doch was wäre dann mit Gottes Plan geworden?
"Wenn wir uns vom Geist leiten lassen, sind wir Kinder Gottes", wird Paulus später einmal sagen (Röm 8,14). Es gibt dieses Geführt-Werden durch Gottes Geist. Wir kennen das vielleicht auch, dass wir uns spontan für etwas entscheiden, das sich als das Richtige herausstellt. Doch meistens fangen wir an zu überlegen, unser Verstand will andere Wege gehen und dann denken wir hinterher, hätten wir doch auf die Stimme des Geistes gehört.
Wie oft wählen wir den bequemen Weg, lassen uns nicht vom Geist führen, sondern denken uns: Was soll?s? Warum soll ich mich plagen? War ich denn wirklich gemeint? Und immer dann kann nicht das geschehen, was Gott geplant hat. Gott hat für jeden Menschen etwas vorbereitet, das nur dieser eine bestimmte Mensch durch sein Leben vollbringen kann - und nur dann, wenn er sich vom Geist führen lässt.
Nutzen wir besonders diese Fastenzeit, um wieder aufmerksam auf Gottes Stimme zu hören und seinem Ruf zu folgen. Es ist nichts Kompliziertes. Es ist einfacher, als wir es uns denken, und doch fällt es uns schwer, weil wir es uns so kompliziert machen und mit unserem Verstand alles tausendmal prüfen, anstatt uns einfach führen zu lassen.

Herr, lass mich den Weg gehen, den du für mich bereitet hast
und lass mich das Gute tun, dass du für mich vorgesehen hast.
Versuchung Jesu

Vierzig Tage in der Wüste

Israel wurde vierzig Jahre durch die Wüste geführt, bevor es ins Gelobte Land einziehen durfte. Vierzig Tage wird Jesus vom Geist durch die Wüste geführt. Vierzig Tage - eine heilige Zeit, durch die auch wir uns in dieser österlichen Bußzeit führen lassen - Wüstenzeit.
In der Wüste wird der Mensch mit sich selbst konfrontiert. Stille, Einsamkeit und Entbehrung. Die Wüste ist kein wohnlicher Ort. Der Körper beginnt zu dürsten nach Wasser. Auch die Seele dürstet. Wonach? Psalm 63 - von David, als er in der Wüste Juda war - spricht von einer solchen Wüstenerfahrung:

Gott, du mein Gott, dich suche ich,
meine Seele dürstet nach dir.
Nach dir schmachtet mein Leib
wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser. (Ps 63,2)

Wonach dürste ich? Ohne was meine ich nicht leben zu können? Spüre ich die Sehnsucht nach Gott, wie der Beter des Psalms?
Fasten, das tun wir ja nicht allein des Fastens wegen. Warum fasten wir? Zu Beginn der Österlichen Bußzeit wollen wir zunächst einmal innehalten und uns fragen, was wir von dieser Zeit erwarten.
Verzicht kann zu größerer Freiheit führen, von eingrenzenden Abhängigkeiten lösen.
Verzicht kann unsere Sinne schärfen. Auf das Gewohnte eine Zeit lang verzichten, dass wir es dann wieder ganz neu erfahren können. Wenn wir z.B. eine neue Speise entdecken, dann schmeckt sie das erste Mal sehr intensiv. Mit der Zeit gewöhnen wir uns jedoch an ihren Geschmack. Wenn wir aber eine Zeit lang darauf verzichten, dann schmeckt sie wieder so intensiv wie beim ersten Mal.
Verzicht kann uns bei der Begegnung mit uns selbst helfen. Uns stehen so viele Medien zur Verfügung, die unsere Langeweile vertreiben, mit denen wir uns beschäftigen können, wenn uns die Zeit lang wird. Aber wann begegnen wir uns selbst? Einmal bewusst eine gewisse Zeit der Stille ansetzen. Kann ich mit mir allein sein ohne die Ablenkung durch Fernseher, Radio, Computer, ... ?

Versuchung Jesu

Jesus wurde vom Teufel in Versuchung geführt

Die Wüste weckt die Sehnsucht nach Gott - doch es kommt zunächst einmal ein anderer, der Versucher. Er tritt an Jesus heran. Auch jeder Mensch, der auf der Suche nach Gott ist, muss damit rechnen, dem Versucher zu begegnen, der ihn in eine Falle locken will.
Jesus ist geschwächt von den Entbehrungen der Wüste, von Fasten, Durst und Einsamkeit. Der Versucher tritt immer dann an einen Menschen heran, wenn er ihn besonders schwach und schutzlos vorfindet. Jesus ist hier ganz Mensch. Gott erlaubt es dem Versucher, dass er ihn wie einen Menschen auf die Probe stellt. Nicht mit himmlischer Kraft kämpft Jesus gegen den Versucher, sondern mit der Anstrengung seiner menschlichen Natur. Erst als er den Versucher bezwungen hat, kommen Engel und dienen ihm.
Niemand scheint da zu sein, der Hilfe und Beistand leisten kann in dieser schweren Not der Seele. Es ist ein Kampf, der oft die letzten Kräfte des Menschen fordert. Da scheint es so leicht, aufzugeben und so schwer, durchzuhalten. Die Verlockungen des Versuchers scheinen so attraktiv und der Lohn für die Treue zu Gott so unendlich fern und ungewiss. Was kann in dieser Situation helfen? Man sollte sich rechtzeitig dafür wappnen, indem man sich die Erinnerung an Gottes große Taten so fest einprägt, dass sie einem in der Zeit der Prüfung nie ganz verloren geht.
Das ist auch die Methode, die Jesus anwendet, um dem Versucher zu widerstehen. Mit Worten aus der Heiligen Schrift, die tief in sein Herz geschrieben sind, entlarvt er das trügerische Werben des Teufels.

Herr, lass mich nie das Gute vergessen,
das du für mich getan hast.
Lass den Gedanken daran stärker sein
als die Einflüsterungen des Versuchers.
Mein Gott, ich denke an dich
auf nächtlichem Lager,
ich sinne über dich nach,
wenn ich wache.
Meine Seele hängt an dir.
Deine rechte Hand hält mich fest.
(Ps 63,7.9)
Versuchung Jesu

Gottes Wort - wichtiger als Brot

Geschickt spielt der Satan in der ersten Versuchung auf den Hunger Jesu an. Ein kleines Wunder nur, und aus den Steinen wird Brot und die Not des Fastens hat ein Ende. Doch was nützt es einem Wettkämpfer, wenn er kurz vor dem Ziel eine Pause einlegt? Jeder erkennt die Unsinnigkeit eines solchen Verhaltens. Erst den Wettkampf zu Ende bringen, dann ist es Zeit für eine Erfrischung - und vielleicht sogar ein Siegesfest.
Brot ist wichtig, Jesus wird später für hungernde Menschen Sättigungswunder wirken.

Was wäre es denn für Jesus, den Herrn, Großes gewesen, aus Steinen Brot zu machen? Mit fünf Broten kann er Tausende satt machen. Aus nichts machte er Brot ... der tagtäglich in der Erde aus wenigen Körnern unermessliche Ernten schafft. ... Warum tat er es nicht? Um dich zu lehren, dem Versucher zu antworten. (Augustinus)

Die Wunder Jesu sollen den Menschen die Güte und Liebe Gottes sichtbar vor Augen führen. Doch hier in der Wüste ist es nicht die Zeit für ein Brotwunder. Hier gilt es auszuhalten, die Ablenkung zu meiden und zu hören, auf das was Gott sagen möchte. Gottes Wort ist wertvoller als das lebensnotwendige Brot.
Der Mensch muss immer wieder lernen, dass es nicht nur auf Äußerlichkeiten ankommt, dass es im Leben nicht nur darum geht, die materiellen Bedürfnisse zu befriedigen. Der Sinn des Lebens geht tiefer.

Gottes Macht - größer als irdische Herrschaft

Jesus, weißt du denn nicht, dass du der König der Welt bist? Nun sitzt du hier elend in der Wüste, erbärmlicher als ein Bettler. Nur ein Wort, und ich kann dir einen Palast bauen, in dem du im allergrößten Luxus leben kannst. Und meinst du denn, die Menschen werden dir armseligen Bettler folgen? Nur wenn du Macht und Größe hast, werden sie zu dir aufschauen und dir dienen.
Mit solchen Worten mag der Versucher an Jesus herangetreten sein. Der Auftrag Jesu ist es, Gottes Reich auf Erden zu errichten. Aber wie soll das geschehen? Jesus geht als ein armer Wanderprophet unter die Menschen und es sind wenige, die ihm wirklich von ganzem Herzen nachfolgen. Aber ein Glaube, der allein auf die äußere Prachtentfaltung der Religion baut, was wäre das für ein Glaube?
Immer wieder ist die Kirche der Versuchung erlegen, die Menschen mehr mit Macht und Prunk für den Glauben zu gewinnen, als durch die Schlichtheit eines ungeheuchelten Glaubens. Der Mensch will gerne selbst Macht gewinnen und ausüben. Doch nur wenn der Mensch sich seiner eigenen Schwäche bewusst wird, schafft er Raum für das mächtige Wirken Gottes. Wird es uns gelingen, auf unsere eigene Stärke zu verzichten, um Gott durch uns wirken zu lassen? Nur so können wir wahrhaft Diener Gottes sein.
Gottes Wort an das Volk Israel ist heute aktueller denn je:

Ich bin Jahwe, dein Gott.
Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen
und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen.
Denn ich, der Herr, bin dein Gott. (Dtn 5,6-9)

Wovor werfe ich mich nieder? Was hat Besitz von meinem Herzen? Was hindert mich daran, Gott ungeteilt zu dienen?

Versuchung Jesu

Das Volk Israel hat damals in der Wüste seine Lektion bekommen, die jeder Mensch in seinem Leben immer neu lernen muss, auch wenn das schwer fällt:

Du sollst an den ganzen Weg denken, den der Herr, dein Gott, dich während dieser vierzig Jahre in der Wüste geführt hat, um dich gefügig zu machen und dich zu prüfen.
Er wollte erkennen, wie du dich entscheiden würdest: ob du auf seine Gebote achtest oder nicht.
Durch Hunger hat er dich gefügig gemacht und hat dich dann mit dem Manna gespeist, das du nicht kanntest und das auch deine Väter nicht kannten.
Er wollte dich erkennen lassen, dass der Mensch nicht nur von Brot lebt, sondern dass der Mensch von allem lebt, was der Mund des Herrn spricht. (Dtn 8,2f)

Wofür werde ich mich entscheiden?

Das Vertrauen auf Gott - unerschütterlich

Bei der dritten Versuchung kehrt der Satan den Spieß um. Nun ist er es, der aus der Schrift zitiert. Komm Jesus, stürz dich herab von der Spitze des Tempels. Gottes Arme warten doch nur darauf, dich aufzufangen, dir kann nichts passieren und alle werden darüber staunen und schon bist du der große, unverwundbare Held.
Was gäbe so ein Wunder heute für Schlagzeilen: Beweis für die Existenz Gottes - Prophet stürzt sich hundert Meter vom Turm des Doms in die Tiefe und bleibt unverletzt! Die Talkshows würden sich darum reißen, diesen Propheten einzuladen. Er würde über Gott sprechen, er könnte damit so viele Menschen erreichen.
Aber doch wäre was faul an der ganzen Sache. Wie tief würde der Glaube bei den Menschen gehen? Und vor allem: worauf würde dieser Glaube bauen? Gott will nicht die Wundersucht der Menschen stillen, denn bald ist das eine Wunder vergessen und es braucht ein noch größeres, um die Menschen bei Laune zu halten.
Gottes Größe zeigt sich in den kleinen Wundern des Alltags, darin, dass der Mensch auf Gott vertraut, auch wenn im Leben nicht alles glatt geht. Wir müssen auch einiges aushalten können. Der Glaube bewahrt uns nicht vor Schicksalsschlägen, aber er hilft uns, durch diese hindurchzugehen.

Versuchung Jesu

Der Versucher zitiert den Psalm 91:

Er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten.
Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. (Ps 91,11f)

Augustinus beginnt seine Erklärung dieses Psalms mit den Worten:

Dies ist der Psalm, aus dem der Teufel unseren Herrn Jesus Christus zu versuchen wagte. Hören wir ihn also, damit wir, unterrichtet, dem Versucher widerstehen können.

Psalm 91 ist ein Psalm der Zuversicht, der seinen festen Platz im Nachtgebet der Kirche hat. Gerade mit den Worten, die tiefste Nähe zwischen dem Beter und Gott zum Ausdruck bringen, will der Teufel einen Keil zwischen Gott und den Menschen treiben. Er macht aus den Worten tiefster Zuversicht ein Mittel, um Gott auf die Probe zu stellen. So hat er schon im Paradies Adam und Eva zur Übertretung von Gottes Gebot verführt, indem er Gottes Sorge für den Menschen in Frage stellte. "Gott weiß viel mehr ..." Er macht den Menschen glauben, dass Gottes Weisung nicht zum Wohl des Menschen ergangen ist, sondern nur, um ihn klein und dumm zu halten. Kommt uns eine solche Argumentation nicht bekannt vor?
Wie tief ist mein Vertrauen in Gottes Liebe zu mir und allen Menschen? Wofür mache ich Gott verantwortlich? Brauche ich immer wieder Zeichen für Gottes Sorge um mich?

Wenn er mich anruft, dann will ich ihn erhören.
Ich bin bei ihm in der Not,
befreie ihn und bringe ihn zu Ehren.
Ich sättige ihn mit langem Leben
und lasse ihn mein Heil schauen. (Ps 91,15f)

Mit diesen Worten schließt Psalm 91. Und bei Matthäus (Mt 4,11) heißt es am Ende der Versuchungsgeschichte:

... und es kamen Engel und dienten ihm.