Jahreskreis A

4. Sonntag

Erste Lesung

Zef 2,3;3,12-13

Sucht den Herrn, ihr Gedemütigten im Land, die ihr nach dem Recht des Herrn lebt. Sucht Gerechtigkeit, sucht Demut! Vielleicht bleibt ihr geborgen am Tag des Zornes des Herrn.
Ich lasse in deiner Mitte übrig ein demütiges und armes Volk, das seine Zuflucht such beim Namen des Herrn.
Der Rest von Israel wird kein Unrecht mehr tun und wird nicht mehr lügen, in ihrem Mund findet man kein unwahres Wort mehr. Ja, sie gehen friedlich auf die Weide, und niemand schreckt sie auf, wenn sie ruhen.

Zweite Lesung

1Kor 1,26-31

Seht auf eure Berufung, Brüder! Da sind nicht viele Weise im irdischen Sinn, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme, sondern das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt: das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten, damit kein Mensch sich rühmen kann vor Gott.
Von ihm her seid ihr in Christus Jesus, den Gott für uns zur Weisheit gemacht hat, zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung.
Wer sich also rühmen will, der rühme sich des Herrn; so heißt es schon in der Schrift.

Evangelium

Mt 5,1-12a

In jener Zeit als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte:
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.
Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.
Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.
Bergpredigt

Die Seligpreisungen

Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm. (Mt 5,1)

Im vorangegangenen Kapitel hat Matthäus uns knapp vom ersten Auftreten Jesu berichtet, von seinem Ruf zur Umkehr, ersten Heilungen und der Berufung der ersten Jünger. Jesu Auftreten ist nicht ohne Wirkung geblieben. Viele Menschen waren spontan von ihm fasziniert und wollten mehr von ihm erfahren. Jesus sieht die Volksscharen, die ihm folgen, und steigt auf einen Berg, um zu ihnen zu sprechen.
Das Hinaufsteigen auf den Berg erinnert an Mose, der auf den Berg Sinai stieg, um mit Gott zu reden. Von dort brachte er die Tafeln mit den Zehn Geboten, die er den Israeliten übermittelt hat. Jesus zeigt sich als der neue Mose, der seinem Volk die Weisung Gottes lehrt. Diese Lehre widerspricht nicht der Weisung Gottes, die Mose damals dem Volk gebracht hat. Vielmehr legt Jesus neu deren wahre Bedeutung aus. Über dieses Lehren Jesu sagt Hilarius von Poitiers:

Nachdem sich nun mehrere Scharen versammelt hatten, bestieg er einen Berg und lehrte, das heißt, er stellte, auf der Höhe der väterlichen Herrlichkeit stehend, die Vorschriften des himmlischen Lebens auf. Denn er würde nicht ewige Vorschriften gegeben haben, wäre er nicht in der Ewigkeit gestanden. Endlich steht dieses geschrieben: "Er öffnete seinen Mund, und lehrte sie." Näher lag es, zu sagen, er habe geredet. Aber weil er in der Herrlichkeit der väterlichen Majestät dastand, und das ewige Leben lehrte, darum wird angegeben, dass auf Anregung des sprechenden Geistes der menschliche Mund in seinem Dienste gehorcht habe.

Wie es sich für einen antiken Lehrer geziemt, setzt Jesus sich, während die Zuhörer aus einiger Distanz stehend seinen Worten lauschen. Nur die Jünger bleiben in seiner Nähe. Auch Mose durfte damals nur Aaron mit auf den Berg nehmen, das Volk musste in sicherer Distanz dem Berg fern bleiben. Doch Jesus geht nicht auf den Berg, um allein mit Gott zu sprechen. Durch Jesus spricht vielmehr Gott direkt zu den Menschen und alle können seine Worte hören. Damit wird auch deutlich, dass sich Jesus nicht nur an seine Jünger wendet oder einige Auserwählte. Das, was Jesus sagt, gilt allen Menschen, damals wie heute.
Die Worte der Bergpredigt sind Worte, die auf den ersten Blick auch Entsetzen und Widerspruch hervorrufen. Wer die Bergpredigt nur mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis nimmt, hat wohl keines der Worte Jesu verstanden. Es sind Worte, an denen wir uns unser ganzes Leben lang reiben und immer wieder neu orientieren müssen, die immer wieder eine Anfrage an unser Leben stellen und uns immer neu zu einer Kurskorrektur aufrufen. Nur in der lebendigen Auseinandersetzung mit den Worten Jesu werden wir dem Ziel näher kommen, so zu leben, wie Jesus es von uns erwartet. Raniero Cantalamessa sagt in seinem Kommentar zu den Seligpreisungen:

Die Seligpreisungen sind kein toter Kodex, den die Kirche so getreulich wie nur möglich empfangen und weitergeben muss; sie sind eine beständige Quelle der Inspiration, denn der, der sie uns verkündet hat, ist auferstanden und lebt.

Aber hat Jesus seine Rede wirklich so gehalten, wie sie uns Matthäus überliefert hat? Wir können mit Sicherheit sagen, dass Jesus während seines öffentlichen Wirkens mehrere Reden gehalten hat, das überliefern uns alle Evangelisten. Aber jeder von ihnen tut das auf seine besondere Weise. Bei Johannes unterscheidet sich der Redestil Jesu sehr stark von dem der Synoptiker. Die Synoptiker sind sich sehr ähnlich in der Ausdrucksweise Jesu, variieren aber in der Anordnung der einzelnen Texte. So überliefert uns Lukas in der Feldrede eine der Bergpredigt ähnliche Rede Jesu, die aber weit kürzer ist als die Bergpredigt. Andere Worte der Bergpredigt überliefert Lukas in anderen Zusammenhängen.
Wir können also davon ausgehen, dass die Bergpredigt aus ursprünglichen Jesusworten besteht, die Matthäus aber zu einer stilvoll aufgebauten Rede kombiniert hat. In seinem Evangelium finden wir fünf Reden Jesu, womit der Evangelist wohl eine Parallele zu den fünf Büchern Mose schaffen wollte. Der Bergpredigt gibt er eine klare Gliederung. Dabei stellen die Seligpreisungen zu Beginn der Rede, in ihrer wahrscheinlich auch auf Matthäus zurückgehenden Erweiterung von ursprünglich acht auf zehn Preisungen, eine Parallele zu den Zehn Geboten dar. Am Ende der Bergpredigt steht der deutliche Aufruf zur Entscheidung für oder gegen den Weg Jesu. Das Zentrum der Rede bildet das Vater Unser.

Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte: Selig sind ... (Mt 5,2)

"Selig sind ..." Neun Mal gebraucht Jesus diese Formulierung. Wenn wir genau hinsehen, fällt uns auf, dass die erste und die achte Seligpreisung mit der Verheißung enden: denn ihnen gehört das Himmelreich. Die neunte unterscheidet sich stilistisch von den übrigen, hier heißt es nicht "Selig sind ..." sondern "Selig seid ihr". Auch dies wird als Belegt dafür gesehen, dass hier ein ursprüngliches Achter-Schema vom Evangelisten erweitert wurde.
Die neunte Seligpreisung ist deutlich länger und hat einen zweiten Abschnitt, der mit den Worten beginnt "Seid fröhlich und getrost". Wenn man diesen zweiten Abschnitt als eigene Seligpreisung sieht, kommt man dann auf die Zahl von zehn Seligpreisungen, die als Parallele zu den Zehn Geboten gesehen werden kann. Ähnlich wie Mose in der Tora die Zehn Gebote den übrigen Gesetzen voranstellt, bilden für Jesus die Seligpreisungen den Auftakt zu seiner Lehre.
Bevor wir die Seligpreisungen im Einzelnen betrachten, noch ein kurzer Blick auf die Bedeutung des Begriffs "selig". Im griechischen Urtext steht hier das Wort "makarios", im Lateinischen "beatus". Im Deutschen können wird das mit "selig, glücklich, gepriesen" wiedergeben. Freude und Heil für die Armen und Trauernden. Makarios, das ist kein Wort, bei dem man ruhig bleiben kann, das spurlos an einem vorübergeht. In dem Wort stecken Emotionen, es lässt uns aufstehen. Es ist eine Ermutigung. Ihr Armen und Trauernden bleibt nicht sitzen in eurem Elend. Erkennt und staunt, ihr seid zur Heiligkeit berufen, steht auf, die Freude und das Glück warten auf euch. Es ist nur ein kleiner Schritt, aber ihr müsst ihn wagen, ins Ungewisse, aber im Vertrauen darauf, dass Gott bei euch ist und euch beschenkt.

Wenn es etwas gibt, was die Heiligen kennzeichnet, dann ist es dies, dass sie wirklich glücklich sind. Sie haben das Geheimnis dieses echten Glücks entdeckt, das auf dem Grund der Seele wohnt und dessen Quelle die Gottesliebe ist. Darum werden die Heiligen seliggepriesen. Die Seligpreisungen sind ihr Weg und ihr Ziel zur Heimat hin. Die Seligpreisungen sind der Weg des Lebens, den der Herr uns lehrt, damit wir seinen Spuren folgen. (Papst Franziskus)

Die Heiligen, das sind alle, die Gottes Ruf folgen, die aufstehen und ein neues Leben wagen, mit Jesus auf sein Wort hin. Der Weg dieser Menschen unterscheidet sich grundlegend von dem der anderen Menschen in der Welt. Wer Jesus nicht kennt, dem mag dieser Weg unsinnig erscheinen, es ist in der Tat kein Weg, auf dem man zu irdischem Ruhm und Reichtum gelangt, aber er führt zu etwas, das wichtiger und größer ist als dies, er führt zu tiefem Glück und unvergänglicher Freude.

Bergpredigt
Selig die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich. (Mt 5,3)

An erster Stelle steht die Seligpreisung der Armen, derer die "arm sind vor Gott" oder wie eine andere verbreitet Übersetzung lautet "arm sind im Geist". Als ich überlegt habe, welches Motiv ich für die erste Seligpreisung verwenden könnte, kam mir die Idee mit der offenen Tür. Die Armut als Tor zum Himmelreich. Was aber meint dieses "arm sein im Geist"? Im griechischen Urtext steht für Geist Pneuma. Pneuma bezeichnet oft die göttliche Kraft. Daher kann man unter den Armen im Geist auch die verstehen, die Gottes Kraft nicht mehr erfahren, die in Gottesferne leben. Gerade auch diesen Menschen, die von den Frommen wenig beachtet werden, wendet sich Gott in besonderer Weise zu und gibt ihnen eine neue Möglichkeit, sich als von Gott Geliebte zu erfahren.
Die arm sind vor Gott, das meint diejenigen, die nicht wie die Schriftgelehrten und Frommen eine buchstabentreue Kenntnis und Befolgung des Gesetzes vorweisen können, die sich aber gerade in ihrer geistig - geistlichen Unkenntnis viel mehr darauf verlassen, durch ein aufrichtiges Leben das zu tun, was Gott will. Diesen Armen im Geist wird das Himmelreich verheißen. Das Himmelreich, von dem Jesus spricht, ist keine Vertröstung auf eine jenseitige Welt. Mit dem Auftreten Jesu ist es im Hier und Jetzt - wenn auch noch verborgen - gegenwärtig. Es wird sichtbar in den Menschen, die Jesu Worte mit ihrem Leben in die Tat umsetzen.
Jesus selbst hat uns ein Beispiel der Armut gegeben, indem er sich der Fülle seiner Gottheit entäußert und die Armut menschlichen Daseins angenommen hat. Aus Liebe wurde er arm, um uns so mit seiner Fülle zu beschenken. Jede christliche Form von Armut ist somit eine Annäherung an diese Armut Christi, die in seiner Selbstentäußerung besteht. Diese Form der Armut ist kein Selbstzweck und geht über die materielle Armut hinaus, sie bedeutet, dass man sich lossagt von falschen Anhänglichkeiten an die Dinge dieser Welt. Eine so verstandene Armut ist vor allem auch Demut. Durch diese Armut erlangt der Mensch die Freiheit, die nötig ist, um mit Gott verbunden zu sein und sich ganz den Menschen zu schenken.
Zugleich aber wäre es falsch, die Armut nur spirituell zu sehen. Armut ist zu allen Zeiten konkret und es ist eine Herausforderung an uns Christen und an alle Menschen, denen zu helfen, die unter Armut leiden. Hier kann das Schenken aus der eigenen Fülle konkret werden. Woran hänge ich, was bin ich bereit zu geben? Wenn wir uns hierbei unserer doch so oft vorhandenen Kleinlichkeit bewusst sind, können wir vielleicht ermessen, welch großes Geschenk Gott uns gemacht hat, was er, der reich war, aufgegeben hat, um uns Arme reich zu machen.

Viele freilich sind wenig geachtet, ohne dass sie das bejahen, sondern einzig aufgrund ihres Schicksals. Das wird nicht gelobt, vielmehr werden diejenigen seliggepriesen, die freiwillig demütig werden. Der Herr beginnt gerade damit, weil er mit dem Hochmut die Wurzel aller Bosheit ausreißen will. Gegen den Hochmut setzt er die Demut als sicheres Fundament. Ist solche als ein sicherer Grund gelegt, dann kann man darüber aufbauen. Wird das Fundament zerstört, fällt alles, was du an Gutem gesammelt hast. (Johannes Chrysostomus)

Auch wenn Matthäus im Vergleich zu Lukas die soziale Komponente in der Rede Jesu auf den ersten Blick abschwächt, haben auch bei ihm die ersten Worte der Rede Jesu eine gewaltige Sprengkraft. Bei Lukas heißt es in der Parallelstelle bei der "Feldrede" Jesu ganz konkret: "Selig die Armen." Matthäus fügt hinzu "im Geiste". Ihm geht es also nicht so sehr um die materielle Armut, sondern man erkennt hier wie auch in anderen Seligpreisungen, dass er aus den Notfällen bereits Tugenden macht.
Doch sind bei Matthäus ebenso wie bei Lukas die Menschen, die Jesus seligpreist, nicht diejenigen, die Macht und Einfluss haben und bereit sind, ihre Macht mit Gewalt durchzusetzen. Es sind auch nicht diejenigen, die von ihrer eigenen Gerechtigkeit und Frömmigkeit überzeugt sind. Selig sind vielmehr diejenigen, die sich von Gott beschenken lassen, die Gottes Gerechtigkeit suchen und bereit sind, Barmherzigkeit zu üben, auch wenn sie dafür Schmähungen und Verfolgungen ertragen müssen. Somit wird deutlich, dass Menschen sich die Teilhabe an der Wirklichkeit Gottes, die das Himmelreich ist, nicht aus eigener Kraft und Vollkommenheit nehmen können. Sie bleibt ein Geschenk, das Gott bereit ist allen zu geben, die sich öffnen für sein Wirken, die um ihre Armut wissen, und bereit sind, sich von Gott beschenken zu lassen.

Bergpredigt
Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden. (Mt 5,4)

Trauer kann vielfältige Formen haben, sie kann Trauer um den Verlust eines lieben Menschen sein. Menschen leiden aber oft auch an den konkreten Verhältnissen, in denen sie leben. Unter den Zuhörern Jesu waren sicher viele, die kaum das Nötigste zum Leben hatten und Unterdrückung und Ausbeutung am eigenen Leib erfahren mussten. Sie alle dürfen darauf hoffen, dass es jemanden gibt, der sie ernst nimmt mit ihren Sorgen und Nöten und sie nicht mit leeren Worten vertröstet. Auch wenn es oft nicht so scheint, ist in jeder Lage ein Ausweg möglich. Gottes Zusage gibt Hoffnung und macht Mut, einen neuen Anfang zu wagen.
In der frühen Auslegung sah man in den Trauernden vor allem diejenigen, die über ihre Sünden trauern. Ihnen wird versprochen, Trost zu finden.

Und selbst wenn es für jene, die ihre Sünden beweinen, schon genügend Wohltat wäre, sich der Vergebung zu erfreuen, so beschränkt der Herr seine Vergeltung nicht auf die Nachlassung der Sünden, sondern lässt diese Menschen an vielerlei Tröstungen teilhaben, in dieser und in der kommenden Welt. Denn wenn Gott vergilt, ist er immer weit großzügiger als es den Mühen des Menschen entspricht. (Johannes Chrysostomus)

Wie bei der vorangegangenen Seligpreisung der Armen, sollten wir uns auch hier davor hüten, Trauer nur in einem spirituellen Sinn zu sehen. Wie es verschiedene Formen von Armut gibt, so gibt es auch verschiedene Formen der Trauer. Jesu Aussagen sind immer konkret und daher meint er jede Form von Trauer, die über unser eigenes Versagen, über uns angetanes Unrecht oder über einen schmerzlichen Verlust. All diese Formen der Trauer sind "gottgewollt" und wenn wir ihnen im Vertrauen auf Gottes Hilfe Zeit und Raum in unserem Leben gewähren, wird Gottes Trost erfahrbar.
Jesus selbst hat das Leid und Trauer auf sich genommen. Er wusste, dass zum menschlichen Leben nicht nur die Freude gehört, sondern ebenso das Leid. Wer nur die Freude sieht, ist in Gefahr, oberflächlich zu werden. Wer auch Leid erfahren hat, dringt leichter in die Tiefe und überlässt sich eher hoffend und vertrauend Gott. Aber doch hat Jesus nie die Trauer und das Leid verherrlicht. Sie gehören zum Leben. Man soll sie annehmen, aber nicht suchen.
Doch wie kommt Jesus dann dazu, die Trauernden selig zu preisen, sie ob ihrer Trauer zu beglückwünschen? Wie kann er das tun, ohne dass es für die Trauernden unpassend, stillos wirkt oder als leere Vertröstung auf die Zukunft? Ist Trauer nicht vielmehr etwas, das nicht sein sollte, nicht sein darf? Jesus stellt hier wie so oft unser alltägliches Empfinden auf den Kopf. Jesus will uns sagen, dass mit seinem Wirken das Himmelreich bereits angebrochen ist. Jesus nimmt den Menschen ihre Not und beseitigt damit die Ursache ihrer Trauer. Wer einen Grund zur Trauer hat, bekommt damit zugleich die Möglichkeit geschenkt, Gottes Trost auf eine neue, überwältigende Weise zu erfahren. Dieser Trost Gottes aber ist es, der die Menschen selig, glücklich macht.
Das ist alles schön gesagt, aber erfahren wir das auch? Zeigt uns unsere Erfahrung nicht viel mehr, dass es auch nach der angebrochenen Gottesherrschaft, nach der Auferstehung Jesu und nach der Sendung des Heiligen Geistes viel Trauer und viel Trauernde gibt? Die Wende zum Heil hat offensichtlich nicht zu einem Dauerzustand des Getröstet-Seins unter den Gläubigen geführt. Welchen Sinn hat also diese Seligpreisung der Trauernden noch für die Glaubenden, für uns heute? Es genügt nicht, zu sagen, es war einmal so zur Zeit Jesu und wird nach unserem Tod wieder so sein, dass Gott die Trauernden trösten wird. Dieser Trost muss vielmehr auch jetzt und heute konkret erfahrbar sein.
Die Seligpreisung der Trauernden ist in sich schon eine frohmachende Botschaft, weil sie im Trauern selbst ein Verhalten sieht, das den Keim der Gottesherrschaft in sich trägt und aus dem das Heil dieser Gottesherrschaft mitten in der Zeit zu einer trostspendenden Frucht heranreifen kann. Die Trauer selbst ist ein Teil des Reiches Gottes. Aber wie ist das möglich? Trauer tut doch weh, sie ist eine Herausforderung. Oft wird sie unterdrückt, wir scheuen uns davor, Trauer öffentlich zu zeigen.
Wenn wir aber Trauer zeigen können, so ist dies ein Zeichen von Stärke und nicht von Schwäche. Wo wir dem Drang nach Erinnerung, nach Erzählen und Mitteilen, nach Verstehen und Aufarbeiten nachgeben, da kann Trauer ungemein lösend wirken, da führt sie uns behutsam zum Loslassen-Können, zum Versöhntwerden, zum Annehmen des Geschehenen, ja zu neuem Lebensmut und zu neuen Anfängen. Selig, wer so trauern kann, denn er wird darin dem tröstenden Gott begegnen!

Selig die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben. (Mt 5,5)

Jesus preist die selig, die keine Gewalt anwenden, wir können sie auch die Sanftmütigen nennen. Mit Sanftmut meint Jesus sicher kein kriecherisches Duckmäusertum. Nach dem griechischen Urtext könnte man die Sanftmütigen auch mit "die Stillgemachten" übersetzen, dann sind es Menschen, die von anderen zum Stillhalten gezwungen werden. Wenn wir die Verheißung im Blick haben, dass diese das Land erben werden, so kann man in dieser Seligpreisung eine soziale Sprengkraft entdecken. Gerade die Ausgebeuteten und Entrechteten werden wieder ihr eigenes Land bekommen.

Ein Sanftmütiger ist doch, so meint man, bereit, all das Seine zu verlieren. Und ihm verheißt der Herr das Gegenteil; er sagt nämlich, dass jemand, der nicht unverschämt und rücksichtslos ist, seine Habe in Beständigkeit besitzen wird. Wer aber rücksichtslos ist, verliert des Öfteren sein Erbe und das Leben mit dazu. (Johannes Chrysostomus)

Im Alten Testament wird dem Volk Israel das Gelobte Land von Gott als Eigentum verheißen. Die Bedingung dafür, dass Israel im gelobten Land wohnen darf ist, dass es sich an Gottes Gebote hält. Den Anhängern Jesu, die aus allen Völkern kommen werden, ist das Gelobte Land nicht mehr genug. Jesus verheißt ihnen die ganze Welt als Eigentum.
Gerade die Sanftmütigen werden das Land erwerben. Jesus will keine gewaltsamen Eroberungen in seinem Namen, die es in der Kirchengeschichte immer wieder gegeben hat. Jesus lehrt uns aber in dieser Seligpreisung auch keine Methode gewaltlosen Widerstands, sondern es geht um eine innere Haltung. Diese Haltung hat mit Schwäche nichts zu tun, sie fordert vielmehr ein großes Maß an innerer Kraft, wie wir an Jesus selbst sehen.
Aber wie können Christen dann überleben, wenn wir uns nicht verteidigen dürfen? Genau diese Frage zeigt das Paradoxon in Jesu Worten, mit dem er uns immer wieder herausfordert. Die Aufforderung an uns ist, ehrlich und authentisch im Vertrauen auf Gott zu leben, dann wird Gott dafür sorgen, dass Gerechtigkeit herrscht. Gerechtigkeit entsteht, wo Menschen füreinander Sorge tragen. Das ist unsere Aufgabe. So entsteht eine gerechte Welt. Die Durchsetzung des eigenen Rechts aber erzeugt Ungerechtigkeit.
Wir können uns vorstellen, wie die Zuhörer Jesu gesagt haben: das kann doch nicht sein. Wenn wir nicht kämpfen, sondern sanftmütig sind, wie sollen wir dann zu unserem Recht kommen? Wenn wir nicht so fromm werden wie die Gesetzeslehrer es uns beibringen, wie sollen wir dann je in das Reich Gottes kommen? Jesus weiß es besser. Er wollte den Menschen damals und will auch uns heute Mut machen, zu uns selbst zu stehen, bewusst zu leben und so die Erfüllung unseres Lebens zu finden.

Bergpredigt
Selig die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden. (Mt 5,6)

Gerechtigkeit haben wir nötig wie das tägliche Brot. Wer täglich unter Ungerechtigkeiten leiden muss, der verkümmert wie einer, der nichts zu Essen und zu Trinken hat. Hunger und Durst sind aber auch konkrete Folgen von Ungerechtigkeit. Jeder Reichtum eines Menschen stürzt viele andere in Armut. Es gibt keine Rechtfertigung für den Reichtum. Wer aber wegen der Ungerechtigkeit dieser Welt Hunger und Durst leiden muss, der ist glücklich zu preisen.
Doch, so fragen wir, was hat der Hungernde und Dürstende von dieser Seligpreisung? Ist sie nicht ein Hohn? Nun können doch die Reichen erst recht voller Spott sagen: Dann ist es doch gut, dass wir unseren Reichtum genießen, wenn der Hungernde und Dürstende dafür das Glück bei Gott bekommt. Auch 2000 Jahre nach der Bergpredigt ist es doch immer noch so, dass es den Reichen gut geht und die Armen unglücklich sind.
Und doch liegt in den Worten Jesu eine Kraft, die den Hungernden und Dürstenden zusagt, dass ihre Situation nicht unumkehrbar ist. Aber was heißt satt werden konkret? So zu werden wie die Reichen? Das wünschen sich ja die viele. Gerade darum ist diese Seligpreisung Jesu eine Herausforderung sowohl für dir Satten als auch für die Hungernden.
Jeder Mensch hat die gleiche Würde, aber jeder Mensch hat unterschiedliche Fähigkeiten. Gerechtigkeit entsteht nicht, indem alles gleich gemacht wird und alle gleich behandelt werden. Gerechtigkeit entsteht, wo ein Mensch den anderen achtet und sich nicht über andere erhebt. Gerechtigkeit gibt dem andern, was recht ist und zwar dauerhaft und unverlierbar. Wer viele Fähigkeiten hat, soll den nicht verachten, der es nicht so weit gebracht hat wie er. Wenn die Menschen verschiedener Schichten und Klassen sich nicht gegeneinander abgrenzen, sondern miteinander leben und teilen, was sie haben, dann können alle satt und glücklich werden und die Gerechtigkeit blüht auf.
Wie konkret der Hunger nach Gerechtigkeit sein kann, zeigt uns ein Gebet aus Lateinamerika:

Gott, wir danken dir für Brot.
Wir bitten dich um Brot für die,
die hungern müssen.
Wir bitten dich um Hunger nach Gerechtigkeit
für die, die Brot haben.
Gott, wir danken Dir für Brot. Amen.
Selig die Barmherzigen, denn die werden Erbarmen finden. (Mt 5,7)

Barmherzigkeit ist einer der Wesenszüge des Lebens Jesu Christi und damit auch eine grundlegende Herausforderung an uns alle, die wir uns Christen nennen. Barmherzigkeit bedeutet, einem anderen zu geben, was er braucht, ohne selbst eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Doch Jesus sagt uns, dass eine solche Barmherzigkeit nicht ins Leere geht, wer selbstlose Barmherzigkeit übt, wird diese auch selbst erfahren.
Versuchen wir das einmal in unserem Alltag zu üben. Wenn ich verbissen durchs Leben gehe, werde ich nur selten einen freundlichen Blick von anderen bekommen. Es kann passieren, dass ich mich rastlos abmühe, und am Ende doch nichts in Händen halte. Wenn ich aber freundlich bin, mir Zeit lasse, aufmerksam für andere bin und anderen auch nur eine kleine Hilfe oder ein Lächeln schenke, wird das Leben auch für mich ein Stück heller werden. Wenn ich bereit bin, etwas zu schenken, bekomme auch ich irgendwo etwas davon zurück und wenn ich bereit bin, anderen zu vergeben, wird auch mir diese Vergebung geschenkt.
Ein Beispiel für die Barmherzigkeit ist das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Geh und handle genauso! Das sagt Jesus einem jeden von uns. Es ist oft schwer, dazu bereit zu sein, meine Pläne zu unterbrechen für einen Menschen, der meine Hilfe braucht. Ich muss es immer wieder lernen, jeden Tag neu. Schauen wir auf das Beispiel, das Jesus uns gegeben hat. Erinnern wir uns stets daran, es gibt auch auf meinem Weg immer wieder Menschen, die unter die Räuber gefallen sind und die darauf warten, dass ich und niemand anderer ihnen Hilfe schenke. Das ist meine Berufung und Verantwortung für diese Welt.

Der gütige Gott segne uns mit seiner Barmherzigkeit,
damit wir seine Liebe bezeugen.
Er segne uns mit seinem Erbarmen,
damit wir unsere Herzen öffnen und unsere Hände reichen.
Er wende uns sein Angesicht zu,
damit wir in den Notleidenden sein Antlitz erkennen.
Er lasse sein Angesicht über uns leuchten,
damit wir im Licht seiner Güte auf andere zugehen.
Bergpredigt
Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. (Mt 5,8)

Die sechste Seligpreisung beinhaltet die größte aller Verheißungen, Gott zu schauen. Kein Mensch kann Gott anschauen, so war die Überzeugung der Menschen des Alten Testaments. Selbst ein großer Prophet wie Elija verbarg sein Gesicht, als Gott an ihm vorüberzog. Gott zu schauen, das überlebt nur ein Mensch, der keine Sünde hat, und selbst der frömmste weiß, dass er nicht ohne Sünde ist.
Adam und Eva hatten im Paradies vor dem Sündenfall diesen vertrauten Umgang mit Gott. Sie konnten ihn sehen und mit ihm sprechen. Die Sünde hat diesen vertrauten Umgang mit Gott zerstört. Von nun an lebte der Mensch in einer Distanz zu Gott und konnte selbst durch all seine Gerechtigkeit den Graben nicht überbrücken, der zwischen Gott und Mensch entstanden war.
Wenn Jesus denen, die reinen Herzens sind, verheißt, Gott zu schauen, dann bedeutet dies, dass der Graben zwischen Gott und Mensch, den die Sünde des Menschen aufgerissen hat, überbrückt ist. Die Brücke zu Gott sieht Jesus aber nicht in asketischen Höchstleistungen und akribischer Erfüllung religiöser Vorschriften, sondern allein darin, dass jemand ein reines Herz hat. An anderer Stelle wird Jesus sagen, dass nicht das den Menschen verunreinigt, was in ihn hineingeht (also aus Sicht der Juden unreine Speisen oder Berührungen), sondern was aus dem Menschen herauskommt.
Das Herz ist Sitz der Seele des Menschen. Aus einem verdorbenen Herzen kommen Schlechtigkeit und Bosheit, Neid und alle anderen Übel, die Menschen einander antun. Wenn das Herz aber rein ist, dann entströmt ihm Liebe und nichts als Liebe. Wir wissen, wie schwer das ist. Wie leicht lassen wir uns dazu hinreißen, über andere schlecht zu denken, ein böser Blick, ein unfreundliches Wort, all das kommt so leicht aus uns hervor.
Somit ist die Erlangung der höchsten Verheißung auch mit der höchsten Anstrengung verbunden. Es bedarf ständiger Wachsamkeit und lebenslanger Übung, das Herz rein zu halten. Für die Wüstenväter, die in Einsamkeit und Schweigen wohnten, war es die größte Herausforderung. Antonius der Große sagt:

Wer in der Wüste sitzt und die Herzensruhe pflegt, wird drei Kämpfen entrissen: dem Hören, dem Reden, dem Sehen. Er hat nur noch einen Kampf zu führen: den mit dem Herzen. (Apophthegmata Patrum)

Der Mensch muss erst einmal lernen, es mit sich selber auszuhalten. Wir entdecken unser Herz, wenn wir einmal alle Zerstreuungen und jedes Unterhaltungsprogramm abschalten. Wir müssen aber auch dazu bereit sein, das anzuschauen, was wir verdrängt haben. Ehrlich zu mir selbst sein, das ist der erste Schritt zu einem reinen Herzen. Es werden viele Wunden und Verletzungen zum Vorschein kommen. Diese können wir in das Licht der göttlichen Gnade halten und um Heilung bitten. Manchmal bedarf es dazu auch der professionellen Hilfe dazu befähigter Menschen.
Wenn wir so den Blick auf uns selbst gewagt haben, müssen wir ehrlich darauf schauen, wie wir anderen begegnen. Wo hege ich Zorn und Groll gegen andere, wo kann ich nicht verzeihen? Wo habe ich anderen wehgetan und muss selbst um Verzeihung bitten? Wenn wir achtsam sind, werden wir entdecken, wie weit wir noch von einem reinen Herzen entfernt sind. Aber das soll uns nicht entmutigen. Wir können jeden Augenblick neu anfangen. Jede Begegnung mit einem anderen Menschen gibt uns die neue Chance, unser Herz zu üben.
Ein reines Herz haben, das bedeutet, nicht auf Äußerlichkeiten zu achten und nur nach außen hin gut scheinen zu wollen. Das wäre Heuchelei, die Jesus scharf kritisiert. Ein reines Herz haben, das bedeutet, wirklich aus ganzem Herzen gut sein. Gott allein sieht das Herz. Menschen können wir täuschen, Gott nicht. Darum ist nicht jeder, der vor den Menschen groß erscheint, auch vor Gott groß. Gott allein aber ist der Maßstab dafür, ob unser Herz rein ist, und würdig ihn zu schauen.

Der Mensch ist das, was er vor Gott ist, das und nicht mehr. (Franz von Assisi)
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. (Mt 5,9)

Friede ist die kostbarste Gabe Gottes. In der Heiligen Schrift wird Gott ein "Gott des Friedens" genannt und Jesaja verheißt als rettende Gestalt den "Friedensfürst". Was Friede für Israel bedeutet, zeigt sich darin, dass "shalom" der tägliche Gruß ist. "Shalom" bedeutet mehr als das Schweigen der Waffen. "Shalom" ist die Atmosphäre, in der die Menschen frei leben und sich entfalten können.
So sind auch Friedensstifter nicht einfach jene, die durch Nachgeben Streit vermeiden. Es geht wohl zuerst um Menschen, die Gegensätze überbrücken und Frieden "schaffen". Das braucht einen klaren Blick für die Anliegen aller Seiten, die miteinander im Streit liegen, nicht nur die Verurteilung eines Gegners. Friede kann nicht dadurch entstehen, dass Unrecht zugedeckt wird; zum Friedenstiften gehört vielmehr, Unrecht aufzudecken und beim Namen zu nennen.
Wer nach Gottes Willen lebt, versucht seine Pläne nicht mit Gewalt durchzusetzen. Er wird anderen Menschen mit dem nötigen Respekt begegnen, auch wenn sie anderer Ansicht sind als er selbst. Auch Menschen unterschiedlichen Glaubens können in Frieden miteinander leben, wenn Menschen die nötige Achtung vor den Überzeugungen des Anderen haben.
Papst Johannes Paul II. hat einmal gesagt:

Gewalt ist eine Lüge, denn sie richtet sich gegen die Wahrheit unseres Glaubens, die Wahrheit unseres Menschseins. Gewalt zerstört, was sie vorgibt zu verteidigen: die Würde, das Leben, die Freiheit der Menschen. Gewalt ist ein Verbrechen gegen die Menschheit, denn sie zerstört den Kern der Gesellschaft.
Euch allen, die es hören, sage ich: Glaubt nicht an die Gewalt; unterstützt keine Gewalt. Der Weg der Gewalt ist nicht der christliche Weg; er ist nicht der Weg der katholischen Kirche. Glaubt an Frieden, Vergebung und Liebe, denn sie gründen in Christus.
Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich. (Mt 5,10)
Die gläubigsten Menschen, die Christus nachfolgten, waren Friedensstifter. Sie gingen soweit, ihren Feinden zu vergeben und manchmal sogar, ihr Leben für sie zu geben.

Diese Worte von Papst Johannes Paul II. machen deutlich, dass der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit bis an die Substanz gehen kann, einem selbst das Leben kosten kann. Noch drastischer formuliert dies Erzbischof Oscar Romero aus Lateinamerika:

Christus lädt uns ein, Verfolgung nicht zu fürchten. Denn, glaubt mir, Brüder und Schwestern, wer sich auf die Seite der Armen begibt, muss das gleiche Schicksal ertragen wie die Armen, und wir in El Salvador wissen, was das Schicksal der Armen wirklich bedeutet: zu verschwinden, gefoltert zu werden, inhaftiert zu werden und tot aufgefunden zu werden.

Die achte Seligpreisung schließt mit derselben Verheißung wie die erste, in der die Armen, die Menschen, die unter Ungerechtigkeit leiden müssen, seliggepriesen werden. Wer sich wirklich um Gerechtigkeit bemüht, der steht ganz auf der Seite der Menschen, denen keine Gerechtigkeit zuteil wird. Er ist bereit, für seinen Einsatz dasselbe Schicksal zu erleiden wir sie. Dafür wird ihm auch derselbe Lohn zuteil, den Jesus den Armen und Entrechteten verheißt, schon hier auf Erden teilzuhaben am Reich Gottes, das verborgen gegenwärtig ist.
Als Matthäus sein Evangelium schreibt, sind bereits die ersten Verfolgungen über die Christen hereingebrochen. Die Verfolgten sollen wissen, dass dies kein Zeichen dafür ist, dass der Glaube machtlos wäre. Sie sollen vielmehr froh und zuversichtlich sein und darum wissen, dass sie reicher Lohn erwartet.
Die achte Seligpreisung wird durch zwei Sätze präzisiert, die den Worten Jesu eine besondere Bedeutung verleihen und den Menschen Mut machen sollen, die Verfolgungen zu bestehen und nicht schwach zu werden.

Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt. (Mt 5,11-12)
Stark
Das Törichte in der Welt hat Gott erwählt, um die Weisen zuschanden zu machen, und das Schwache in der Welt hat Gott erwählt, um das Starke zuschanden zu machen. Und das Niedrige in der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt: das, was nichts ist, um das, was etwas ist, zu vernichten. (1Kor 1,27-28)

Gott ist den Weg nach unten gegangen, um uns Menschen nahe zu kommen. Er kam nicht als mächtiger Herrscher, sondern als schutzloses Kind. Als Erwachsener hat Gottes Sohn kein Heer um sich versammelt, sondern zwölf einfache Menschen. Er hat die Verachtung der Menschen erduldet und starb den schmachvollen Tod am Kreuz. Gerade dieser Tiefpunkt aber, die scheinbare Schwäche Gottes, lässt am Ostermorgen in der Auferstehung seine Kraft auf ungeahnte Weise deutlich werden. Was aus menschlichen Augen als Niederlage galt, wird zum größten Triumph.
Wer Jesus nachfolgt, muss wie er den Weg nach unten gehen, sich nicht an irdischen Besitz und Einfluss klammern, sondern vor der Welt als schwach und schutzlos erscheinen. Jeder aber, der diesen Weg geht, kann in seinem eigenen Leben erfahren, wie sich die scheinbare Schwäche in unbeschreibliche Stärke verwandelt. Wer sich nicht auf menschliche Macht verlässt, dem kann Gott eine ganz andere Kraft und einen ganz anderen Schutz schenken, die über das hinausgehen, was Menschen vermögen. Wer bereit ist, auf irdischen Besitz zu verzichten, dem kann Gott einen ganz anderen Reichtum schenken, der viel mehr wert ist als alles Geld der Welt.
Konkrete Beispiele für diesen Weg gibt Jesus uns in der Bergpredigt. Uns Menschen fällt es schwer, diesen Weg zu gehen. Paulus will uns Mut machen, uns nicht davor zu fürchten, um der Nachfolge Jesu willen als schwach und gering vor der Welt zu erscheinen. Im Vertrauen auf Gottes Kraft dürfen wir so immer wieder die Wunder seiner Macht erleben.