
1Tim - Jesus - Retter
Der erste Brief an Timotheus gehört ebenso wie der zweite Brief an Timotheus und der Brief an Titus zu den sogenannten Pastoralbriefen. Diese richten sich nicht, wie die anderen Paulusbriefe, an die christliche Gemeinde einer Stadt, sondern an eine einzelne Person. Timotheus war etwa seit dem Jahr 50 einer der engsten Mitarbeiter des Paulus. Die moderne Exegese sieht diese Briefe nicht als echte Paulusbriefe, sondern als Werke eines oder mehrerer Paulusschüler, die um das Jahr 100 nach dem Tod des Apostels in Kleinasien entstanden sind.
So übergroß war die Gnade unseres Herrn, die mir in Christus Jesus den Glauben und die Liebe schenkte. Das Wort ist glaubwürdig und wert, dass man es beherzigt: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten. Von ihnen bin ich der erste. Aber ich habe Erbarmen gefunden, damit Christus Jesus an mir als Erstem seine ganze Langmut beweisen konnte, zum Vorbild für alle, die in Zukunft an ihn glauben, um das ewige Leben zu erlangen. (1Tim 1,14-16)
Das Erbarmen, das Gott dem Paulus erwiesen hat, indem er ihn vom Christenverfolger zum Apostel der Heiden berufen hat, gilt hier als Beispiel dafür, wie Gott alle Menschen retten möchte. Christus ist nicht gekommen, die Gerechten zu rufen, sondern die Sünder. Aber wer ist ein Sünder?
Die Kirche legt uns verschiedene Beichtspiegel vor, Register, nach denen wir genau beurteilen können, ob, wann und wie oft wir gesündigt haben. Zudem werden die Sünden in lässliche, schwere und Todsünden eingeteilt. Auch das Judentum kennt feste Gebote und jeder Verstoß dagegen kann genau bestimmt werden. Gesetzeslehrer, wie Paulus einer war, wissen genau um diese Gebote Bescheid und versuchen sich streng daran zu halten.
Je mehr man die Gebote kennt, desto mehr weiß man aber auch: ein Mensch kann nie alle diese Vorschriften streng einhalten. Es gibt immer wieder Situationen, in denen man schwach wird oder einfach das Temperament mit einem durchgeht. Wie kann Jesus uns daraus retten? Wir fallen ja immer wieder bedürfen immer neu der Vergebung. Sind wir da überhaupt noch zu retten?
Wir dürfen Sünde nicht auf den Begriff des Verstoßes gegen Gebote reduzieren. Sünde geht tiefer. Sünde bedeutet das gestörte Verhältnis zwischen Mensch und Gott, wenn der Mensch an Gottes Liebe zweifelt. Der Mensch kann nicht durch die Einhaltung von Geboten gerettet werden. Rettung bedeutet, im tiefsten Bewusstsein erfahren zu haben, dass Gott mich liebt.
Diese Liebe Gottes hat Jesus uns gezeigt und ist dafür in den Tod gegangen. Ein Mensch, der diese Liebe Gottes erfahren hat, kann nicht mehr weiter leben wie bisher. Er wird immer mehr danach streben, Jesus ähnlich zu werden und selbst ein Zeichen der Liebe Gottes zu sein. Das ist die Rettung, wenn Gottes Liebe zum tragenden Fundament des Lebens wird. Gottes Liebe gilt allen Menschen und jeder ist fähig, diese Erfahrung zu machen. Dafür gilt es Gott, dem König der Ewigkeit, immer wieder Dank zu sagen.

Gottes Freude
Heute im Evangelium hören wir drei Gleichnisse, das Gleichnis vom verlorenen Schaf, das Gleichnis von der verlorenen Drachme und das Gleichnis vom verlorenen Sohn.
Der Hirte sucht unermüdlich das eine verlorene Schaf, bis er es findet. Die Frau fegt das ganze Haus, bis sie das verlorene Geldstück wieder in Händen hält. Und der Vater schließt den verlorenen Sohn voll Liebe in seine Arme. Was allen drei Gleichnissen gemeinsam ist, ist die Freude, die Freude darüber, dass etwas oder jemand Verlorenes wieder da ist.
Bevor Jesus diese Gleichnisse erzählt, berichtet Lukas davon, dass alle Zöllner und Sünder zu Jesus kommen. Darüber empören sich die Pharisäer und Schriftgelehrten. Mit solchen Menschen darf ein Frommer keinen Umgang haben. Die Welt ist klar geordnet. Auf der einen Seite die Guten, auf der anderen die Bösen. Jeder entscheidet selbst, wo er hingehören will. Wer sich für die böse Seite entscheidet, der ist verloren und abgeschrieben. Er ist selbst schuld an seinem Schicksal. Hätte er mal früher bedacht, was er tut. Soll er doch sehen, wohin er mit seiner Einstellung kommt.
Verantwortung - Das verlorene Schaf
Schauen wir uns das Gleichnis vom verlorenen Schaf einmal genauer an. Bilder mit Schafen und Hirten gibt es unzählige in der Heiligen Schrift. Das Bild vom Hirten mit seinen Schafen war den Menschen zur Zeit Jesu aus ihrer Alltagswelt unmittelbar vertraut, aber auch wir, die dieses Bild nicht mehr so deutlich vor Augen haben, können leicht verstehen, worum es geht.
Die Schafe sind auf die Sorge des Hirten angewiesen. Ohne ihn sind sie hilflos. Es kam immer wieder vor, dass sich Schafe von der Herde verirrten. Würde ein solches Schaf die Nacht im Freien verbringen müssen, würde das sicher seinen Tod bedeuten. Es wäre eine leichte Beute für Raubtiere, gegen die es sich in keiner Weise wehren kann.
Auf dieses eine Schaf, dessen Leben in größter Gefahr ist, richtet sich nun die ganze Sorge des Hirten. Aber sind die Hirten wirklich so, wie Jesus sie beschreibt? Kann sich ein Hirte wirklich erlauben, dem einen verlorenen Schaft nachzugehen, und die anderen allein zurück zu lassen? Selbst wenn er es sucht, wird er es dann nicht viel mehr voller Zorn mit vielen Schlägen zur Herde zurück treiben, anstatt es auf den Schultern zu tragen?
Nur wer die Liebe kennt, kann sich vorstellen, was der Verlust eines geliebten Menschen bedeutet. Nur wer liebt, wird seine ganze Mühe daran setzen, den geliebten Menschen rastlos zu suchen. Und wenn er ihn gefunden hat, wird er alle Sorge um den Vermissten vergessen, aus lauter Freude über das Wiedersehen. Er denkt gar nicht daran, dem anderen Vorwürfe zu machen, sondern allein die Freude erfüllt nun sein Herz.
Diese Freude ist das zentrale Geheimnis des Gleichnisses. Nur wer diese Freude der Liebe kennt, weiß etwas vom Herzen Gottes. Gott geht dem Verlorenen nach und seine Arme sind weit ausgestreckt, um jeden zu umfassen, der sich ihm zuwendet. Wer Gottes Liebe kennt, wird keinen Menschen mehr verurteilen und über niemand mehr richten. Er wird erkennen, wie sehr er selbst ständig der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit bedarf.
Wir alle sind wie verirrte Schafe. Nie werden wir vollkommen den Willen Gottes erfüllen. Immer werden wir unseren eigenen Weg gehen und brauchen den guten Hirten, der uns voller Liebe sucht und an sein Herz zurückholt. Jesus will uns zeigen, dass auch im Himmel Freude herrscht über jeden einzelnen Menschen, der umkehrt. Gott wird nicht müde, sich an uns zu freuen, wenn er uns an sein Herz drücken kann.

Notwendigkeit - Die verlorene Drachme
Eine Drachme reichte gerade dafür aus, das zu kaufen, was man für einen Tag zum Leben brauchte. Die Frau im Gleichnis hat zehn Drachmen, d.h. für die nächsten zehn Tage ist gesorgt, nicht gerade ein großes finanzielles Polster. Wir können uns vorstellen, was es für sie bedeutet, wenn ihr eine Drachme verloren geht.
Mit Feuereifer sucht sie das verlorene Geldstück. Eine Lampe anzuzünden war damals ein weit größerer Aufwand, als unser Druck auf den Lichtschalter, in den Hütten damals war Fegen weit mühsamer als auf unseren heutigen Parkettböden. Wie viele Ritzen und Spalten es in so einer Hütte gab, in die das Geld gerutscht sein könnte, weiß niemand. Doch endlich hat sie es gefunden, ihre Mühen sind belohnt worden.
Manchmal ist es ja auch unsere eigene Unvorsichtigkeit, dass etwas verloren geht. Eine kleine Unachtsamkeit kann uns mühsame Stunden bescheren, bis wir den Fehler wieder in Ordnung gebracht haben. Da hilft kein Jammern und Klagen. Vielleicht will uns Jesus mit diesem Gleichnis auch zeigen, wie sehr er unseren Alltag kennt, wie leicht da mal etwas schief geht, sei es bei unseren Tätigkeiten, aber auch beim Umgang mit anderen Menschen.
Was auch geschehen ist, wir sollen nicht die Mühe scheuen, die Sache wieder in Ordnung zu bringen. Dann werden auch wir die Freude erfahren, von der Jesus im Gleichnis spricht.
Barmherzigkeit - Der verlorene Sohn
Eine ausführliche Betrachtung zum Gleichnis vom verlorenen Sohn finden Sie auf der Seite zum 4. Fastensonntag C.
Beim Vergleich der Evangelien vom letzten und von diesem Sonntag ist mir folgendes aufgefallen:
Letzten Sonntag haben wir sehr harte Worte Jesu gehört: Wer nicht Vater und Mutter, Frau und Kinder, Brüder und Schwestern gering achtet und wer nicht auf seinen ganzen Besitz verzichtet, kann nicht mein Jünger sein (vgl. Lk 14,26.33).
Diesen Sonntag hören wir im Evangelium (Lk 15,1-32), wie Jesus im Gleichnis die Freude des Hirten über ein wiedergefundenes Schaf, die Freude einer Frau über ein wiedergefundenes Geldstück, die Freude des Vaters über die Rückkehr seines Sohnes mit der Freude vergleicht, die im Himmel über die Umkehr eines Sünders besteht.
Wenn wir diese beiden Stellen miteinander vergleichen, erkennen wir doch deutlich, dass es Jesus nicht darum geht, dass wir das, was wir besitzen verachten sollen. Wir sollen vielmehr verantwortungsvoll damit umgehen und gut darauf aufpassen.
Jesus spricht auch nicht gegen die Liebe unter den Menschen. Wenn der Vater den verlorenen Sohn voll Freude aufnimmt, so ist dieser Vater ein Bild für Gott, der uns unendlich liebt und will, dass auch wir Menschen einander lieben.
Was können dann die strengen Worte Jesu bedeutet? Jesus will uns zeigen, dass es etwas gibt, das wertvoller ist als der wertvollste Besitz auf Erden und dass es eine Liebe gibt, die größer ist, als alle Liebe auf Erden. Und wir müssen bereit sein, wenn es darauf ankommt, dieses höhere Gut und diese höhere Liebe über alles irdische Gut und alle irdische Liebe, die es zu bewahren und zu achten gilt, zu stellen.