Erntedankfest

1. Sonntag im Oktober

Erntedank

Erntedankfest

Erntedank

Zur Entwicklung des Festes

Vielen Menschen in den Städten ist es gar nicht mehr bewusst, wie Getreide, Obst und Gemüse reifen und geerntet werden. Das war früher anders. Als noch viele auf dem Land lebten und arbeiteten, waren die Menschen enger mit dem Kreislauf der Natur verbunden und wussten um die Bedeutung der Natur für die Ernte. Sie wussten, wie sehr eine gute Ernte nicht nur von der Arbeit des Menschen, sondern auch von gutem Wetter abhängt. Die Ernte war also nicht nur die Frucht der Mühe des Menschen sondern auch ein Geschenk, ein Geschenk von Gott, der alles geschaffen hat und erhält. Das Erntedankfest in eine Art von vielen, Gott dafür Dank zu sagen.
Feste zum Erntedank kennen wir aus allen Religionen und Kulturen. Mehr als heute haben sich Menschen in früheren Zeiten abhängig gesehen vom Kreislauf der Natur. In den Jahreszeiten sah man das Wirken der Götter. Diesen galt es zu opfern, um gedeihliches Wetter und eine reiche Ernte zu erhalten.
Aus dem Alten Testament kennen wir das Dankopfer an Gott. Wir hören von Kain, der ein Opfer von den Früchten des Feldes und von Abel, der ein Opfer von den Erstlingen seiner Herde brachte. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich das jüdische Paschafest aus zwei Erntefesten entwickelt hat. Im späteren Judentum kennen wir das Pfingstfest als Dankfest zur Getreideernte und das Laubhüttenfest zur Wein- und Gesamternte.

Dankbar

Wenn die Arbeit auf dem Feld beendet ist und die Früchte geerntet sind, ist es ein uralter Brauch, Gott Dank zu sagen für die Gaben, die er uns geschenkt hat. Wir danken ihm mit Gebeten und Liedern für die vielen Früchte, die er hat wachsen lassen. Wir danken ihm, dass wir das ganze Jahr hindurch zu essen und zu trinken haben.

Herr, wie zahlreich sind deine Werke! Mit Weisheit hast du sie alle gemacht, die Erde ist voll von deinen Geschöpfen. (Ps 104,24)

So heißt es in Psalm 104. Der ganze Psalm ist voll vom Lob Gottes, der alles so wunderbar geschaffen hat und am Leben erhält.

Du lässt Gras wachsen für das Vieh, auch Pflanzen für den Menschen, die er anbaut, damit er Brot gewinnt von der Erde und Wein, der das Herz des Menschen erfreut, damit sein Gesicht von Öl erglänzt und Brot das Menschenherz stärkt. (Ps 104,14-15)

Gott schenkt uns Menschen durch seine Schöpfung das, was uns am Leben erhält, das tägliche Brot. Gott lässt das Getreide wachsen, das der Mensch durch seine Arbeit anbaut. Doch Gott schenkt noch viel mehr. Gott schenkt uns auch Dinge, die uns erfreuen sollen, wie den Wein für fröhliche Feste mit lieben Menschen oder das Öl für die Schönheitspflege.
Denken wir heute am Entedankfest einmal darüber nach, welche Dinge für uns notwendig, lebens- notwendig sind. Denken wir an die Menschen, die dafür gearbeitet haben. Sagen wir auch Gott Dank dafür!
Welche Dinge machen mir besonders Freude? Was sehe ich als das schönste Geschenk in meinem Leben an? Danke, Gott, dafür! Danke Gott, dass wir uns von deiner Fülle beschenken lassen dürfen!

Wir wollen danken für unser Brot,
wir wollen helfen in aller Not.
Wir wollen schaffen, die Kraft gibst du.
Wir wollen lieben, Herr, hilf dazu.

Die liturgische Feier des Erntedanks

Im Christentum bräuchten wir eigentlich kein eigenes Erntedankfest, denn in jeder Eucharistiefeier bringen wir mit Brot und Wein die Gaben der Schöpfung, "die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit" zum Altar, damit sie gewandelt werden in Christi Leib und Blut. Was kann eine größere Ehre der Schöpfung und ein größerer Dank an Gott sein, als die Feier dieses heiligen Geheimnisses!
Sicher hat es im Christentum auch immer weltliche Feiern zum Erntedank gegeben. Wer würde nicht die Freude über die vollbrachte schwere Erntearbeit und über die reichen Gaben der Schöpfung in einem fröhlichen Fest ausklingen lassen! Doch steht die Feier des Erntedanks bis heute in engster Verbindung zur Eucharistiefeier.
Der Ursprung des liturgischen Erntedanks liegt vermutlich in der Feier der Quatembertage. Diese Quatembertage werden an vier Wochen im Jahr gehalten, die in etwa mit dem Beginn der vier Jahreszeiten zusammenfallen. Entstanden ist dieser Brauch in Rom - vermutlich als christliche Umdeutung älterer heidnischer Erntefeste - und hat sich später in der gesamten westlichen Christenheit verbreitet.
Traditionell gelten als Quatemberwochen jeweils die Woche nach dem ersten Fastensonntag, nach Pfingsten, nach Kreuzerhöhung (14.9.) und nach Luzia (13.12.). 1971 hat die Deutsche Bischofskonferenz für den deutschsprachigen Raum die Quatemberwochen neu festgelegt und zwar auf die erste Adventswoche, die erste Fastenwoche, die Woche vor Pfingsten und die erste Oktoberwoche. Besonders die beiden Quatemberwochen im Herbst und im Dezember sind seit alters her besonders geprägt vom Dank für die Ernten des Jahres.
Schließlich hat die Fuldaer Bischofskonferenz für ihr Gebiet den ersten Sonntag im Oktober als Erntedanksonntag festgelegt. Die Gemeinden sind aber nicht verpflichtet, dieses Fest auch zu feiern. Überwiegend ist die kirchliche Erntedankfeier in den Gottesdienst integriert. Erntegaben schmücken den Altar oder werden im Gottesdienst zum Altar gebracht. In vielen Gemeinden ist dieser Gottesdienst auch mit einer Solidaritätsaktion zugunsten hungernder Menschen verbunden.

Glaube und Schöpfung

Wir müssen uns wieder neu dessen bewusst werden, welch große Bedeutung der Schöpfung für unseren Glauben zukommt. Dies kann uns auch helfen, zu einer neuen, ganzheitlichen Sicht des Menschseins zu gelangen.
Gott und Welt stehen sich nicht als zwei konträre Mächte gegenüber. Es war schon immer eine große Versuchung, sich im geistlichen Leben ganz von der Schwere der Welt lösen zu wollen, um ganz im Geistigen zu leben. Gott hat die Schöpfung sehr gut gemacht. Die Übel kommen durch die Begierde des Menschen in die Welt, indem er die Gaben der Schöpfung durch verschwenderischen Genuss entehrt, statt sie in Dankbarkeit zu teilen.
Am Anfang des geistlichen Weges steht daher die Bereitschaft zu teilen. "Verkaufe was du hast und gib den Erlös den Armen!" Jesus spricht dieses Wort zu dem reichen Jüngling. Viele sind diesem Ruf Jesu gefolgt. Franziskus hat auf all seinen Besitz verzichtet und jeder, der sich seiner Gemeinschaft anschließen wollte, musste zuerst alles verschenken, was er besaß. Nicht alle können diese Radikalität leben, aber doch kann jeder mit anderen teilen.
Gottes Schöpfung ist nicht da, um zum Besitz einiger weniger zu werden. Wir erleben es heute wieder, wie riesige Ländereien von Superreichen und Großkonzernen aufgekauft werden, wie mit Nahrungsmitteln an der Börse spekuliert wird und so Profit gemacht wird mit dem Hunger der Menschen und einige wenige sich den Gewinn von dem einstecken, was Gott den Menschen als Geschenk geben will.
Die Güter der Erde sind für alle da. Wer sie im Übermaß geschenkt bekommt, der steht zugleich in der Verantwortung, für die zu sorgen, die mit leeren Händen dastehen. Gottes Schöpfung ist nicht dazu da, die Gier einiger weniger zu befriedigen, sondern alle satt und glücklich zu machen.

Doch blicken wir noch etwas tiefer auf die Bedeutung der Schöpfung für unseren Glauben. Glaube ist nicht ohne die Schöpfung möglich. Jesus hat immer wieder Bilder aus der Natur gebraucht, um den Menschen das Reich Gottes anschaulich zu machen. Um seine bleibende Gegenwart unter den Menschen konkret werden zu lassen, hat er sich nicht einen rein geistigen Raum gewählt, sondern er wollte greifbar bleiben und zwar in dem, was das Grundlegendste im Leben eines jeden Menschen ist: das Brot. Was tägliches Nahrungsmittel ist, wird in seiner gewandelten Form Träger von Gottes Gegenwart und Speise zum ewigen Leben.
Damit aber die Verwandlung der Schöpfung geschehen kann, müssen sich die Menschen versammeln, müssen Gott Raum geben in ihrer Mitte. Wenn Menschen so in Dankbarkeit die Gaben der Schöpfung zum Altar bringen, vollzieht sich durch die Worte des Priesters und das Wirken des Heiligen Geistes die Verwandlung der Schöpfung in Christi Leib und Blut. Und diese Wandlung nimmt dann auch die Gläubigen, die an Christi Leib Anteil haben in der Kommunion, hinein in das neue Leben in Christus.

In der Feier der Eucharistie hebt die große Verwandlung der Welt an, die niemals aufgehört hat, Gottes Kosmos zu sein. So wird die Liturgie mit den Schöpfungsgaben von Brot und Wein gefeiert, die in den Leib und das Blut des Herrn verwandelt werden. An diesen Gaben vollzieht sich, was am Ende der Zeiten der ganzen Schöpfung verheißen ist, wenn Christus alles in allem sein wird.
In der Feier der Liturgie bleiben die Gaben der Schöpfung, was sie immer waren, was ihnen aber nach dem Sündenfall verloren ging. Die Verwandlung der Gaben bedeutet nun nicht, dass sie aufhören zu sein, was sie sind, nämlich Brot und Wein, doch werden sie der neuen Schöpfung zugeführt. Nicht, dass es so bleiben soll, wie es ist, es soll aber auch nicht aufhören, das zu sein, was es im Grunde ist, sondern das werden, was es eigentlich ist und was die Sünde entstellt hat.
So führt der Heilige Geist die neue Schöpfung herbei, indem er alles neu macht und vollendet. (Michael Schneider)

Der Dank für die Gaben von Gottes Schöpfung, die uns Nahrung sind für dieses Leben, lässt uns stets auch blicken auf das ewige Leben, nach dem wir verlangen. So beten wir im Gabengebet am Erntedankfest:

Herr, unser Gott,
segne die Früchte der Erde,
die wir in Dankbarkeit darbringen.
Heilige Brot und Wein für das Opfer
und lass uns durch den Empfang
deines Sakramentes Frucht bringen,
die bleibt für das unvergängliche Leben.
Erntedank
Du sorgst für das Land und tränkst es; du überschüttest es mit Reichtum. Der Bach Gottes ist reichlich gefüllt, du schaffst ihnen Korn; so ordnest du alles. Du tränkst die Furchen, ebnest die Schollen, machst sie weich durch Regen, segnest ihre Gewächse. (Ps 65,10-11)

Der Psalm 65 ist ein Lied zum Erntedank. Gott ist es, der für das Land sorgt. Aus seiner Fülle wird die Erde satt. Er tränkt sie mit Regen. Wo kein Regen fällt, verdorrt das Land. Ohne Wasser gibt es keine Pflanzen. Wasser ist lebensnotwendig. Gott schenkt Regen, aber auch wir müssen verantwortungsvoll mit Wasser umgehen, dürfen es nicht achtlos verschwenden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Erde nicht vertrocknet. Wir dürfen die Erde nicht zerstören, indem wir sie ausbeuten, die Böden auslaugen und die Wälder roden. Die Natur kann nicht grenzenlos geben. Wir müssen auf die natürlichen Kreisläufe achten. Gott hat alles geschaffen, was wir zum Leben brauchen, aber wir müssen es bewahren.
Guter Boden bringt unter günstigen Wetterbedingungen und richtiger Pflege reichlich Nahrung hervor. Auch mit den Früchten der Erde müssen wir verantwortungsvoll umgehen. Wir dürfen nicht verschwenderisch einkaufen und dann Nahrungsmittel wegwerfen. Wir können die Produktion von Nahrungsmitteln mitbestimmen. Wenn heute viele Nahrungsmittel in ausbeuterischer Weise hergestellt werden, damit sie billig sind, wenn Böden ausgelaugt und Tiere unter qualvollen Bedingungen gehalten werden, dann sind wir dazu verpflichtet, Lebensmittel zu suchen, die gerecht produziert werden, durch einen verantwortungsvollen Umgang mit Böden und Tieren, auch wenn das teurer ist.
Wir dürfen uns nicht von der Fülle in unseren Regalen blenden lassen. Wenn wir nicht jetzt anfangen, in großem Stil verantwortungsvoller mit der Natur umzugehen, wenn wir nicht wieder lernen, Nahrungsmittel zu schätzen, dann kann diese Fülle schneller verloren gehen, als wir denken. Reichlich gefüllte Bäche sind seit jeher Zeichen für Gottes Segen. Handeln wir so, dass uns dieser Segen erhalten bleibt!
Genügend Wasser und Nahrung bedeutet Ordnung. Das weiß schon der Beter des Psalms. Da, wo Wasser und Nahrung fehlen, bricht leicht die Ordnung zusammen, kommt es zu Feindschaft und Krieg. Es muss die oberste Sorge der Regierungen sein, unsere Umwelt zu schützen, damit die uns auch weiterhin diese Fülle schenken kann. Aber auch jeder einzelne muss hier seinen Beitrag leisten.

Du krönst das Jahr mit deiner Güte, deinen Spuren folgt Überfluss. (Ps 65,12)
Bildner der ganzen Schöpfung, der du die Jahresabschnitte und Zeiten in deiner eigenen Vollmacht festgesetzt hast, segne den Jahreskranz deiner Güte! Bewahre dein Volk und dein Land, auf die Fürbitte der Gottesgebärerin und errette uns!

So heißt es in einem Gebet der Ostkirche. Seit jeher bestimmt der Wechsel der Jahreszeiten und der damit verbundene Kreislauf der Natur das Leben des Menschen. Es gibt Zeiten zum Säen und Zeiten zum Ernten. Heute hat die Landwirtschaft nicht mehr diese lebensbestimmende Bedeutung im Leben des Menschen, ein Großteil der Menschen lebt in den Städten. In unserer Gesellschaft macht sich immer mehr eine Beliebigkeit breit. Immer weniger erleben bewusst den Wechsel geprägter Zeiten. Kirchliche Feste verlieren an Bedeutung. Was davon als Volksbrauch noch lebendig ist, wird immer mehr verwässert. Weihnachtsgebäck gibt es schon am Ende des Sommers, Weihnachtslieder wenigstens ab November. Wie können wir geprägte Zeiten lebendig halten angesichts des Wandels in unserer Gesellschaft?

In der Steppe prangen die Auen, die Höhen umgürten sich mit Jubel. Die Weiden schmücken sich mit Herden, die Täler hüllen sich in Korn. Sie jauchzen und singen. (Ps 65,13-14)

Die ganze Natur stimmt den Lobpreis Gottes an. Noch einmal geht der Blick hinaus in die Welt. Waren da zuerst Bäche und Felder mit reifem Korn, so sind es jetzt die großen Wiesen der Steppe, die grünen Höhen der Berge. Hier weidet das Vieh, Zeichen des Reichtums einer Kultur. Es gibt dem Menschen Fleisch, aber auch andere wichtige Rohstoffe wie Wolle und Leder. Wenn wir all das betrachten erkennen wir: Gott hat alles sehr gut gemacht.

Wir sagen dir Dank, guter Gott,
für die Schönheit deiner Erde und des Meeres,
für den Reichtum der Berge, Ebenen und Flüsse.
Wir sagen dir Dank, Herr,
für die Vögel des Himmels,
die Fische in den Meeren und Flüssen,
für die ganze Tierwelt, die sich auf Erden regt.
Für all diese guten Gaben loben wir dich und bitten,
dass wir Menschen sie schützen mögen,
um ihrer selbst willen und für die,
die nach uns kommen.
Hilf uns, dass wir wachsen in Dankbarkeit
für deine reiche Schöpfung
und in unserer Freude an ihr,
zur Ehre und zum Preis deines Namens,
jetzt und für alle Zeit.
Amen.
Erntedank
Es ist nicht selbstverständlich,
dass wir zu jeder Zeit
prall gefüllte Regale
im Supermarkt antreffen.
Es ist nicht selbstverständlich,
dass wir jeden Tag
das zu Essen kaufen können,
was wir möchten.
Es ist nicht selbstverständlich,
dass wir uns immer
satt essen können.
Denken wir an die Menschen,
die an der Herstellung unserer
Lebensmittel beteiligt sind!
Denken wir an die Menschen,
die nicht genug zu Essen haben!
Denken wir daran,
Gott dafür zu danken,
dass er uns zu Essen gibt!
Es ist immer noch die Erde,
die die Saaten wachsen lässt.
Es braucht auch heute
Menschen, die die Erde bebauen.
Es wird immer Gott sein,
der uns dies alles schenkt.

Lass uns, Herr,
beim Trinken, Essen,
deine Güte nicht vergessen.
Teil uns deine Liebe aus,
füll mit Frieden Herz und Haus.
Allmächtiger Gott, du hast Himmel und Erde erschaffen.
Du hast dem Weltall eine Ordnung gegeben, die wir erkennen und bewundern.
Du hast den Menschen dazu bestimmt, für die Erde zu sorgen,
sie zu bebauen und ihren Reichtum zu nutzen.
Wir freuen uns heute über die Ernte des Jahres
und alles, was wir aus deiner Güte empfangen durften.
Segne die Gaben, die wir dankbar aus deiner Hand empfangen.
Segne uns, damit wir sie mit Besonnenheit gebrauchen
und Sorge tragen für jene, die in Not sind.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. Amen.