Die Heiligen

2.2. P.Alfred Delp SJ

Hl. Alfred Delp

P. Alfred Delp SJ
1907-1945
Ordenspriester
Märtyrer

Ein Leben ist verpfuscht und hohl, wenn sein innerster Raum nicht ein Tempel ist, in dem Gott, dem Herrn, gedient wird.

Am 2. Februar jährt sich der Todestag des Jesuitenpaters Alfred Delp, von dem diese Worte stammen. Er gehört zu den wichtigsten Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus in Deutschland, die ihr Handeln aus dem Glauben und einem christlichen Menschenbild abgeleitet haben.

Alfred wurde am 15. September 1907 als zweites Kind von Maria Bernauer und Friedrich Delp in Mannheim geboren. Seine Eltern heiraten einige Wochen später und zogen nach einigen Jahren ins nahe Lampertheim. Obwohl katholisch getauft, besuchte Alfred Delp nach dem Willen seines protestantischen Vaters die evangelische Volksschule und feierte seine Konfirmation. Erst später trennte sich der Jugendliche von der evangelischen Kirche und empfing die Sakramente der Erstkommunion und der Firmung. Er trat in das Bischöfliche Konvikt in Dieburg ein und begann, sich in der von den Jesuiten geprägten Jugendbewegung 'Bund Neudeutschland' zu engagieren.
Unmittelbar nach dem Abitur im Jahr 1926 trat Alfred Delp ins Noviziat der Jesuiten im vorarlbergischen Tisis bei Feldkirch ein. Er durchlief die ordensüblichen Studien, war 1934 für einige Monate Präfekt am Kolleg St. Blasien und wurde 1937 in München von Michael Kardinal Faulhaber zum Priester geweiht. Ab 1939 war er als Seelsorger in München tätig, ab 1941 als Kirchenrektor von St. Georg in München-Bogenhausen.
Schon früh setzte sich Alfred Delp mit dem Nationalsozialismus auseinander. Seine kritischen Predigten zeigten die Unvereinbarkeit von Christentum und Nationalsozialismus. Er setzte sich aktiv für verfolgte Juden ein.

Wo Konflikt ist, muss gefochten werden, ohne Kompromiss und Feigheit.

So seine deutlichen Worte. Im Jahr 1941 begegnete er in Berlin Helmuth James Graf von Moltke, der ihn für seinen "Kreisauer Kreis" gewann. Delp sollte sich hier vor allem dem Thema einer sozial gerechten Gesellschaft nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft annehmen. Der "Kreisauer Kreis", der im Widerstand gegen den Nationalsozialismus stand, flog nach Graf von Stauffenbergs Attentat vom 20 Juli 1944 auf, seine Mitglieder wurden verhaftet. Alfred Delp wurde am 28. Juli festgenommen und nach Berlin in die Strafanstalt Tegel gebracht. Dort wurde er schwer misshandelt und gefoltert. "Der Herrgott holt uns von allen Postamenten herunter" kritzelte er mit gebundenen Händen auf einen Zettel. Das Angebot einer Freilassung gegen den Ordensaustritt lehnte er entschieden ab.
Mit gefesselten Händen konnte er am 08. Dezember 1944 die Profess ablegen. In seinen letzten Lebenswochen brachte er unter widrigsten Umständen seine Gedanken zu Papier. Sie sind uns in der Schrift "Im Angesicht des Todes" erhalten.
Im Januar 1945 begann gegen ihn vor dem Volksgerichtshof unter dem gefürchteten Richter Roland Freisler der Prozess wegen Hochverrats, Alfred Delp wurde zum Tod verurteilt und im Gefängnis in Berlin-Plötzensee erhängt. Seine Asche wurde auf Feldern verstreut, die Veröffentlichung einer Todesanzeige verboten.

Bekannt sind die Worte von Alfred Delp über den "Rufenden in der Wüste". Jede Zeit braucht Johannesgestalten. Diese Mahnung bekommt eine unerhörte Brisanz, wenn man die Situation bedenkt, in die hinein Alfred Delp diese Worte geschrieben hat, im Angesicht des Todes. Sie haben bis heute nichts von ihrer Dringlichkeit verloren.

Wohl einer Zeit, die ehrlich von sich meinen darf, sie sei keine Wüste. Wehe aber einer Zeit, in der die Stimmen der Rufenden in der Wüste verstummt sind, überschrien vom Tageslärm oder verboten oder untergegangen im Fortschrittstaumel oder gehemmt und leiser geworden aus Furcht und Feigheit. Die Verwüstung wird bald so schrechlich und allseitig geschehen, dass den Menschen das geschriebene Wort Wüste von selbst wieder einfällt. Ich glaube, wir wissen das. ...
Die Johannesgestalten dürfen keine Stunde im Bild des Lebens fehlen. Diese geprägten Menschen, vom Blitz der Sendung und Berufung getroffen. Ihr Herz ist ihnen voraus, und deswegen ist ihr Auge so hellsichtig und ihr Urteil so unbestechlich. Sie rufen nicht um des Rufens willen oder der Stimme wegen. Oder weil sie den Menschen die schönen Stunden der Erde neideten, da sie ja selbst ausgemeindet sind aus den kleinen trauten Kreisen des Vordergrundes. Sie haben den großen Trost, den nur der kennt, der die innersten und äußersten Grenzen des Daseins abgeschritten ist.
Sie rufen den Segen und das Heil. Sie rufen den Menschen vor seine letzte Chance, während sie schon den Boden beben spüren und das Gebälk knistern und die festesten Berge innerlich wanken sehen und die Sterne des Himmels sogar in Ungeborgenheit hängend schauen. Sie rufen den Menschen in die Möglichkeit, die wandernde Wüste, die ihn überfallen und verschütten wird, aufzufangen durch die größere Kraft des bekehrten Herzens. ...
Von diesen Gestalten hängt viel ab für unser Leben. Denn wie sollen wir hören, wenn keiner ruft und das Toben der wild gewordenen Zerstörung und Verblendung wirklich überbietet?

Über die Freude schreibt er:

Was ist die Freude, die wahre Freude? Die Philosophen sagen, es wäre die Zufriedenheit und Gehobenheit des Gemütes über ihm zur Verfügung stehende Güter. Das mag für irgendwelche Phänomene der Freude stimmen, aber die Freude ist das nicht. Wie sollte ich sonst in dieser Zeit und in dieser Lage zu einer wahren Freude kommen? Hat es überhaupt Sinn, sich über die Freude viel Gedanken zu machen? Gehört es nicht zu den Luxusartikeln des Lebens, die in dem schmalen Privatraum, den das Kriegsgespräch zulässt, keinen Platz hat? Und erst recht nicht in einer Kerkerzelle, in der man hin und her pendelt, die Hände in Eisen, das Herz in alle Winde der Sehnsucht gespannt, den Kopf voller Sorgen und Fragen?
Und dann muss es einem in solcher Lage immer wieder geschehen, dass plötzlich das Herz die Fülle des zuströmenden Lebens und Glückes nicht mehr zu fassen vermag. Es gab und gibt die Stunden, in denen man getröstet ist und innerlich gehoben, in denen man die Sachlage genauso real und aussichtslos sieht wie sonst und doch nicht gram wird darüber, sondern es wirklich fertig bringt, das Ganze dem Herrn zu überlassen. Und das ist nun das entscheidende Wort. Die Freude im Menschenleben hat mit Gott zu tun.
Die Kreatur kann dem Menschen in vielerlei Gestalt Freude bringen oder Anlass zu Freude und Freuden sein; aber ob dies echt gelingt, das hängt davon ab, ob der Mensch der Freude noch fähig und kundig ist. ... Wie müssen wir leben, um der wahren Freude fähig zu sein oder zu werden? Die Frage muss uns heute mehr als sonst beschäftigen. Der Mensch soll seine Freude so ernst nehmen, wie er sich selbst nimmt. Und er soll es sich und seinem Herzen und seinem Herrgott glauben, auch in der Nacht und in der Not, dass er für die Freude geschaffen ist. Das heißt aber: für ein erfülltes Leben, das um seinen Sinn weiß, das seiner Fähigkeiten sicher ist, das sich auf dem rechten Weg weiß zu seiner Vollendung und im Bündnis mit allen guten Geistern und Kräften Gottes.
(aus: Alfred Delp, Im Angesicht des Todes)