Die Heiligen

15.7. Bonaventura

Hl. Bonaventura

Bonaventura
ca. 1217-1274
Bischof
Kirchenlehrer

Hl. Bonaventura

"Gutes wird kommen" (bona ventura) soll der hl. Franziskus (1182-1226) ausgerufen haben, als er den Knaben Bonaventura sah. Doch selbst wenn eine direkte Begegnung der beiden Heiligen von ihren Lebensjahren her möglich wäre, so ist sie doch nicht sicher belegt. Sicher aber ist, dass Bonaventura durch seine frommen Eltern die Liebe zum Hl. Franziskus und seinem Orden der Minderbrüder, der sich zu dieser Zeit über ganz Europa ausbreitete, in die Wiege gelegt bekam und dass er als Knabe auf die Fürsprache des Hl. Franziskus geheilt wurde.
Schon früh erkannte man die Begabung Bonaventuras. Um das Jahr 1235 begann er in Paris das Studium der Artes liberales, das dem Theologiestudium voranging. Paris war damals die Universitätsstadt schlechthin und die erste Adresse für das Studium der Theologie. Päpste und andere bedeutende Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens haben dort studiert. Nach dem Abschluss seines Theologiestudiums schlug er als Bakkalaureus der Theologie den Weg der Lehre ein und promovierte 1253/54 zum Magister der Theologie. Aus dieser Zeit stammt das Breviloquium, eine Art Grundkurs der Theologie, in dem Bonaventura die wesentlichen Glaubensinhalte kurz und prägnant darlegt.
Bereits während seiner Studienzeit ist Bonaventura im Jahr 1243 in Paris in den Orden der Minderbrüder eingetreten. Wenn man das Leben des Hl. Franziskus betrachtet, ist es nicht selbstverständlich, dass sich Mitglieder seines Ordens im wissenschaftlichen Lehrbetrieb engagierten. Zudem war das Leben der armen Minderbrüder etwas gänzlich Neues und stieß auch innerkirchlich auf Kritik. Bonaventura war in dieser Zeit einer der eifrigsten Verteidiger der Lebensweise dieses Ordens gegenüber dessen Gegnern. Zudem konnte er auch zeigen, dass die wissenschaftliche Tätigkeit dem Ideal des Ordensgründers nicht widersprach. Somit ist die Festigung des Ordens, zum einen was seine innere Struktur betraf, zum anderen was seine Stellung innerhalb der Gesamtkirche anbelangte, in ganz besonderer Weise dem Wirken des hl. Bonaventura zu verdanken.
Bonaventura ist neben Thomas von Aquin der bedeutendste Gelehrte seiner Zeit. Viele theologische Werke zeugen von dieser Fähigkeit des Heiligen, den man auch "Doctor seraphicus", den "seraphischen Lehrer", nennt. Theologie und Glaube stehen für Bonaventura in einem untrennbaren Zusammenhang. Ohne den Glauben ist es seiner Meinung nach nicht möglich, Theologie zu betreiben oder die Heilige Schrift zu verstehen. Das Studium der Theologie aber dient dazu, den Glauben vertiefen:

Die theologische Beschäftigung mit dem Glaubensgut schenkt denen, die im Glauben vollendet sind, eine tiefe Freude. Denn auf wunderbare Weise wird die Seele erfreut, wenn sie einsehen darf, was sie bereits vollkommen glaubt.
Hl. Bonaventura

Grundlage allen Glaubens und aller Theologie ist die Vereinigung mit dem gekreuzigten Herrn. Man erzählt, dass Thomas von Aquin ihn einmal besucht habe und danach fragte, wo seine Bibliothek sei, aus der er sich so große Kenntnisse erworben habe. Bonaventura zog einen Vorhang zurück und deutete auf den gekreuzigten Christus. Im Vorwort seiner um das Jahr 1260 entstandenen Schrift „Baum des Lebens“ (Lignum Vitae) schreibt er:

"Mit Christus bin ich gekreuzigt" (Gal 2,19). - Wer wahrhaft Gott verehrt und Christi Jünger ist, und daher sich von Herzen danach sehnt, dem Erlöser aller, dem für ihn Gekreuzigten, ganz und gar gleichgestaltet zu werden, der muss vor allem auf eines die Aufmerksamkeit seines Geistes richten: das Kreuz Christi Jesu beständig zu tragen, geistig wie leiblich, bis er das zitierte Wort des Apostels wahrhaftig in sich selbst zu empfinden vermag.

Der Mensch ist fähig, Gott zu erkennen. Er ist, wie Bonaventura es nennt, mit einem dreifachen Auge ausgestattet:

das Auge des Leibes, das Auge des Verstandes und das Auge der Beschauung. Mit dem Auge des Leibes vermag der Mensch die Welt zu sehen und was in ihr ist, mit dem Auge des Verstandes die Seele und was in ihr ist, mit dem Auge der Beschauung aber Gott und was in ihm ist. ... Das Auge der Beschauung freilich betätigt sich in vollendeter Weise erst, wenn der Habitus der Glorie gegeben ist.

Der Mensch besitzt also über seine Fähigkeit hinaus, die Welt um sich herum wahrzunehmen und die Fähigkeit, seinen Verstand zu gebrauchen, auch die Fähigkeit, Gott zu schauen. Diese ist hier auf Erden begrenzt, weil der Blick auf Gott getrübt ist, aber dennoch besitzen wir bereits anfanghaft, was unsere Erfüllung sein wird: Gott ewig zu schauen.

Hl. Bonaventura

Unter den Schriften des hl. Bonaventura nehmen die Predigten einen großen Teil ein. Der Heilige hat sie von seinem Ordenseintritt an bis zu seinem Lebensende an den verschiedensten Orten gehalten hat. Auch wenn er oft in Anwesenheit der päpstlichen Kurie und der königlichen Familie gepredigt hat, nahm er sich genauso Zeit für den geringsten Bruder, der seinen Rat und Zuspruch brauchte.

Er war ein Mann von hervorragender Wissenschaft und ausgezeichneter Redegabe. ... Er war gütig, menschenfreundlich, fromm, barmherzig, reich an Tugenden, geliebt von Gott und den Menschen.

So steht es über Bonaventura in den Akten des Konzils Lyon geschrieben. Es sollte ihm aber nicht gestattet sein, sich allein der Wissenschaft zu widmen. Der Orden hatte größere Aufgaben für ihn. Im Jahr 1257 wurde er zum Generalminister des Ordens gewählt. Nun standen umfangreiche Visitationsreisen auf seinem Programm. Zu Fuß ist er immer wieder in die einzelnen Provinzen des Ordens, der sich mittlerweile fast über ganz Europa ausgebreitet hatte, gereist. Doch dies hinderte ihn nicht, weiter theologische Bücher zu schreiben.
Im Jahr 1273 wurde er vom Papst zum Kardinalbischof von Albano ernannt und empfing in Lyon die Bischofsweihe. Als die Gesandten des Papstes ihm den Kardinalshut überbringen sollten, fanden sie ihn im Kloster beim Geschirrspülen. Er ließ die hohen Herren draußen warten, bis er damit fertig war. Der große Gelehrte achtete selbst die einfachsten Tätigkeiten des Haushalts nicht gering. Auch der Dienst an den Kranken war ihm ein wichtiges Anliegen. Hierzu passt gut ein Ausspruch, der von ihm überliefert ist:

Hl. Bonaventura
Beständige Treue in kleinen Dingen ist eine großartige und heroische Tugend.

Im Jahr 1263 führte Bonaventura im Franziskanerorden das Fest Mariä Heimsuchung ein, an dem der Besuch Marias bei Elisabet im Mittelpunkt steht. Über dieses Ereignis, das in engem Zusammenhang mit der Menschwerdung des Gottessohnes steht, schreibt Bonaventura:

O wenn du doch, und sei es auch noch so wenig, nachfühlen könntest, was für ein gewaltiger Feuerbrand da vom Himmel fiel, welche Erfrischung zu Teil wurde, welcher Trost sich ergoss, wie die jungfräuliche Mutter hier erhöht, wie das Menschengeschlecht hier geadelt wurde, wie sehr sich die Majestät herabgeneigt hat! Wenn du hören könntest, wie die Jungfrau jubelnd sing, wenn du mit deiner Herrin ins Bergland von Judäa aufsteigen, die liebevolle Umarmung der Unfruchtbaren mit der Jungfrau sehen könntest, und den Gruß, in dem der kleine Knecht den Herrn, der Herold den Richter, die Stimme das Wort erkannte:
Ich glaube, dann würdest du mit der seligen Jungfrau in süßer Melodie jenes heilige Lied singen: Meine Seele preist die Größe des Herrn! Und du würdest, wie der kleine Prophet, aufspringen vor Freude über die wunderbare jungfräuliche Empfängnis und voll Jubel anbeten!

Bonaventura hatte bei der Vorbereitung des Konzils von Lyon und dessen ersten Sitzungen eine wichtige Stellung inne. Während dieser Zeit erkrankte Bonaventura und starb am 15. Juli 1274 in Lyon. Er wurde in der dortigen Franziskanerkirche begraben. Als man im Zusammenhang mit dem Heiligsprechungsverfahren im Jahr 1434 sein Grab öffnete, fand man seine Zunge unversehrt. Am 14. April 1482 wurde Bonaventura zur Ehre der Altäre erhoben und 1588 zum Kirchenlehrer ernannt.