Die Heiligen

28.8. Abbas Moses

Abbas Moses

Abbas Moses, der Schwarze
um 330-407
Wüstenvater

Mit Abbas Moses begegnen wir einem Großen unter den Wüstenvätern des 4. Jahrhunderts in Ägypten. Sein Beiname "der Schwarze" weist ihn als Schwarzafrikaner aus. Sein Lebensweg ist ungewöhnlich und spannend. Zeit seines Lebens hatte er mit besonders heftigen Versuchungen zur Unkeuschheit zu kämpfen. Sein Lebenswandel und die große Zahl seiner in den "Apophthegmata Patrum" überlieferten Aussprüche haben bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren.
Über seine Herkunft wissen wir nichts. Um das Jahr 330 wurde er in Äthiopien geboren. Als Sklave kam er nach Ägypten und trat dort in den Dienst eines hohen Staatsbeamten. Doch der hatte keine große Freude an ihm, denn Moses fiel durch seinen schwierigen Charakter und seine Neigung zu Gewalttätigkeiten mehrmals negativ auf. Sogar vor Raub und Mord schreckte Moses nicht zurück.
Schließlich konnte er das Joch der Sklaverei abschütteln und wurde zum Hauptmann einer Räuberbande, die eine ganze Region terrorisierte. Moses liebte die Unzucht und ein ausschweifendes Leben. Er war von großer körperlicher Stärke. Es heißt, dass er sogar einmal den Nil bei Hochwasser durchschwommen hat, um einem Hirten am anderen Ufer Schaffelle zu rauben.
Doch eines Tages hatte er ein einschneidendes Erlebnis, das sein Leben veränderte. Was genau geschah und was ihn dazu bewegt hat, sein bisheriges Leben zu überdenken, wissen wir nicht. Es heißt, dass er ein Kloster ausrauben wollte, dort aber durch die friedliche Lebensweise der Mönche zutiefst beeindruckt war. Nach anfänglichem Zögern nahmen ihn die Mönche auf. Makarius der Große führte ihn in den christlichen Glauben ein und taufte ihn. Abbas Isidor wurde sein Lehrer.
Es sollte noch einige Zeit dauern, bis Moses sich endgültig dazu entschloss, bei den Mönchen der Wüste zu bleiben. Mehrmals musste er gegen die Versuchung ankämpfen, davonzulaufen. Was Moses half, seine Versuchungen zu überwinden, erzählt die folgende Geschichte:

Der Altvater Moses wurde einmal heftig zur Unkeuschheit versucht, und da er es im Kellion nicht mehr aushielt, ging er fort und meldete es dem Altvater Isidor. Der Alte forderte ihn zur Rückkehr in sein Kellion auf, was er aber mit der Begründung ablehnte: "Ich kann es nicht, Vater!"
Abbas Isidor nahm ihn mit sich, führte ihn auf das Hausdach hinauf und sagte zu ihm: "Schau nach Westen!" Er blickte hin und sah eine Menge von Dämonen - unzählbar - die aufgeregt waren und Kriegslärm machten.
Und wiederum sagte der Altvater Isidor: "Schau nach Osten!" Er blickte hin und sah unzählbare Scharen heiliger Engel in Herrlichkeit. Und Abbas Isidor sprach: "Siehe, diese sind den Heiligen vom Herrn zur Hilfe gesandt. Die im Westen, das sind die, die gegen sie Krieg führen. Mehr aber sind die auf unserer Seite."
Und so sagte der Altvater Moses Gott Dank, fasste Mut und kehrte in sein Kellion zurück.

Davon singt die Kirche am Fest des Heiligen:

Da du die schwarzen Dämonen geohrfeigt,
und in ihre Gesichter gespuckt,
erstrahltest du geistlich wie die helle Sonne
durch das Licht deines Lebens,
indem du durch deine Lehre unsere Seelen unterweist.

Der Westen als Ort der untergehenden Sonne gilt in der christlichen Tradition als Ort der Finsternis und der Dämonen. Auch das trutzige Westwerk romanischer Kirchen erinnert daran. Der Osten aber ist der Ort des aufgehenden Lichtes, von dort kommt das Heil. Die Apsis der Kirchen befindet sich im Osten und dorthin wendet sich der Beter. Hier kämpfen die Engel des Lichtes für die Gläubigen.
Mehr aber sind auf unserer Seite. - Ein Wort des Trostes. Auch wenn die Dämonen lärmen und toben, sie sind doch in der Minderzahl. Wir brauchen uns nicht von Unheil und Versuchungen schrecken lassen, denn mit Gottes Hilfe können wir alles überwinden.
Es gilt, nicht davonzulaufen. Gerade dazu wollen uns die Versuchungen verleiten. Siegreich aber können wir nur sein, wenn wir ausharren und uns dem Kampf stellen. Das ist zwar hart, aber nach einer gewissen Zeit werden wir zur Ruhe finden. Wer aber immer wieder davonläuft, der wird keine Ruhe finden, sondern die Anfechtungen werden ihn umso leichter zu Fall bringen.
Abbas Moses hat die Lektion des Isidor gelernt. Später wird auch er seinen Schülern diese Weisung geben:

Ein Bruder kam in die Sketis zu Altvater Moses und begehrte von ihm ein Wort. Der Greis sagte zu ihm: "Fort, geh in dein Kellion und setzte dich nieder, und das Kellion wird dich alles lehren."

Man erzählt von der Demut des Abbas Moses und auch von seiner Nachsicht. Er, der die Versuchung am eigenen Leib erfahren hat, wusste darum, dass es besser war, den Gefallenen aufzuhelfen und ihnen zu verzeihen, als sie zu verurteilen. Davon berichtet folgende Begebenheit:

Ein Bruder in der Sketis war gefallen. Man hielt eine Versammlung ab und schickte zu Abbas Moses. Der aber wollte nicht kommen. Daraufhin sandte ihm der Priester den Auftrag: "Komm, denn das Volk erwartet dich!"
Moses erhob sich und kam. Er nahm einen durchlöcherten Sack, füllte ihn mit Sand und nahm ihn auf die Schulter. Die Brüder gingen ihm entgegen und sagten zu ihm: "Was ist das, Vater?"
Da sprach der Greis zu ihnen: "Das sind meine Sünden. Hinter mir rinnen sie heraus, und ich sehe sie nicht, und nun bin ich gekommen, um fremde Sünden zu richten."
Als sie das hörten, sagten sie nichts mehr zu dem Bruder, sondern verziehen ihm.

Der Ruf der Heiligkeit des Abbas Moses drang aus der Wüste bis in die Stadt und es kamen immer wieder Leute, die ihn sehen wollten und bei ihm Rat suchten. So machte sich auch der Statthalter mit einigen seiner Leute auf den Weg in die Sketis. Einige meldeten dies dem Altvater und er floh an den See. Auf dem Weg dorthin begegnete ihm der Statthalter und sagte: "Zeig uns, Alter, wo das Kellion des Abbas Moses ist!" Er aber antwortete: "Was wollt ihr von ihm? Er ist ein Narr!"
Im Kloster angekommen fragte der Statthalter erneut nach Abbas Moses und berichtete, was er unterwegs erlebt hatte. Als die Mönche das hörten wurden sie betrübt und sagten: "Wie sah der Greis aus, der das gegen den Heiligen gesprochen hat?" - "Ein Greis, in altem Gewand, von hohem Wuchs und dunkelhäutig."
Da sagten sie: "Das war der Abbas Moses, und weil er nicht mit euch zusammentreffen wollte, hat er das zu euch gesagt." - Mit großem Gewinn kehrte der Statthalter heim.

Abbas Moses musste wegen seiner dunklen Hautfarbe manchen Spott von Seiten der anderen Mönche ertragen. Sie wollten damit seine Demut und Heiligkeit auf die Probe zu stellen. Auch am Tag seiner Diakonenweihe wollten sie sehen, ob diese Würde ihn nicht überheblich werden ließ.

Als Moses zum Diakon geweiht wurde und der Patriarch ihm das weiße Schultertuch anlegte, sprach er zu ihm: "Siehe nun bist du ganz weiß geworden, Abbas Moses!" Der Greis aber antwortete ihm: "Ja, das Äußere schon, Papa! - aber das Innere!?"
Der Patriarch wollte ihn nun erproben und sagte zu den Klerikern: "Wenn der Abbas Moses ins Heiligtum tritt, dann weist ihn hinaus und geht hinterher, damit ihr hört, was er sagt."
Der Greis kam nun herein, und sie überhäuften ihn mit Vorwürfen und jagten ihn hinaus mit den Worten: "Fort, hinaus du schwarzer Äthiopier!"
Beim Hinausgehen sagte er zu sich: "Sie haben dir recht getan, du mit deinem aschenfarbigen Gesicht, du Mohr! Nachdem du kein Mensch bist, was gehst du unter die Menschen!"

Diese demütige Haltung ermutigte den Patriarchen, ihn im Alter von sechzig Jahren auch zum Priester zu weihen, eine in der damaligen Zeit seltene Ehre unter den Mönchen.

Wahrscheinlich im Jahr 407 fiel der Berberstamm der Maziken in Ägypten ein und zerstörte auch die Wüstenklöster. Die meisten Mönche flohen, einige harrten aus und wurden von den Invasoren umgebracht, unter ihnen Abbas Moses. Darüber heißt es:

Eines Tages sagte Abbas Moses zu den Brüdern, die bei ihm waren: "Seht, heute kommen die Barbaren in die Sketis. Steht auf und flieht!" Sie aber sagten zu ihm: "Du fliehst also nicht, Abbas?"
Er antwortete ihnen: "So viele Jahre warte ich auf diesen Tag, damit sich das Wort des Herrn Christus erfüllt, der sagt: Alle, die zum Schwert greifen, kommen durch das Schwert um." (Mt 26,52)
Sie sprachen zu ihm: "Dann fliehen auch wir nicht, wir wollen mit dir sterben!" Er aber sprach: "Ich habe keine Schuld daran, jeder soll sehen, wo er eine Stätte findet."
Es waren ihrer sieben Brüder und er sagte zu ihnen: "Seht, die Barbaren sind schon vor der Tür." Sie kamen herein und töteten sie.
Einer von ihnen hatte unter einem Seil ein Versteck gefunden und er sah sieben Kronen herabkommen und sie krönen.
Als Bürger der Wüste und Engel im Leibe
bist du zum Wundertäter geworden,
gottragender Moses.
Durch Fasten, Wachen und Beten
empfingst du himmlische Gaben,
die Kranken und die Seelen,
die voll Glauben zu dir kamen, hast du geheilt.
Ehre sei dem, der dir Kraft gab.
Ehre dem, der dich krönte.
Ehre dem, der durch dich allen Heilung bewirkt.