Die Heiligen

16.10. Hl. Gallus

Gallus

Gallus
um 550-640
Mönch
Einsiedler
Glaubensbote

Gallus wurde um das Jahr 550 in Irland geboren. Damals hatte sich dort der katholische Glaube in einzigartiger Form bewahrt, während er in anderen Gegenden nördlich der Alpen im Zuge der Völkerwanderung vom Heidentum überdeckt worden war. In Irland aber gab es blühende Klöster, die bald ihre Mönche aussandten, um unter den neuen Stämmen Europas den christlichen Glauben zu verkünden. Gallus wurde als Kind dem Kloster Bangor und dem dortigen Abt Kolumban zur Ausbildung übergeben. Walahfrid Strabo schreibt dazu in seiner Lebensbeschreibung des heiligen Gallus:

Da er, der über gute Anlagen verfügte, in liebevoller Zuneigung erzogen wurde, wuchs sein Schatz an Tugenden zusehends. Dank Gottes Gnade, die ihn dazu ausrüstete, sog er die göttlichen Schriften so eifrig auf, dass er aus seinem Wissensschatz Neues und Altes schöpfen konnte. ... Schwer verständliche Schriftstellen erschloss er den Wissbegierigen so weise, dass alle, die seine klugen Worte hörten, ihn für äußerst bewunderungswürdig und lobenswert hielten.

Schließlich wurde Gallus von Abt Kolumban zum Priester geweiht. Als Kolumban um das Jahr 590 beschloss, aus Irland aufzubrechen, um auf dem europäischen Festland zu missionieren, nahm er Gallus mit sich. Sie reisten über Britannien nach Gallien. Dort errichteten sie in den Vogesen das Kloster Luxeuil - das heutige Luxeuil-les-Bains in Frankreich. Neuere Forschungen gehen davon aus, dass Gallus aus der Gegend von Luxeuil stammte und sich dort erst Kolumban anschloss.
Auf Grund von Intrigen am Königshof musste Kolumban zusammen mit Gallus Luxeuil verlassen. Sie wanderten weiter nach Alemannien und zogen die Limmat aufwärts zum Zürichsee. Dort ließen sie sich in einem Ort namens Tuggen nieder. Die Gegend war fruchtbar, aber die überwiegend heidnische Bevölkerung war den Mönchen nicht wohlgesonnen. Vor allem Gallus tat sich darin hervor, heidnische Opferstätten zu zerstören. Doch die Menschen verschlossen ihre Herzen für den Glauben an Christus.
Daher zogen die Mönche weiter und kamen zu dem Kastell Arbon. Da sie aber einen Ort in der Einsamkeit suchten, wies man ihnen den Weg zu den Ruinen einer alten Römerstadt namens Bregenz. Sie setzen mit dem Schiff dorthin über und errichteten ein kleines Kloster, mit Bethaus, Zelle und Garten. Erneut hatten sie mit dem Widerstand der heidnischen Bevölkerung zu kämpfen, die gegen die Zerstörung ihrer Götterbilder protestierte. Kolumban sagte daher über diese Gegend:

Wir haben hier eine goldene Schale gefunden, doch voll von giftigen Schlangen.

Nach drei Jahren wollte Kolumban daher aufbrechen, um nach Norditalien zum Langobardenkönig zu reisen. Gallus jedoch wollte bzw. konnte ihn auf diesem Weg nicht begleiten. Es heißt, dass er zur Zeit des Aufbruchs schwer erkrankte. Kolumban jedoch meinte, er wolle ihm nicht folgen. Er erlaubte Gallus, in jener Gegend zu bleiben, verbot ihm aber, solange er selbst noch am Leben sei, das Messopfer zu feiern.
Gallus suchte sich nun eine neue Bleibe und wollte noch tiefer in die Einsamkeit ziehen. Ein Diakon begleitete ihn. Sie zogen die Steinach hinauf, bis sie zu einem Wasserfall kamen. In dem kleinen See unterhalb des Wasserfalls sahen sie viele Fische. Gallus sah sich den Ort näher an und stürzte plötzlich zu Boden. Sein Begleiter war verwirrt. Gallus aber sagte:

Lass mich, das ist meine Ruhestätte ewiglich, da will ich wohnen, denn ich habe sie erkoren.

Nach dem Gebet nahm Gallus Zweige, formte aus ihnen ein Kreuz und steckte es in die Erde. Er trug aber in einem Gefäß Reliquien der Gottesmutter und der Märtyrer Mauritius und Desiderius bei sich. Diese hängte er an das Kreuz und beide beteten:

Herr Jesus Christus, du hast zum Heil der Menschheit auf dich genommen, von einer Jungfrau geboren zu werden und den Tod zu erleiden. So verachte denn nicht um meiner Sünden willen meinen Wunsch, sondern bereite zu Ehren deiner heiligen Mutter, deiner Märtyrer und Bekenner an diesem Ort eine Wohnstätte, die für den Dienst an dir geeignet ist.

Als nun die Nacht hereinbrach, verharrte Gallus im Gebet. Hier nun trägt sich ein Ereignis zu, das dem heiligen Gallus zu seinem Attribut, dem Bären, gebracht hat:
Angelockt von den Speiseresten der beiden, kam ein Bär zu ihrem Lager. Gallus aber rief ihm zu:

Bestie, ich befehle dir im Namen des Herrn: Hole ein Stück Holz und lege es in das Feuer.

Der Bär gehorchte und kehrte bald mit einem großen Stück Holz aus dem Wald zurück. Daraufhin gab Gallus dem Bären einen Laib Brot und befahl ihm:

Im Namen meines Herrn Jesus Christus: Verlasse dieses Tal. Du sollst auf den umliegenden Bergen und Hügeln unter der Bedingung wohnen dürfen, dass du weder Mensch noch Tier schadest.

Der Bär gehorchte. Der Begleiter des Gallus aber war auf das Geschehene aufmerksam geworden und sah es als Zeichen der Heiligkeit des Mannes Gottes an. Andere Legenden berichten, dass Gallus den Bär auch noch als Holzlieferant für den Bau seiner Zelle eingespannt hat oder ihn ähnlich wie Hieronymus seinen Löwen durch das Herausziehen eines Dornes sich zum Freund gemacht hat.
Mehrere Wunder trugen sich jedenfalls beim baldigen Bau einer Zelle an jenem Ort zu. Ein Balken, der zu kurz war, passte nach dem Gebet des Heiligen plötzlich an die vorgesehene Stelle. So entstand im Jahr 612 die Einsiedlerklause an der Steinach, an deren Stelle nach 719 durch Otmar das Kloster St. Gallen erbaut wurde.

Gallus

Nun brachte das Wirken des heiligen Gallus auch in den Herzen der Menschen Frucht. Gallus lernte die Sprache des Volkes, was sich natürlich als äußerst vorteilhaft für sein Wirken erwiesen hat. Viele Wunder konnte Gallus unter den Menschen wirken.
Es wird berichtet, dass die Tochter des Herzogs Gunzo am Hof von Überlingen schwer krank, ja von einem Dämon besessen war. Gallus wollte erst nicht dorthin kommen. Als andere Priester das Mädchen heilen wollten, verspottete sie der Dämon, weil ihr Lebenswandel nicht ihrer Würde entsprach. Schließlich machte sich Gallus doch auf den Weg nach Überlingen und konnte die junge Frau heilen. Die reichen Geschenke gab er an die Armen weiter. Er wollte nicht einmal, dass daraus ein goldener Messkelch hergestellt würde und sagte:

Mein Meister, der seligste Kolumban, pflegt in ehernen Gefäßen den Herrn das heilbringende Opfer darzubringen, weil man sagt, dass auch unser Heiland mit ehernen Nägeln an das Kreuz geschlagen wurde.

Als man ihn zum Bischof von Konstanz machen wollte, schlug Gallus dieses Ansinnen aus und empfahl stattdessen seinen engen Vertrauten, den Diakon Johannes, der daraufhin auch zum Bischof von Konstanz erhoben wurde. Von Luxeuil kamen Mönche, um Gallus nach dem Tod ihres Abtes als neuen Abt zu gewinnen, doch auch dieses Ansinnen wehrte er ab. Gallus widmete sich ganz dem Aufbau seines Klosters und der Verkündigung des Glaubens. Durch sein segensreiches Wirken erhielt er auch viel Unterstützung beim Ausbau des Klosters und die Zahl seiner Schüler wuchs rasch.
Im Jahr 615 ließ Gallus einen seiner Schüler für ihn alles zur Feier der Eucharistie vorbereiten. Dem verwunderten Schüler sagte er, er habe in einer Vision den Heimgang seines Meisters Kolumban geschaut. Es wurden Nachforschungen angestellt und es zeigte sich, dass der selige Kolumban tatsächlich an diesem Tag von Gott aus dieser Welt gerufen wurde. Somit war das Verbot der Feier der Eucharistie für Gallus aufgehoben.
Als sein eigener Heimgang nahte, erkrankte Gallus schwer. Wenige Tage zuvor war er auf Bitten seines priesterlichen Freundes Willimar nach Arbon hinabgekommen. Weil er zu schwach war, konnte er nicht mehr in seine Zelle zurückkehren und verstarb in Arbon im Alter von 95 Jahren, wie die Legende zu berichten weiß. Sein Freund Johannes, Bischof von Konstanz, setzte eilends über den Bodensee, doch er fand den Freund tot. Er feierte das Totenamt für den Heiligen. Die Kleidungsstücke des Toten aber verteilte man unter die Armen und Kranken und viele Kranke, die sie berührten, wurden auf wunderbare Weise geheilt.
Man fand aber bei dem Heiligen ein Täschchen aus Leder, das er immer bei sich getragen hatte. Darin fand man ein Bußgewand und eine blutbefleckte eherne Kette, die der Heilige als Bußwerkzeuge benutzt hatte. Seine Grabstätte wählte er Heilige selbst. Sein Leichnam wurde auf eine Bahre gelegt und auf den Rücken zweier Pferde gespannt. Man ließ die Pferde frei laufen und sie brachten den Leichnam geradewegs zur Zelle des Heiligen. Dort bettete man den Mann Gottes zur ewigen Ruhe.

Der heilige Gallus hat seine Heimat zurückgelassen, hat alles verlassen, um Christus nachzufolgen. Vom fernen Irland ist er bis an den Bodensee gezogen, um den Glauben zu verkünden. An mehreren Orten hat er sich niedergelassen. An den ersten Orten begegnete ihm heftiger Widerstand, das war nicht sein Platz. So zog er weiter, bis er endlich den Ort fand, den er als für sich bestimmt glaubte.

Das ist meine Ruhestätte ewiglich, da will ich wohnen, denn ich habe sie erkoren.

Hier ließ er sich nieder und sein Wirken brachte nun reichen Segen, für die Menschen und das Land. Viele wurden geheilt. Selbst ein Bär kam und gehorchte seinen Worten und soll der Legende nach beim Bau des Klosters mitgeholfen haben. Hier wollte der Heilige auch begraben sein, und bis heute trägt dieser Ort seinen Namen: St. Gallen.
Der heilige Gallus kann uns ein Vorbild dafür sein, dass auch wir unseren Platz in dieser Welt suchen müssen. Das gelingt oft nicht auf Anhieb, wir merken, dass wir an manchen Orten gegen unüberwindliche Widerstände zu kämpfen haben. Dann gilt es weiterzuziehen und uns von Gott den Ort zeigen zu lassen, den Er für uns bestimmt hat.