Osterzeit

Siebter Sonntag

1.Lesung A

Apg 1,12-14

Als Jesus in den Himmel aufgenommen war, kehrten die Apostel vom Ölberg, der nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück.
Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Zelot, sowie Judas, der Sohn des Jakobus.
Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern.

1.Lesung B

Apg 1,15-26

In jenen Tagen erhob sich Petrus im Kreis der Brüder - etwa hundertzwanzig waren zusammengekommen - und sagte:
Brüder! Es musste sich das Schriftwort erfüllen, das der Heilige Geist durch den Mund Davids im Voraus über Judas gesprochen hat. Judas wurde zum Anführer derer, die Jesus gefangen nahmen. Er wurde zu uns gezählt und hatte Anteil am gleichen Dienst. Denn es steht im Buch der Psalmen: Sein Amt soll ein anderer erhalten!
Einer von den Männern, die die ganze Zeit mit uns zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging, angefangen von der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns ging und in den Himmel aufgenommen wurde, - einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein.
Und sie stellten zwei Männer auf: Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias. Dann beteten sie: Herr, du kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast, diesen Dienst und dieses Apostelamt zu übernehmen. Denn Judas hat es verlassen und ist an den Ort gegangen, der ihm bestimmt war.
Dann gaben sie ihnen Lose; das Los fiel auf Matthias, und er wurde den elf Aposteln zugerechnet.

1.Lesung C

Apg 7,55-60

In jenen Tagen blickte Stephanus, erfüllt vom Heiligen Geist, zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen und rief: Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen.
Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten gemeinsam auf ihn los, trieben ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hieß.
So steinigten sie Stephanus; er aber betete und rief: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Dann sank er in die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Nach diesen Worten starb er.

2.Lesung A

1Petr 4,13-16

Freut euch, dass ihr Anteil an den Leiden Christi habt; denn so könnt ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln. Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr selig zu preisen; denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes, ruht auf euch.
Wenn einer von euch leiden muss, soll es nicht deswegen sein, weil er ein Mörder oder ein Dieb ist, weil er Böses tut oder sich in fremde Angelegenheiten einmischt. Wenn er aber leidet, weil er Christ ist, dann soll er sich nicht schämen, sondern Gott verherrlichen, indem er sich zu diesem Namen bekennt.

2.Lesung B

1Joh 4,11-16

Liebe Brüder, wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben. Niemand hat Gott je geschaut; wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in uns vollendet.
Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns bleibt: Er hat uns von seinem Geist gegeben. Wir haben gesehen und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als den Retter der Welt.
Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott, und er bleibt in Gott. Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen.
Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.

2.Lesung C

Offb 22,12-17.20

Ich, Johannes, hörte eine Stimme, die zu mir sprach: Siehe, ich komme bald, und mit mir bringe ich den Lohn, und ich werde jedem geben, was seinem Werk entspricht. Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. Selig, wer sein Gewand wäscht: Er hat Anteil am Baum des Lebens, und er wird durch die Tore in die Stadt eintreten können. Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt als Zeugen für das, was die Gemeinden betrifft. Ich bin die Wurzel und der Stamm Davids, der strahlende Morgenstern.
Der Geist und die Braut aber sagen: Komm! Wer hört, der rufe: Komm! Wer durstig ist, der komme. Wer will, empfange umsonst das Wasser des Lebens.
Er, der dies bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. - Amen. Komm, Herr Jesus!

Evangelium A

Joh 17,1-11a

In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sprach:
Vater, die Stunde ist da. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht. Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt.
Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast. Ich habe dich auf der Erde verherrlicht und das Werk zu Ende geführt, das du mir aufgetragen hast. Vater, verherrliche du mich jetzt bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war.
Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir, und du hast sie mir gegeben, und sie haben an deinem Wort festgehalten.
Sie haben jetzt erkannt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir ist. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, gab ich ihnen, und sie haben sie angenommen. Sie haben wirklich erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie sind zu dem Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast.
Für sie bitte ich; nicht für die Welt bitte ich, sondern für alle, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein; in ihnen bin ich verherrlicht. Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und ich gehe zu dir.

Evangelium B

Joh 17,11-19

Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast.
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir.
Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllt.
Aber jetzt gehe ich zu dir. Doch dies rede ich noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben.
Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin. Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.
Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.

Evangelium C

Joh 17,20-26

Aber ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast; denn sie sollen eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und die Meinen ebenso geliebt hast wie mich.
Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor der Erschaffung der Welt.
Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt, und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen deinen Namen bekannt gemacht und werde ihn bekannt machen, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und damit ich in ihnen bin.
Weg

Lesejahr A - Leben aus den Heiligen Geist

Sie gingen in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben und verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern. (Apg 1,13-14)

Die Zeit zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten ist geprägt vom Gebet um das Kommen des Heiligen Geistes. Vorbild dafür sind die Apostel, die sich nach der Himmelfahrt des Herrn zusammen mit Maria und den Frauen und Männern aus dem engeren Kreis der Jünger Jesu zum Gebet versammelt haben.
Das genannte Obergemach meint den Raum, in dem Jesus das letzte Abendmahl mit seinen Jüngern gefeiert hat. Lukas berichtet uns noch einmal die Namen der Apostel und zeigt uns auch die wichtige Rolle, die Maria in der Urgemeinde zukam. Auch die anderen Frauen aus dem Gefolge Jesu sind zum Gebet mit den Aposteln versammelt. Es wird von einem Raum berichtet, das bedeutet, dass Frauen und Männer in einem Raum gemeinsam gebetet haben, ein für orientalische Verhältnisse sicher bemerkenswertes Geschehen. Die Urkirche kennt gemäß dem Beispiel Jesu keine Zurücksetzung der Frau im religiösen Leben der Gemeinde.
Die neun Tage zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten haben bis heute als Pfingstnovene eine besondere Bedeutung. Wie die Jünger Jesu beten auch wir in diesen Tagen um den Heiligen Geist.

Himmlischer König, Tröster,
du Geist der Wahrheit,
Allgegenwärtiger, das All Erfüllender,
Schatzhüter der Güter und
Spender des Lebens,
komm, schlage in uns dein Zelt auf
und läutere uns von allem Makel
und errette, Gütiger, unsere Seelen.

Gebet der Ostkirche
1Petr

Auch der Erste Petrusbrief zeigt uns die Bedeutung des Heiligen Geistes für das Leben als Christen.

Freut euch, dass ihr Anteil an den Leiden Christi habt; denn so könnt ihr auch bei der Offenbarung seiner Herrlichkeit voll Freude jubeln. Wenn ihr wegen des Namens Christi beschimpft werdet, seid ihr selig zu preisen. (1Petr 4,12-14a)

Am Ende des Ersten Petrusbriefes steht erneut das Thema der Verfolgung im Mittelpunkt. Eine Prüfung ist über die Gemeinde der Christen gekommen, eine Prüfung, in der entschieden wird, wer es wirklich ernst meint mit dem Glauben und wer lieber dem Mainstream folgen möchte.
Christen müssen immer mit Verfolgungen rechnen. Nach einer langen Zeit, in der das Christentum in unserer Gesellschaft eine dominierende Rolle gespielt hat, rückt es heute wieder mehr an den Rand. In anderen Ländern, besonders in den islamisch geprägten Staaten des Nahen Ostens, sind Christen immer stärkeren Verfolgungen ausgesetzt und fliehen in großer Zahl aus ihren Heimatländern. Hierzulande sind es vor allem linksgerichtete politische Gruppierungen, denen das Christentum ein Dorn im Auge ist.
Falsche Rücksichtnahme gegenüber Andersdenkenden hat bei den Christen jedoch dazu geführt, dass mancherorts nur mehr der Gedanke der Mitmenschlichkeit im Mittelpunkt steht, wobei die Verkündigung des dreifaltigen Gottes in den Hintergrund getreten ist. Dabei sind Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe aus christlicher Sicht nur mit Blick auf die Liebe Gottes erklärbar. Gott ist der Ursprung und das Ziel aller Liebe. Weil Gott uns zuerst geliebt hat, deshalb sind auch wir dazu berufen, alle Menschen zu lieben, diejenigen, die uns nahe stehen, aber auch die Fremden und ja auch unsere Feinde. Christen sind dazu berufen, in der Gesellschaft ein vorbildliches Leben zu führen. Sie sind aber auch dazu berufen, den Glauben an den einen Gott zu verkünden, der in seiner Liebe seinen Sohn gesandt hat, um uns zu heiligen.
Wenn wir für den Glauben an diesen Gott der Liebe beschimpft werden, dann dürfen wir uns freuen. Dann haben wir wahrhaft Anteil an den Leiden Christi, der wegen seiner Liebe zu den Menschen schuldlos hingerichtet wurde. Die wahre Liebe aber trägt auch durch Leiden und Verfolgung und am Ende wird offenbar, wer wirklich aus Liebe gehandelt hat.

1Petr
Denn der Geist der Herrlichkeit, der Geist Gottes, ruht auf euch. (1Petr 4,14b)

Der Erste Petrusbrief nennt hier das, was Christen und Nichtchristen fundamental voneinander unterscheidet. Christen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Heiligen Geist empfangen haben. In seinen Abschiedsreden im Johannesevangelium verheißt Jesus Christus diesen Heiligen Geist seinen Jüngern. In der Apostelgeschichte lesen wir, wie der Heilige Geist an Pfingsten zunächst auf die Jünger herabkommt, dann aber auch auf alle, die gläubig werden und sich taufen lassen.
Nur wer glaubt und sich taufen lässt, kann den Heiligen Geist empfangen. Er ist Gabe und Aufgabe zugleich. Er zeichnet uns Christen aus, aber verlangt zugleich von uns, dass wir ein Leben führen, das seiner würdig ist. Wir Christen müssen unser Leben ordnen, damit wir anderen keinen Grund zum Anstoß geben. Wir müssen uns auszeichnen durch ein "Mehr" an Liebe und Verantwortung für diese Welt. Wir müssen aber auch auf den hinweisen, der unserem Leben Kraft und Richtung gibt.
Gott zuerst, so könnte unser Wahlspruch lauten. Dieses "Gott zuerst" ist aber in keinster Weise ein Ausschluss von Nächstenliebe und Verantwortung für diese Welt. Gerade aus diesem "Gott zuerst" kommt die Kraft zu wahrer Liebe und Mitmenschlichkeit. Wir hören immer wieder von Heiligen, die sich in die Einsamkeit mit Gott zurückziehen, und gerade daraus erwächst eine Strahlkraft, wie sie andere, die mitten in der Welt leben, nur selten erlangen.
Wenn es heißt, dass der Heilige Geist auf uns ruht, so hört sich das zunächst recht statisch an. Mit dem Heiligen Geist verbinden wir aber doch den Gedanken der Dynamik, des Feuers, der lebendigen Kraft. Warum heißt es hier, dass der Heilige Geist auf uns ruht? Vielleicht will der Erste Petrusbrief uns damit aufzeigen, was das Tragende in unserem christlichen Leben ist. Um uns das Getöse der Welt, Herausforderungen, möglicherweise auch Verfolgungen. Aber wir haben das unerschütterliche Siegel des Heiligen Geistes eingeprägt. Wenn wir uns auf ihn verlassen, werden wir alle Widrigkeiten überstehen, und zum Ziel unseres Lebens gelangen.
Wir Christen werden durch den Heiligen Geist, der auf uns ruht, zu Menschen, die in sich ruhen, die in Gott ruhen, und aus dieser Kraft der Ruhe in die Welt hinein wirken. Kein hektischer Aktionismus, keine oberflächliche Hilfe, sondern eine Liebe, die tiefer geht und auf die Verlass ist. Sicher, oft sind wir weit davon entfernt, aber dennoch geben uns diese Worte Mut, uns wieder neu auf unsere Berufung zu besinnen. Um die Kraft dazu bitten wir gerade in den Tagen vor Pfingsten den Heiligen Geist, den Geist Gottes, den Geist der Herrlichkeit.

Komm, Heiliger Geist, Geist Gottes, Geist der Herrlichkeit.
Lass uns ruhen in dir, lass uns stets auf deine Anwesenheit vertrauen.
Heilige uns und erfülle unsere Herzen mit brennender Sehnsucht nach der Wahrheit und dem vollen Leben. Lass uns erkennen, welcher Weg zum Leben führt und zu wahrer Liebe.
Brenne in unsere Herzen die innige Liebe zum Namen Jesu Christi ein und gib uns den Mut, für diesen Namen Zeugnis zu geben.
Entzünde in uns dein Licht, dass wir selbst zum Licht werden, das leuchtet und wärmt und tröstet. Lass unsere schwerfälligen Zungen Worte finden, die von deiner Liebe und Schönheit sprechen. Lass uns mit Wort und Tat Boten deiner Liebe sein.
Schaffe uns neu, dass wir Menschen der Liebe werden, deine Heiligen, Bürger des Reiches Gottes mitten in dieser Welt. Gib unseren Herzen Klarheit und führe uns durch die Wirren dieser Zeit hin zur ewigen Herrlichkeit.
Amen.
Liebe

Lesejahr B - Bleiben und bewahren

Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm. (1Joh 4,16)

Bleiben - Menschen brauchen eine Bleibe, ein Dach über dem Kopf, aber mehr als das, einen Ort, der ihnen Geborgenheit schenkt, Menschen, die Geborgenheit schenken.
Sieh zu, wo du bleibst! Wer einen Menschen so von sich wegstößt, der will nichts mit ihm zu tun haben.
Einen Ort zu haben, wo ich hinkommen kann, wo ich bleiben kann, gerade auch dann, wenn es mir nicht so gut geht und ich Trost und Hilfe brauche, jeder Mensch ist froh, wenn er einen solchen Ort hat.
Was bleibt? Wir sehen, wie alles um uns sich verändert, oft in rasantem Tempo. Gewohnte Strukturen, vertraute Gesichter, die einem heute das Gefühl von Heimat vermitteln, sind vielleicht morgen nicht mehr da. Es wird vieles modernisiert, entpersonalisiert, kommerzialisiert. Und wo bleibt der Mensch?
Bleibt in meiner Liebe. - Gott will uns einen Ort bieten, eine Heimat, die uns immer verfügbar nahe ist, egal wie das drum herum sich ändert. Gott geht nicht weg von einem Tag auf den anderen. Er lässt sich auch nicht wegrationalisieren oder umstrukturieren. Gott bleibt.
Ich bin der ich bin - Gott bleibt immer Gott. Auch wenn alles Vertraute aus meiner Umgebung geschwunden ist - Gott bleibt. Und überall da, wo Menschen in Gott bleiben, kann der Raum wachsen, in dem Menschen wieder neu Heimat und Geborgenheit finden.
Gott, lass mich in deiner Liebe bleiben, lass mich bei Dir Geborgenheit erfahren - und lass mich eine Bleibe sein für andere.

Wenn es also kein denkbares menschliches Verhalten gibt, das als solches unzweideutig als Liebe angesprochen werden könnte, wenn Liebe jenseits aller Entzweiung ist, in der der Mensch lebt, wenn aber alles, was Menschen als Liebe verstehen und üben können, immer nur als menschliches Verhalten innerhalb der gegebenen Entzweiung denkbar ist, dann bleibt hier ein Rätsel, eine offene Frage, was nun für die Bibel Liebe noch sein könne. Die Bibel versagt uns die Antwort nicht. Sie ist uns auch bekannt genug, nur das wir sie immer wieder missdeuten. Sie heißt: Gott ist Liebe (1Joh 4,16).
Dieser Satz ist zunächst um der Klarheit willen mit der Betonung des Wortes Gott zu lesen, während wir uns daran gewöhnt haben, das Wort Liebe zu betonen. Gott ist Liebe, das heißt nicht ein menschliches Verhalten, eine Gesinnung, eine Tat, sondern Gott selbst ist Liebe. Was Liebe ist, weiß nur, wer Gott kennt, nicht aber umgekehrt weiß man erst - und zwar von Natur -, was Liebe ist und daher dann auch, was Gott ist. Gott aber kennt niemand, es sei denn dass Gott sich ihm offenbare (1Joh 4,7f). ... Nicht in uns, sondern in Gott hat die Liebe ihren Ursprung, nicht ein Verhalten des Menschen sondern ein Verhalten Gottes ist Liebe (1Joh 4,10).
Dietrich Bonhoeffer
Nichts soll dich ängstigen,
nichts dich erschrecken,
alles vergeht.
Gott allein bleibt derselbe.
Wer Gott besitzt,
dem kann nichts fehlen.
Gott allein genügt.
(Teresa von Avila)
Jesus

Lesejahr C - Komm, Herr Jesus!

Mit diesem sehnsüchtigen Ruf endet die Offenbarung des Johannes, nachdem der Seher uns den Blick geöffnet hat für die Geheimnisse der irdischen und der himmlischen Welt. Auch Paulus überliefert uns am Ende des Ersten Korintherbriefes diesen Gebetsruf der frühen Kirche:

Marana tha - Unser Herr, komm!

Sehnsüchtig erwartet die Kirche seit dem Fortgang des Herrn bei seiner Himmelfahrt seine Wiederkunft.
Erwarten auch wir den wiederkommenden Herrn, oder haben wir es uns in dieser Welt bequem eingerichtet, dass wir uns von ihm jetzt nicht unbedingt stören lassen möchten?
Bald sollte das Kommen des Herrn erfolgen, doch nun sind schon fast 2000 Jahre seit diesen Ereignissen vergangen. Wo bleibt der Herr? Sicher war seine Verheißung nicht Lug und Trug. Auch wenn sein endgültiges Kommen noch aussteht, so erfahren wir doch stets Zeichen seiner Gegenwart, die uns deutlich machen, dass der Herr schon jetzt mitten unter uns ist.
In den Tagen zwischen Himmelfahrt und Pfingsten vereinen wir uns mit der frühen Kirche im Gebet um den Heiligen Geist. Wie einst der Geist bei jenem ersten Pfingsten die Zungen der Jünger löste und sie zum Zeugnis befreite, so ersehnen auch wir den Geist, dass er uns in alle Wahrheit einführt und zu Zeugen Jesu Christi macht.

Komm!

Nicht erst jenes letzte Kommen des Herrn ist entscheidend, sondern stets ist sein Kommen in die Mitte der Kirche und in das Herz jedes Menschen von größter Bedeutung. Dafür wollen wir uns bereiten, darum wollen wir beten und dieses Kommen ersehnen.

Das Kommen des Herrn verwirklicht sich auch in der treuen Erfüllung unserer Pflichten im Alltag. Um uns darin einzuüben, können uns die folgenden Worte aus der "Philothea" des Hl. Franz von Sales eine Hilfe sein:
"Jedermann weiß, dass man nichts schlechtes wünschen darf. Ich sage noch mehr: Wünsche dir auch nichts, was deiner Seele gefährlich ist. Wünsche dir keine fernliegenden Dinge; manche ermüden und zerstreuen damit ihr Herz ganz unnütz und setzten sich der Gefahr großer Unruhe aus. Die unnützen Wünsche nehmen überdies jenen den Raum, die ich jetzt haben soll: geduldig zu sein, alles auf mich zu nehmen und zu ertragen, mich willig zu fügen, in meinem Leben ruhig zu bleiben; denn das verlangt Gott jetzt von mir.
Statt unnützer Wünsche soll ich vielmehr den hegen, meine augenblicklichen Pflichten gut zu erfüllen. Ich möchte nicht einmal, dass man sich einen besseren Verstand oder ein besseres Urteil wünscht, denn diese Wünsche sind zwecklos; vielmehr sollte man wünschen, seinen Verstand oder sein Urteil, wie sie sind, zu pflegen. Ebenso soll man sich nicht sehnen nach Mitteln, Gott zu dienen, die man nicht hat, vielmehr jene gewissenhaft gebrauchen, die uns zur Verfügung stehen.
Sehne dich nur in dem Maß nach Kreuzen, als du jene gut tragen kannst, die dir bisher auferlegt wurden. Es ist ein Unfug, sich nach dem Martertod zu sehnen, wenn man nicht den Mut hat, eine Beleidigung zu ertragen. Der böse Feind flößt uns eine mächtige Sehnsucht nach fernen Dingen ein, die niemals geschehen werden, um unseren Geist von dem abzulenken, was wir jetzt zu tun haben oder was uns viel nutzen könnte, wenn es auch unscheinbar ist.
Ich sage nicht, dass man alle guten Wünsche fallen lassen, sondern dass man sie regeln soll. Die man jetzt nicht ausführen kann, soll man in einem Winkel des Herzens zurückstellen, bis ihre Zeit gekommen ist, und inzwischen jene ausführen, die reif und jetzt zeitgemäß sind. Das sage ich nicht nur für die geistlichen, sondern auch für alle irdischen Wünsche; sonst leben wir nur in Unruhe und Aufregung.

Joh 17

Jesu Abschiedsgebet - Vollendet in der Einheit

Dies sagte Jesus. Und er erhob seine Augen zum Himmel und sprach: (Joh 17,1a)

Zwischen die langen Abschiedsreden Jesu nach dem letzten Abendmahl und seiner Verhaftung, die den Beginn der Passion darstellt, setzt Johannes das Abschiedsgebet Jesu, auch hohepriesterliches Gebet genannt. Am Beginn des Kapitels steht eine klare Zäsur. Jesus hat zu seinen Jüngern geredet, hat sie gelehrt. Nun erhebt er die Augen zum Himmel und redet zu seinem Vater. Er redet nicht mehr zu den Menschen, sondern zu Gott. Ein solches Reden mit Gott nennen wir Gebet.
Auch die anderen Evangelien berichten uns von einem Gebet Jesu vor der Passion, am Ölberg, kurz vor seiner Verhaftung. Lukas spricht gar davon, dass dieses Gebet so inständig war, dass Jesu schweiß wie Blut zu Boden tropfte. Doch kein anderer Evangelist gibt uns so tiefen Einblick in das Beten Jesu wie Johannes.

Vater, die Stunde ist da. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht. Denn du hast ihm Macht über alle Menschen gegeben, damit er allen, die du ihm gegeben hast, ewiges Leben schenkt. Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast. (Joh 17,1b-3)

Jesus weiß, dass seine Stunde gekommen ist. Es ist die Stunde, von der schon oft im Evangelium die Rede war, die Stunde des Leidens. Die anderen Evangelisten sprechen vom Kelch, dem Kelch des Leidens, vor dem Jesus zurückschreckt, den er aber bereit ist, dem Willen des Vaters gehorsam, anzunehmen.
Jesus blickt zurück auf sein Wirken. Er hat alles getan, was der Vater ihm aufgetragen hat. Nun ist es Zeit, dass er sein Werk vollendet. Diese Vollendung geschieht in der Passion, im Leiden Jesu und seiner Auferstehung. Der Vater wird den Sohn glorreich durch diese Leiden führen und ihn verherrlichen und indem der Sohn den Willen des Vaters an sich geschehen lässt, wird der Sohn den Vater verherrlichen.
Was nun geschehen wird, dient der Verherrlichung Gottes, aber zugleich dem heil der Menschen. In seiner Macht schenkt Gott den Menschen neues, ewiges Leben. Gott wird verherrlicht durch die Rettung der Menschen. Die größte Verherrlichung Gottes geschieht dort, wo das Heil der Menschen entsteht. Es ist unbeschreiblich, wie wichtig für Gott der Mensch ist.
Jesus ist gekommen, um durch die Vollendung des Werkes des Vaters den Menschen ewiges Leben zu schenken. Aber dieses ewige Leben kann nur dort entstehen, wo Menschen bereit sind, sich auf Gottes machtvolles Wirken einzulassen. Das ewige Leben besteht darin, den einzigen wahren Gott zu erkennen und den Sohn, den er gesandt hat.
Das ewige Leben besteht also in der Gottes- und Christuserkenntnis. Im biblischen Sinn bedeutet Erkenntnis nicht nur das Wissen um Gott und Jesus, sondern vor allem das Vertrauen, die personale Beziehung und die Gemeinschaft mit Gott und Jesus. Das ewige Leben verwirklicht sich in Beziehung zu Gott und Jesus Christus. Wer in diese Beziehung eintritt, hat Teil am Leben Gottes.

Guter Gott, ich glaube und weiß, dass alle Dinge in dir leben. Was immer es an Sein gibt, an Leben, an Herrlichkeit, an Freude, an Glück in der ganzen Schöpfung, ist seinem Wesen nach einfachhin und absolut von dir. Was immer wir Gutes tun, geschieht nicht nur durch deine Hilfe, sondern ist eine Nachahmung jener Heiligkeit, die in ihrer Fülle in dir ist.
Oh mein Gott, werde ich dich eines Tages sehen? Werde ich die Quelle jener Gnade sehen, die mich erleuchtet, mich stärkt und mich tröstet? So wie ich von dir kam, so wie ich von dir gemacht wurde, so wie ich in dir lebe, so möge ich am Ende zu dir zurückkehren und bei dir sein für immer und ewig. Amen.
(Kardinal Newman)
Jesus
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir. (Joh 17,11b)

Jesus wird nun seine Jünger verlassen und zum Vater gehen. Sie bleiben in der Welt, sie sind der Versuchung und Bedrängnis ausgesetzt. Darum betet Jesus für seine Jünger zum Vater. Dieses Gebet wird sich fortsetzen, wenn Jesus zum Vater gegangen ist, es ist ein ewiges Gebet. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Jesus um unsere Nöte und Sorgen weiß.
Besonders werden Spaltungen und Streitigkeiten die Jünger Jesu bedrohen, das ist eine Erfahrung, die bereits die Gemeinden gemacht haben, für die Johannes sein Evangelium schreibt. Immer wieder stehen die Jünger vor Entscheidungen. Es kommt zu Veränderungen. Nur noch kurze Zeit ist Jesus bei ihnen ist - was kommt danach? Auch in der Kirche bleibt nicht alles so, wie es ist, auch hier gab es schon immer Veränderung und muss es sie auch weiterhin geben - aber was kommt? - Gott bleibt.

Der Abschied Jesu von den Seinen ist nicht ein Abbruch seines Bleibens bei uns und unseres Bleibens in ihm, sondern der neue Anfang: Der Vater tut, im Sohn bleibend, sein Werk und schickt uns den Geist, der in uns bleibt und so das Bleiben des Sohnes bei uns entdecken lässt. (Klaus Hemmerle)

Veränderung kann der Beginn von etwas ganz Neuem sein. Wenn es auch oft schmerzhaft ist, auf Gewohntes und Vertrautes zu verzichten, kann uns dieser Verlust doch neu aufmerksam machen auf das, was wirklich bleibt. Wir stehen dann ganz neu vor der Frage, ob wir uns nur in äußerlichen Gewohnheiten eingerichtet haben, oder ob wir wirklich in dem sind, der bleibt, in Gott und seiner Liebe. Bei aller Veränderung müssen wir uns auf das besinnen, das bleibt. Es gibt etwas, das durch alle Veränderung hindurch bewahrt werden muss, Gottes Wort und Gottes Wahrheit.
Jesus wusste, was auf die Jünger zukommt. Er wusste um das Festhalten und Verlieren der Menschen. Daher bittet er den Vater, dass er uns bewahre in seinem Namen, in seiner Liebe und in der Einheit und Liebe untereinander.

Sie sahen, wo er wohnte und blieben bei ihm. (Joh 1,39) - So heißt es am Anfang des Johannesevangeliums. Das ganze Evangelium ist eine Antwort auf die Frage: Wie kann ich eine Bleibe finden in Gottes Liebe. In Jesus finden wir diese Bleibe. Wir wohnen und bleiben im Sohn, wie der Sohn im Vater bleibt.
Zugleich aber will "dieser göttliche Lebensraum auch Lebensraum zwischen uns werden, Lebensraum, den wir einander einräumen, auf dass in unserer Einheit der eine Gott sich bezeugen, zum einladenden Lebensraum der Menschen werden kann." (Klaus Hemmerle)
Wenn wir diese Einheit in der Liebe bewahren, wenn wir offen sind für Veränderung - uns dabei aber fest machen in dem, der bleibt, wenn wir in seiner Liebe bleiben und in dieser Liebe auch anderen zur Bleibe werden, dann dürfen wir mit der Zuversicht der Kinder Gottes allen Widrigkeiten hoffnungsvoll entgegenblicken und sicher sein, dass Gott uns in seiner Liebe trägt.

In der Einheit der Jünger wird Gottes Gegenwart in der Welt erfahrbar. Sie spiegelt das Wesen Gottes wieder, das in der Einheit der Dreifaltigkeit besteht. Die Dreifaltigkeit ist eines der tiefsten Mysterien des christlichen Glaubens. Gott hat sich uns offenbart als Vater, Sohn und Heiliger Geist und doch sind es keine drei Götter, sondern ein Gott. Die Theologie hat versucht, dieses Geheimnis zu erklären, indem sie die Unterscheidung von Person und Wesen formuliert hat. Gott existiert in drei Personen, die eines Wesens miteinander sind. Materiell können wir uns eine Person nur als ein selbständiges Individuum vorstellen. Uns ein rein geistiges Wesen vorzustellen, in dem drei Personen eins sind, ist uns nahezu unmöglich.
Jesus, was das Wesen Gottes ist, das diese Einheit bewirkt: Es ist die Liebe. Die drei göttlichen Personen zeichnen sich dadurch aus, dass sie in vollkommener Liebe eins sind. Und wieder fällt es uns schwer, uns ein solches Wesen vorzustellen, das ganz aus Liebe besteht. Es kann uns helfen, dies zu verstehen, wenn wir Gottes Wirken an uns bedenken. Gott behält seine Liebe nicht für sich, sondern will alle Menschen damit beschenken. Der Mensch ist fähig, diese Liebe von Gott zu empfangen. Durch die Liebe entsteht Einheit. Sie ist das Band, das die Menschen untereinander und mit Gott verbindet.

Jesus
Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein. (Joh 17,21)
Nichts bereitet so viel Ärgernis, wie die Spaltung untereinander. Wenn die Gläubigen aber eins sind, baut das den Glauben auf. (Johannes Chrysostomus)

Beten wir um diese Liebe, um die Einheit in der Liebe, die zu allen Zeiten die Menschen so sehr nötig haben. Es gibt so viele Spaltungen zwischen den Menschen, in den Familien, unter den Christen unter Völkern und Religionen.
Komm Heiliger Geist! Entzünde in uns das Feuer göttlicher Liebe, das allen Hass besiegt. Von dieser Liebe durchdrungen führe uns zur Einheit mit allen Menschen und mit Gott.

Die heilige Therese von Lisieux machte bei ihrer ersten heiligen Kommunion in ganz besonderer Weise die Erfahrung des Einsseins mit Gott in der Liebe. Sie schreibt von einer Verschmelzung, einer Fusion mit dem Geliebten, mit Jesus. Aus Zweien ist eine untrennbare Einheit geworden. Sie hat sich ganz verwandelt in die Gestalt des Geliebten. Das ist für sie das höchste Glück und die größte Freude.

Oh, wie zärtlich war der erste Kuss, den Jesus meiner Seele gab! Ja, es war ein Kuss der Liebe! Ich fühlte mich geliebt, und auch ich sagte: Ich liebe Dich und schenke mich Dir auf ewig! Keine Bitte richtete Jesus an mich, und kein Opfer forderte Er von mir. Schon seit langem hatten Er und die kleine Theresia einander betrachtet und verstanden... An diesem Tag aber war unsere Begegnung kein bloßer Anblick mehr, sondern es war ein Verschmelzen. Wir waren nicht mehr zwei, sondern wie ein Wassertropfen sich im Schoße des Ozeans verliert, so war Theresia verschwunden. Jesus allein blieb. Er war der Herr, der König! ... Von Freude, von tiefer und unaussprechlicher Freude war mein Herz erfüllt.
Jesus
Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast. (Joh 17,22)

Die Herrlichkeit Gottes, von der Jesus hier spricht, ist eines der Leitmotive des Johannesevangeliums. Bereits im Prolog heißt es:

Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. (Joh 1,14)

Diese Herrlichkeit offenbart Jesus in seinem Leben und Wirken, so beispielsweise auf der Hochzeit zu Kana:

So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn. (Joh 2,11)

An dieser Herrlichkeit hat Jesus seinen Jüngern Anteil gegeben. Er hat sie berufen, sie sind ihm nachgefolgt. Je mehr ein Mensch wächst in der Nachfolge Jesu, desto größer wird sein Anteil an der Herrlichkeit des Herrn und je mehr ein Mensch diese Nachfolge lebt, desto stärker erstrahlt Gottes Herrlichkeit in der Welt.
Jesus macht deutlich, dass ein unerlässliches Merkmal der Jünger und eine Grundbedingung für die Anteilhabe an Gottes Herrlichkeit die Einheit ist: Die Einheit mit Gott und die Einheit untereinander. Kein Mensch kann sich anmaßen, getrennt von dieser Einheit ein Bote von Gottes Herrlichkeit zu sein.
Somit ist dieser erhabene Dienst des Menschen als Bote der Herrlichkeit Gottes nichts, das sich ein Mensch selbst nehmen kann. Er wird dazu berufen und gesandt von Gott und es ist nicht menschliches Verdienst, sondern allein Gottes Gnade, die den Menschen Anteil an seiner Herrlichkeit gewährt.
Herrlichkeit ist untrennbar mit Liebe verbunden, jener Liebe, die in Gott Vater, Sohn und Heiligen Geist vereint und die den dreifaltigen Gott mit den Menschen verbindet. Beda Venerabilis sagt:

Mit Herrlichkeit meint er die Liebe, mit der er selbst geliebt worden ist vor der Erschaffung der Welt. In jener Herrlichkeit hat er uns von Ewigkeit her geliebt.

Diese Liebe Gottes ist in Jesus Christus den Menschen offenbar geworden:

In Christus ist die Doxa, die göttliche Herrlichkeit, aufgeschienen, ja Christus selbst ist die Wahrheit, die Offenbarung und Sichtbarkeit der göttlichen Herrlichkeit. Und diese Herrlichkeit ist in ihrem tiefsten Wesen nichts anderes als die Überfülle der Charis, der Huld und Güte Gottes. In Christus hat sich das göttliche Geschehen von Herrlichkeit, Wahrheit und Liebe sichtbar in unserer Welt ereignet. (Medard Kehl)

Christus ist die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes. Doch nicht alle haben sie erkannt. Jene aber, die sie erkannt haben, sind zu Zeugen berufen. Jesus sendet seine Jünger aus, um von der Herrlichkeit Gottes Zeugnis zu geben, an der sie selbst durch ihre Nachfolge Anteil erhalten haben. Nur durch dieses ständige Zeugnis der Jünger Jesu, in ihrem Dienst an Gott, ihrer Einheit und im Erweis der Liebe kann die Welt vom Glanz der Herrlichkeit Gottes erfahren. In ihrem Auftreten sollen sie sich das Beispiel Jesu zum Vorbild nehmen.

Der Liebe ist es eigen, sich mitzuteilen, ohne den anderen überwältigen und an sich reißen zu wollen. Ihre Macht und Herrlichkeit zwingt den Geliebten nicht auf die Knie, nein, sie öffnet sich ihm in demütig wartender und hingebender Bereitschaft und lässt sich ihn von ihm selbst her schenken. Deswegen lehnt sie auch jede Macht- und Prachtentfaltung ab und verbirgt ihre eigenste Hoheit und Schönheit im anspruchslos-unscheinbaren Dienst. Diese Herrlichkeit offenbart Gott in Christus, und gerade weil es die Offenbarung seiner herrlichen Liebe ist, bleibt sie zugleich auch Verhüllung und Verbergung seiner Größe. Gottes Herrlichkeit offenbart und verbirgt sich in einem Menschen, um den Menschen ihre höchste, von Gottes Liebe so ersehnte Antwort zu ermöglichen: ihm ihre Liebe zu schenken. (Medard Kehl)

Somit ist Gottes Herrlichkeit in der Welt auch immer gefährdet, nicht weil sie nicht machtvoll genug wäre, sich zu offenbaren, sondern weil sie in ihrer Liebe auf ihre Macht verzichtet. Doch gerade diese ohnmächtige Liebe entfaltet ihre Kraft, wenn sie im Vertrauen auf Gott gelebt wird. Denn sie entwaffnet die Mächtigen und zwingt die Stolzen auf die Knie, wenn diese erfahren, dass sich hier nicht gleich und gleich gegenüberstehen.
Es gehört Mut dazu, diese Liebe zu leben. Es bedeutet Selbstaufgabe und Hingabe an den, der die Macht und Herrlichkeit der Liebe in sich enthält. Doch Jesus traut uns zu, Anteil an seiner Herrlichkeit zu empfangen. Öffnen wir ihm unser Herz und lassen wir uns immer mehr von ihm beschenken!