Unsere Liebe Frau in Jerusalem
Der Gedenktag Unserer Lieben Frau in Jerusalem geht zurück auf die Weihe der Kirche "Sancta Maria Nova" in Jerusalem unter Kaiser Justinian I. im November 543. Im 7. Jahrhundert ist dieser Festtag im Osten allgemein verbreitet. Ab dem 11. Jahrhundert wird er auch im Abendland begangen und im 14. Jahrhundert für die gesamte katholische Kirche festgeschrieben.
Im Osten hat das Fest den Namen "Eintritt unserer allheiligen Herrin, der Gottesgebärerin und immerwährenden Jungfrau Maria, in den Tempel". Im Westen war es unter dem Namen "Mariä Tempelgang" oder "Mariä Opferung", lateinisch Praesentatio Beatae Mariae Virginis, bekannt, bis es dann durch die Liturgiereform des 2. Vatikanischen Konzils die Bezeichnung "Gedenktag Unserer Lieben Frau in Jerusalem" erhielt.
Der Inhalt des Festes geht auf die Schilderung des Marienlebens im apokryphen Protoevangelium des Jakobus zurück. Dieses erzählt die Geschichte von der Geburt Mariens. Ihre Eltern, Joachim und Anna, waren lange Zeit kinderlos. Joachim war Priester am Tempel in Jerusalem und wurde ebenso wie seine Frau wegen seiner Kinderlosigkeit verspottet. Doch Gott hörte auf die Bitte der beiden Eheleute und schenkte ihnen ein Kind, das sie Maria nannten. Diese Darstellung finden Sie auf der Seite zum Gedenktag von Joachim und Anna.
Als nun Maria heranwuchs, wollten ihre Eltern sie, wie sie es Gott versprochen hatten, in den Tempel des Herrn bringen. Im Protoevangelium des Jakobus heißt es:
"Als der dritte Geburtstag des Mädchens kam, sprach Joachim: Lasst uns die reinen Töchter der Hebräer rufen! Jede soll eine Fackel nehmen, und diese sollen brennend gehalten werden, damit es sich nicht umdreht und nicht vom Tempel des Herrn weggelockt wird.
Und sie machten es so, bis sie zum Tempel des Herrn hinaufkamen. Der Priester des Herrn nahm das Mädchen in Empfang, küsste und segnete es mit den Worten: Groß gemacht hat Gott, der Herr, deinen Namen in allen Geschlechtern. An dir wird der Herr am Ende der Zeit den Söhnen Israels die Rettung offenbar machen.
Er setze es auf die dritte Stufe des Brandopferaltars, und Gott, der Herr, gab ihm Freude ein. So tanzte es mit seinen Füßen, und ganz Israel gewann es lieb. Seine Eltern stiegen voll Staunen hinab, lobten und priesen Gott, den Herrn, dass es sich nicht nach ihnen umgedreht hatte."
Gott, der Herr, gab dem Mädchen Freude ein.
Dieser Satz ist für mich das Zentrum der Geschichte. Die kleine Maria ist nicht traurig darüber, dass ihre Eltern sie in den Tempel bringen. Sie weiß sich hier an ihrem Platz, Gott ganz nahe.
Der historische Gehalt der apokryphen Evangelien ist umstritten. War es wirklich so, oder haben es sich fromme Menschen so im nachhinein vorgestellt? Wir wissen es nicht. Wichtig aber ist, dass Marias Herz schon immer bei Gott war. Gott, der Herr, ist ihre Freude, wie sie später auch im Magnifikat singt:
Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott meinen Retter (Lk 1,46f.).