Osterzeit

Fünfter Sonntag

1.Lesung A

Apg 6,1-7

In diesen Tagen, als die Zahl der Jünger zunahm, begehrten die Hellenisten gegen die Hebräer auf, weil ihre Witwen bei der täglichen Versorgung übersehen wurden. Da riefen die Zwölf die ganze Schar der Jünger zusammen und erklärten: Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und uns dem Dienst an den Tischen widmen. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf und voll Geist und Weisheit; ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen. Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben.
Der Vorschlag fand den Beifall der ganzen Gemeinde, und sie wählten Stephanus, einen Mann, erfüllt vom Glauben und vom Heiligen Geist, ferner Philippus und Prochorus, Nikanor und Timon, Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochia. Sie ließen sie vor die Apostel hintreten, und diese beteten und legten ihnen die Hände auf. Und das Wort Gottes breitete sich aus, und die Zahl der Jünger in Jerusalem wurde immer größer; auch eine große Anzahl von den Priestern nahm gehorsam den Glauben an.

1.Lesung B

Apg 9,26-31

In jenen Tagen, als Paulus nach Jerusalem kam, versuchte er, sich den Jüngern anzuschließen. Aber alle fürchteten sich vor ihm und konnten nicht glauben, dass er ein Jünger war. Barnabas jedoch nahm sich seiner an und brachte ihn zu den Aposteln. Er erzählte ihnen, wie Saulus auf dem Weg den Herrn gesehen habe und dass dieser mit ihm gesprochen habe und wie er in Damaskus mutig und offen im Namen Jesu aufgetreten sei. So ging er bei ihnen in Jerusalem ein und aus, trat unerschrocken im Namen des Herrn auf und führte auch Streitgespräche mit den Hellenisten. Diese aber planten, ihn zu töten. Als die Brüder das merkten, brachten sie ihn nach Cäsarea hinab und schickten ihn von dort nach Tarsus. Die Kirche in ganz Judäa, Galiläa und Samarien hatte nun Frieden; sie wurde gefestigt und lebte in der Furcht vor dem Herrn. Und sie wuchs durch die Hilfe des Heiligen Geistes.

1.Lesung C

Apg 14,21b-27

In jenen Tagen kehrten Paulus und Barnabas nach Lystra, Ikonion und Antiochia zurück. Sie sprachen den Jüngern Mut zu und ermahnten sie, treu am Glauben festzuhalten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen. In jeder Gemeinde bestellten sie durch Handauflegung Älteste und empfahlen sie mit Gebet und Fasten dem Herrn, an den sie nun glaubten.
Nachdem sie durch Pisidien gezogen waren, kamen sie nach Pamphylien, verkündeten in Perge das Wort und gingen dann nach Attalia hinab. Von dort fuhren sie mit dem Schiff nach Antiochia, wo man sie für das Werk, das sie nun vollbracht hatten, der Gnade Gottes empfohlen hatte. Als sie dort angekommen waren, riefen sie die Gemeinde zusammen und berichteten alles, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte.

2.Lesung A

1Petr 2,4-9

Kommt zum Herrn, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist. Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen. Denn es heißt in der Schrift: Seht her, ich lege in Zion einen auserwählten Stein, einen Eckstein, den ich in Ehren halte; wer an ihn glaubt, der geht nicht zugrunde.
Euch, die ihr glaubt, gilt diese Ehre. Für jene aber, die nicht glauben, ist dieser Stein, den die Bauleute verworfen haben, zum Eckstein geworden, zum Stein, an den man anstößt, und zum Felsen, an dem man zu Fall kommt. Sie stoßen sich an ihm, weil sie dem Wort nicht gehorchen; doch dazu sind sie bestimmt.
Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.

2.Lesung B

1Joh 3,18-24

Meine Kinder, wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit. Daran werden wir erkennen, dass wir aus der Wahrheit sind, und werden unser Herz in seiner Gegenwart beruhigen.
Denn wenn das Herz uns auch verurteilt - Gott ist größer als unser Herz, und er weiß alles.
Liebe Brüder, wenn das Herz uns aber nicht verurteilt, haben wir gegenüber Gott Zuversicht; alles, was wir erbitten, empfangen wir von ihm, weil wir seine Gebote halten und tun, was ihm gefällt.
Und das ist sein Gebot: Wir sollen an den Namen seines Sohnes Jesus Christus glauben und einander lieben, wie es seinem Gebot entspricht. Wer seine Gebote hält, bleibt in Gott und Gott in ihm. Und dass er in uns bleibt, erkennen wir an dem Geist, den er uns gegeben hat.

2.Lesung C

Offb 21,1-5a

Ich, Johannes, sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr.
Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat.
Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen : Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.

Evangelium A

Joh 14,1-12

Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott, und glaubt an mich!
Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?
Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr.
Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?
Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen.
Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns.
Jesus antwortete ihm: Schon so lange bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke.
Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, glaubt wenigstens aufgrund der Werke!
Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater.

Evangelium B

Joh 15,1-8

Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Winzer.
Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab, und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt. Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe.
Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen, und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.
Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.
Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.

Evangelium C

Joh 13,31-35

Als Judas hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm verherrlicht.
Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen, und er wird ihn bald verherrlichen.
Meine Kinder, ich bin nur noch kurze Zeit bei euch.
Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.
Weg

Jesu Abschiedsreden

Die Texte der Evangelien der verschiedenen Lesejahre vom fünften bis zum siebten Sonntag der Osterzeit sind den Abschiedsreden Jesu aus dem Johannesevangelium entnommen. In ihnen hat Jesus seine Jünger auf die Zeit nach seiner Auferstehung vorbereitet. Zugleich geben die Lesungstexte Zeugnis von dieser Zeit, als mit Jesu Auferstehung und dem Pfingstereignis die Kirche entstanden ist und begonnen hat, sich über die ganze Welt auszubreiten.

Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich! (Joh 14,1)

Diesen Satz sagt Jesus zu seinen Jüngern, nachdem er beim letzten Abendmahl in der Fußwaschung ein Zeichen der Liebe Gottes gesetzt hat, aber auch, nachdem Judas der Verräter die Gemeinschaft der Jünger verlassen hat.
Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Das Herz des Judas war verwirrt, er hat Jesu Liebeszeichen nicht verstanden. Judas ist ein Beispiel für die Vielen, die Gott nicht verstehen, die sich abwenden von Gott, ein Beispiel auch für die Vielen, die keine Heimat finden in der Gemeinschaft der Glaubenden und sie verlassen.
Jesus will seine Jünger ermutigen, zu ihm zu stehen, auch wenn sie ihn nicht verstehen können, auch wenn sie nicht verstehen, was nun mit ihm geschehen wird in seinen Leiden und seiner Kreuzigung. Er will aber auch alle Menschen ermutigen, die nicht verstehen können, was mit ihnen als Glaubenden geschieht. Warum müssen auch die Glaubenden leiden, werden verfolgt und bedrängt?
Jesus bereitet seine Jünger auf harte Zeiten vor. Die Worte Jesu sind aber zugleich auch ein Spiegel der Situation, in der die Christen in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts, als das Evangelium geschrieben wurde, stehen. Auch sie erfahren Bedrängnis, Ablehnung von außen und Streit im Innern der Gemeinden. Von dieser Bedrängnis geben auch ganz besonders der erste Petrusbrief und die Offenbarung des Johannes Zeugnis.
Was hilft, in der Bedrängnis auszuhalten ist allein der Glaube an den liebenden Gott, das vertrauen darauf, dass Gott immer da ist, auch wo wir ihn nicht erkennen können. Was hilft, ist das unerschütterliche Vertrauen auf die Liebe Gottes, der keinen Menschen zurückweist. Wir glauben an einen Gott, der Liebe ist. Gott ist nicht der strafende Gott, der den Menschen Angst macht, der Menschen durch Angst zum Glauben zwingen will.
Unser Gott, der Vater Jesu Christi, ist ein Gott der Liebe, der seine Arme offen hält für alle, die ihn suchen, der selbst dem Verlorenen nachgeht, um ihm auch in der größten Gottesferne, in die dieser sich begibt, nahe zu sein. Der Glaube, von dem Jesus redet, ist das feste Vertrauen auf diesen liebenden Gott, der mich nicht verstößt, egal was ich getan habe.
Mit diesem gläubigen Vertrauen darf ich Gott begegnen. Ich bin Gottes geliebtes Kind. Ich glaube an einen Gott, der mich kennt und liebt. Der Glaube an Gott ist eine lebendige Beziehung. Deshalb darf ich Gott auch nicht sehen wie einen Automat, der auf mein Gebet hin meine Wünsche erfüllt. Einen solchen Glauben dürfen Kinder haben, als Erwachsene aber müssen wir immer mehr nach der Begegnung mit Gott suchen.
Wie eine Beziehung mich verändert, so verwandelt mich auch dieser lebendige Glaube. Ich verstehe immer mehr Gottes Wege, finde Antworten auf meine Fragen abseits vom Schwarzweißdenken. Ich entdecke, dass die Frage nach dem warum? nicht die wichtigste Frage im Leid ist. Ich erkenne Gott immer mehr und seine Liebe, die sich mir offenbart.
Als Glaubender brauche ich nicht wie ein Sklave ängstlich umherschleichen in der ständigen Furcht davor, dass mich eine strafende Peitsche schlägt. Wie oft bringt der Glaube solch skrupelhafte Menschen hervor. Jesus Christus hat uns durch seinen Tod und seine Auferstehung befreit zu neuem Leben. Leben wir dieses neue Leben in seiner ganzen Fülle!

Jesus, Liebe aller Liebe, du warst stets in mir, und ich vergaß es. Du warst zutiefst in meinem Herzen, und ich suchte dich anderswo. Als ich fern von dir war, hast du mich erwartet. Und jetzt wage ich, zu dir zu sagen: Auferstandener, du bist mein Leben. (Gebet aus Taize)
Weg

Lesejahr A - Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben

Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. - Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten. - Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. (Joh 14,2-3)

Immer wieder hat Jesus seinen Jüngern die enge Verbindung zwischen ihm und dem Vater im Himmel deutlich gemacht. Obwohl Jesus auf Erden scheinbar von seinem Vater getrennt ist, ist er doch eins mit ihm. Der Himmel ist keine ferne Welt, die mit der Erde nichts zu tun hätte. Der Himmel Gottes und die Erde der Menschen gehören beide zu Gott. Die Erde als Schöpfung Gottes ist kein Ort der Gottferne, sondern sie ist der Ort, an dem der Mensch Gott begegnen kann.
In Jesus Christus ist Gott den Menschen auf Erden in ganz besonderer Weise nahe gekommen und er bleibt ihnen nahe, bis er sie nach diesem Leben an einen Platz bei sich im Himmel holt. Jesus selbst ist der Weg, der von der Erde zum Himmel führt. Wer ihm glaubt, wer ihm nachfolgt, der wird eins mit Jesus, so wie Jesus eins ist mit dem Vater. Doch den Jüngern fällt es schwer, das zu verstehen.

Mein Jesus, ich möchte dir dienen, und finde den Weg nicht, ich möchte dich finden, und finde den Weg nicht, ich möchte dich lieben, und finde den Weg nicht.

Ähnlich wie es Philipp Neri in diesem Gebet zum Ausdruck bringt, mag es auch den Jüngern ergangen sein, als Jesus zu ihnen davon sprach, dass er nun bald zum Vater gehen werde und dass auch sie ihm dorthin folgen würden. Jesus bereitet für sie beim Vater eine Wohnung und sie kennen den Weg dorthin - so behauptet es zumindest Jesus. Doch wem liegt da nicht die Frage des Apostels Thomas auf der Zunge: "Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?" Hilft die Antwort Jesu wirklich weiter, wenn er sagt: "Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich." Gott kennt jeden einzelnen von uns, er ist keinem von uns fern, doch wir sehen Gott oft nicht, erkennen seinen Willen nicht, irren ziellos umher. Ja, Herr, ich will dir dienen, aber wie? So vieles strömt auf uns ein, so viele Stimmen, so viele Wege. Auf welche Stimme soll ich hören? Welchen Weg soll ich gehen? Es ist schwer, unsere eigenen Wünsche vom Willen Gottes zu unterscheiden, es ist schwer, unter all den vielen Stimmen die Stimme Gottes zu hören, es ist schwer, dann auch wirklich das zu tun, was Gott von uns will. Diese Erfahrung hat jeder schon gemacht, der sich ernsthaft darum bemüht, den Willen Gottes zu tun.
"Euer Herz lasse sich nicht verwirren!" Wenn wir den Weg mit Jesus gehen wollen, müssen wir unser Herz und unsere Sinne einüben, wir müssen lernen, seine Stimme von den anderen Stimmen zu unterscheiden. Jesus sagt: "Ihr kennt den Weg!" Er traut uns zu, dass wir seine Stimme erkennen. Wie können wir das lernen?
Ich meine, dass wir den Weg, der Jesus ist und der zum Vater führt, dann finden, wenn wir immer auf Jesus schauen, wenn wir seine Worte in der Heiligen Schrift betrachten, wenn wir bei allen Entscheidungen fragen, was uns näher zu Jesus führt. Jesus wird uns selten ein ganz konkretes Wegzeichen schicken, und doch wird es nie so sein, dass wir nicht erkennen könnten, wohin wir gehen sollen. Wir müssen immer wieder nach der richtigen Richtung suchen, und wenn wir suchen, wird Jesus uns den Weg auch zeigen. Sicher werden wir manchmal verwirrt in die falsche Richtung laufen. Doch wir werden dann bald erkennen, dass uns dieser Weg nicht näher zu Jesus führt. Dann heißt es umkehren. Wir müssen auf jeden Fall immer den Mut haben, von einem falschen Weg umzukehren, wenn wir deutlich merken, dass er uns nicht näher zu Jesus führt, auch wenn noch so viel für diesen Weg zu sprechen scheint, auch wenn das Ziel noch so erstrebenswert erscheint. Das höchste Ziel kann ein falsches Ziel sein, wenn es nicht das ist, das Jesus von uns möchte.
Jesus will, dass wir zu ihm kommen in die Wohnungen, die er für uns beim Vater bereitet hat. Jesus will, dass wir das Leben in Fülle bei ihm haben. Wir aber sind oft blind und taub, lassen uns verwirren und kommen vom Weg ab. Herr, öffne du unsere Augen, unsere Ohren und unser Herz, dass wir deinen Weg sehen, dass wir deine Stimme hören, dass wir uns öffnen für die Liebe, die du uns schenken möchtest.

Heilige Schrift
So viele Wege,
so viele Meinungen
und Leben will ich,
wie es mir gefällt!

Völlig frei,
ganz ungebunden,
so werde ich glücklich!
Wirklich glücklich?
Vielleicht.

Ein Weg,
eine Wahrheit,
ein Lebensziel
für alle?
Kann das sein?

Jesus ist der Weg!
Jesus ist die Wahrheit!
Jesus ist das Leben!
Auch für dich!
Wage diesen Weg!

Erstaunlich finde ich die Verheißung Jesu am Ende des heutigen Evangeliums:

Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater. (Joh 14,12)

Die Werke der Gläubigen geben Zeugnis davon, ob sie zu Jesus Christus gehören. Ein schönes Beispiel für das, was Jesus meint, finden wir in den Texten der Lesungen aus der Apostelgeschichte, die in der Osterzeit vorgetragen werden. Der Glaube kann Berge versetzen. Das erleben wir, wenn sich in hoffnungslos erscheinenden Sackgassen plötzlich eine Tür auftut. Es braucht Menschen, die anderen diese Hoffnung geben, die den Verzweifelten Mut machen, die anderen, die keine Hoffnung haben, hoffend bis zum Wendepunkt begleiten. Es braucht Menschen, die anderen zusagen "du schaffst es" und sie bis zu dem Punkt begleiten, an dem sie es wirklich geschafft haben. Es braucht Menschen, die nicht nur schön reden, sondern die tun was sie sagen und deren Worte auch wirklich konkret werden.
Die Hoffnung, die wir in anderen wecken, muss sich wirklich als tragfähig erweisen. Viele klammern sich an jeden Strohhalm, der dann aber doch irgendwann umknickt. Wahre Hoffnung aber trägt bis zum Ende. Und eine solche Hoffnung sollen wir den Menschen geben. Hoffnung, die nicht abhängig macht und so wieder Menschen zerstört, sondern Hoffnung, die in die Freiheit und ins Leben führt.
Glaube darf nicht auf der rein spirituellen Ebene stehen bleiben. Dann wird er leicht zu einem heuchlerischen Spiritualismus, der sich damit zufrieden gibt, dass der Mensch sich an seiner eigenen Frömmigkeit erfreut und diese zur Schau trägt. Glaube muss konkret werden, indem er Werke zeitigt, die anderen Hoffnung geben. Werke Gottes, die den in den scheinbar so realen Zwängen unserer heutigen Welt verfangenen Menschen zeigen, dass es eine viel größere Realität gibt, die Wege in ganz andere Dimensionen erschließt, als es sich unser begrenzter wissenschaftlicher Verstand vorzustellen wagt. Dann kommt wieder Leben in unsere tote Zeit, die sich mit bunten Schattenbildern zufrieden gibt. Dann finden die Menschen aus dem Taumel zwischen Arbeit und Vergnügungen wieder einen festen Boden unter ihren Füßen und können eine Richtung erkennen, die den ewigen Kreislauf durchbricht und zu einem Ziel hinführt.

Weinstock

Lesejahr B - Ich bin der Weinstock und mein Vater ist der Winzer

"Ich bin der Weinstock, mein Vater ist der Winzer," sagt Jesus im Evangelium zu uns. Stellen wir uns zunächst einmal dieses Bild vor Augen. Ein Weinstock hat viele Zweige, an denen der Winzer zur Zeit der Ernte viele reife Trauben erwartet. Wie bei allen Pflanzen kann die Frucht nur gedeihen, wenn sie über Zweige und Stamm mit der Wurzel verbunden ist. Jesus vergleicht uns mit Reben am Weinstock. Er ist die Wurzel und der Stamm, der die einzelnen Reben zusammenhält und mit Nahrung versorgt, sie am Leben erhält.
Der Winzer kümmert sich um die Weinstöcke. Die Arbeit im Weinberg ist hart. Das wussten die Menschen zur Zeit Jesu. Aber auch heute muss man nicht unbedingt aus einem Weinanbaugebiet oder gar aus einer Winzerfamilie stammen, um sich eine Vorstellung von dem machen zu können, wovon Jesus spricht. Ständig ist der Winzer dabei, die Rebstöcke zu pflegen. Er achtet darauf, dass die Reben genug Sonne bekommen. Er prüft, welche Reben gut wachsen. Die dürren schneidet er weg, damit sie denen, die gut gedeihen nicht unnötig Kraft wegnehmen. So geht es tagein, tagaus und der Lohn der Mühen wird eine reiche Ernte und ein edler Tropfen sein.
So müht sich Gott auch um uns. Er will, dass unser Leben Frucht bringt. Gott hat uns das Leben geschenkt, damit wir etwas daraus machen. Jeder hat besondere Talente, die er zur Entfaltung bringen kann. Gott sorgt dafür, dass jeder den Freiraum zu dieser Entfaltung hat. Er sorgt dafür, dass jede Traube genug Licht bekommt, um reifen zu können.
"Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben." Um Frucht bringen zu können, muss die Rebe mit dem Weinstock in Verbindung bleiben. Die Trauben können sich nicht irgendeinen beliebigen Platz zum Reifen suchen. Nur solange die Rebe mit dem Weinstock in Verbindung steht, kann dieser sie mit allem Nötigen versorgen.
Es ist Gott, der sich um uns kümmert. Unsere Aufgabe ist es, mit dem Weinstock in Verbindung zu bleiben, uns von ihm mit allem Nötigen versorgen zu lassen, es uns gut gehen zu lassen. Aber das ist gar nicht so einfach, wie es sich anhört. Sehe ich meine Beziehung mit Gott so? Fühle ich mich bei ihm an der Quelle, die mich mit allem, was ich brauche, versorgt? Fühle ich mich bei Gott frei, meine Fähigkeiten zur Entfaltung zu bringen?
Wovon lebe ich? Woraus ziehe ich die Kraft für mein Leben? Was lässt mich überleben und wovon kann ich wirklich leben? Um überleben zu können brauche ich Nahrung. Ich brauche so etwas wie Heimat, ein Dach über dem Kopf, Arbeit, mit der ich meinen Lebensunterhalt verdiene. Das alles ermöglicht mein Überleben. Doch was gibt mir wahres Leben? Was erwarte ich vom Leben?
Jeder Mensch strebt danach, glücklich zu sein. Doch viele suchen das Glück an der falschen Stelle, sie wollen angesehen, reich, mächtig sein. Es ist sicher gut, wenn man es im Leben zu etwas bringt und Erfolg hat, doch das genügt nicht, um wirklich glücklich zu sein. In meinem Leben brauche ich Freunde, die mit mir gehen und bei denen ich sein kann, wie ich bin. Aber selbst das ist noch nicht genug. Das wirkliche Glück ist nur in Gott zu finden. Er ist es, der allein die Grundlage für mein Leben bilden kann. In ihm können meine Freundschaften wachsen, er gibt meinem Arbeiten Sinn und Richtung, nur mit ihm ist mein Leben mehr als überleben, ist es Leben in Fülle.
Daher sollte es täglich unser erster Gedanke sein: wie kann ich heute diesen Tag, wie kann ich mein Leben mit Christus leben?
Eine Freundschaft oder Partnerschaft zwischen Menschen kann nur gelingen, wenn jeder der beiden immer wieder dem anderen zeigt, dass er ihm etwas bedeutet, in Worten und Gesten, indem man sich Zeit füreinander nimmt. Meine Beziehung mit Christus ist im Grunde genommen nichts anderes als eine Freundschaft, eine Liebesbeziehung. Um diese Beziehung mit ihm aufrecht zu halten, muss ich mir Zeit nehmen für ihn. Jeder muss selbst entscheiden, wieviel Zeit das im einzelnen ist, wichtig ist, dass es täglich wenigstens einige Minuten sind in denen ich versuche, im Gebet bei Jesus zu sein.
Suchen wir täglich diese Verbundenheit mit Jesus. Am tiefsten werden wir sie finden, wenn wir sein Wort, die Hl. Schrift, betrachten und die Eucharistie feiern. Bleiben wir in ihm. Wir werden sehen, dass die Zeit, die ich mir für Christus nehme, keine verlorene Zeit ist. Wir werden sehen, dass wir dadurch Kraft finden werden für unseren Alltag, dass unsere Freundschaften und Begegnungen tiefer werden, dass unsere Arbeit besser gelingt.
Setzen wir täglich ein Zeichen der Freundschaft mit Jesus. Wir können darauf vertrauen, auch er wird uns dann zeigen, dass wir seine Freunde sind. Jesus sagt uns ganz deutlich: Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten. Wir werden von Gott alles bekommen, was wir dazu brauchen, um in unserem Leben prächtig zu gedeihen und so für Gott Frucht zu bringen. Das ist eine Verheißung für alle, die nach dem Wort Jesu leben.
Ein guter Wein erfreut das Herz und ein solcher ist die Frucht der Mühen des Winzers. Wir sollen nach dem Willen Gottes ein solcher edler Tropfen werden, Menschen, die der Welt Freude bringen, die - wie es in einem Gebet heißt - lieben, wo man hasst, die verzeihen, wo man beleidigt, die Hoffnung wecken, wo Verzweiflung quält und ein Licht anzünden, wo Finsternis regiert.
Herr Jesus, lass mich zu einem solchen Menschen werden, damit die Sorge deines Vaters um mich nicht vergebens ist. Lass mich allezeit auf deine Hilfe vertrauen.

Heilige Schrift
Ich glaube an dich, Herr, an deine große Liebe für mich. Du bist mein Schöpfer und mein Erlöser. Ich vertraue auf deine Freundschaft; ich vertraue darauf, dass du mir das Verständnis und den Willen gibst, zu lieben, wie du geliebt hast. Ich liebe dich, Herr, weil du mich zuerst geliebt hast. Ich will dich dadurch lieben, dass ich dein Leben und deine Liebe anderen zugänglich mache.
Lieber Herr Jesus, schenke mir ein beständiges, wachsendes Verlangen, dein Gebot der Liebe zu leben. Erwecke in mir ein Bewusstsein deiner immerwährend gegenwärtigen Liebe in meinem Leben. Bewege mich dadurch, grenzenlos zu lieben, ohne Menschenfurcht, ohne die Angst etwas zu verlieren, das weniger als die Liebe ist.
Ich will mich dazu entscheiden, heute jemandem zu dienen, nicht nur, weil ich dazu ein Verlangen habe, sondern aus Liebe zu Christus.
In Jesus wurde Gott einer von uns, um uns durch ihn in den innersten Bereich seines göttlichen Lebens einzuführen.
Jesus kam zu uns, um so zu werden wie wir, und er verließ uns, damit wir die Möglichkeit haben, so zu werden wie er.
Indem er uns seinen Geist, seinen Atem, schenkte, wurde er uns näher, als wir uns selbst sind. Durch diesen Atem können wir Gott "Abba, Vater" nennen und teilhaben an der geheimnisvollen Beziehung zwischen Vater und Sohn.
(Henri Nouwen)
Ich bin das Licht
Gegen die Finsternis in Dir.

Ich bin der gute Hirt,
der das Verlorene sucht,
auch das Verlorene in Deinem Leben.

Ich bin die Tür,
die Deine Verschlossenheit auftut,
die Dich entlässt
aus dem Gefängnis Deiner Selbstsucht.

Ich bin der Weg
aus allen Deinen Sackgassen.
Ich führe Dich weg von Deinen Holz- und Irrwegen,
kürze Deine Umwege ab, verzeihe Dir Deine Abwege
und bring Dich auf den Weg des Heils.

Ich bin die Wahrheit,
die Erkenntnis bringt, Täuschungen auflöst,
jene Lügen straft, die Dich verführen.
Ich bin die Wahrheit, die Du suchst
auf allen Spuren Deines Lebens.

Ich bin das Brot,
das Deinen Lebenshunger stillt,
den Hunger nach Angenommensein und Liebe.

Ich bin der Weinstock, Du seine Rebe.
Du bist ein Lebensstrom mit mir.
In Deiner Einsamkeit bist Du nicht ohne mich.

Ich bin die Auferstehung,
die den Tod besiegt,
auch dem Tod in Dir will ich das Leben geben.

Ich bin das Leben.
Wer von diesem Wasser trinkt, das ich ihm gebe,
wird nie mehr dürsten, sondern selbst
zu einer Quelle werden,
aus der ewiges Leben kommt.

Alois Baiker, SJ
Lebendige Steine

Lesejahr A - Erster Petrusbrief - Lebendige Steine

Die zweite Lesung und das Evangelium des heutigen Sonntags regen uns an, über das Thema Steine nachzudenken. Wir sind heute gewohnt, in gemauerten Häusern zu wohnen. Lange Zeit waren Bauten aus Stein jedoch etwas Besonderes. Kathedralen und Paläste wurden aus Stein gebaut. Der Bau einer mittelalterlichen Kathedrale, die in ihrer Größe uns Standfestigkeit alle umliegenden Gebäude übertraf, galt als Wunderwerk und noch heute stehen wir staunend vor dieser großartigen Architektur. Denn auch wenn heute das Bauen mit festen Materialien die Regel ist, so gelingt es doch nur selten, Gebäude zu schaffen, die auch wirklich eine Raumwirkung ausstrahlen. Viele der heutigen Betonklötze wirken leer und nichtssagend.
Es hilft uns also, wenn wir uns eine mittelalterliche Kirche vorstellen, wenn wir erfassen wollen, was der Apostel Petrus mit lebendigen Steinen meint. Das geistige Haus, das ein Bild für die Gemeinde der Glaubenden ist, das ist kein Betonklotz. In dem geistigen Haus hat jeder Stein seinen Platz. Jeder Stein ist handverlesen und handbehauen. Er passt genau in die Stelle, in der er eingebaut wird und in keine sonst. Jeder Stein hat seine Funktion, jeder einzelne ist wertvoll. Fehlt ein Stein, so gerät die Statik durcheinander, das Bauwerk verliert seine Festigkeit. Nur wenn alle Steine an ihrem Platz sind, strahlt das geistige Haus die Schönheit des Himmels wider.
Was in dem Wort von den lebendigen Steinen uns vielleicht etwas ungewöhnlich erscheinen mag, das verwenden wir in unserer Alltagssprache ständig. Das Wort Kirche steht sowohl für den Kirchenbau als auch für die Kirche als Institution und Gemeinschaft. Kirche als Gemeinde der Gläubigen braucht einen festen Ort, um konkret zu werden. Doch noch mehr braucht der Kirchenbau lebendige Menschen, die diesen füllen und als Zeugen des Glaubens hinausgehen in die Welt.
Ein festes Bauwerk erwartet uns auch einst im Himmel. Jesus spricht von den Wohnungen im Haus seines Vaters. Auch dort wird jede und jeder seinen Platz haben. Im Reich Gottes gibt es keine Obdachlosen, die ohne ein festes Zuhause auskommen müssen.
Lebendige Steine, das ist ein Kontrast, über den es sich nachzudenken lohnt. Ein steinernes Haus ist ja zunächst einmal Bild für etwas Beständiges. Doch wenn es zugleich lebendig sein soll, so müssen die Räume dieses Hauses immer wieder mit neuem Leben gefüllt werden. Wir brauchen nicht ständig neue Häuser zu bauen. Das Haus der Kirche steht zu allen Zeiten fest. Aber wir müssen die Räume immer gut lüften, damit sich nicht Mief und Schimmel darin festsetzen, es braucht ab und zu Renovierungsarbeiten und einen neuen Anstrich, damit das Haus jederzeit einladend wirkt auf die Menschen, die daran vorübergehen.
Wir sind die Bewohner dieses Hauses. Uns ist sein Schicksal anvertraut. Wir sind die lebendige Fassade dieses Hauses, die entscheidend zu seiner Außenwirkung beiträgt. Seien wir lebendige Steine, fest eingefügt in den alten Bau und doch frisch und lebendig.

In Jesus wurde Gott einer von uns, um uns durch ihn in den innersten Bereich seines göttlichen Lebens einzuführen.
Jesus kam zu uns, um so zu werden wie wir, und er verließ uns, damit wir die Möglichkeit haben, so zu werden wie er.
Indem er uns seinen Geist, seinen Atem, schenkte, wurde er uns näher, als wir uns selbst sind. Durch diesen Atem können wir Gott "Abba, Vater" nennen und teilhaben an der geheimnisvollen Beziehung zwischen Vater und Sohn. (Henri Nouwen)
Heilige Schrift

Lesejahr C - Meine Kinder, ich bin nun noch kurze Zeit bei euch.

Das heutige Evangelium versetzt uns zurück in die Tage vor Ostern, als Jesus seinen Jüngern zu erklären versucht, was nun geschehen wird. Sie können es damals noch nicht fassen. Erst die Erfahrungen nach Ostern, wenn sie dem Auferstandenen begegnen, werden ihnen den Blick für die neue Gegenwart Jesu unter ihnen öffnen.

Jesus will ihnen sagen: Ich werde zwar bald durch die Auferstehung verherrlicht sein, werde aber nicht gleich in den Himmel auffahren. Denn so steht es in der Apostelgeschichte geschrieben: Nach der Auferstehung war er vierzig Tage mit ihnen. (Augustinus)

Vieles ist in diesen vierzig Tagen geschehen. Waren die Jünger bisher einfach Jesus gefolgt und manchmal in dieser Nachfolge auch zurückgeblieben, so lernen sie nun selbst, anderen den Weg zu weisen. Sie haben Jesus nun bald nicht mehr leiblich vor Augen, aber umso stärker werden sie ihn in ihren Herzen haben.
Sie bewahren die Worte, die er ihnen gesagt hat, als er noch lebte. Sie richten sich nach Jesu Wort aus, an seiner Person. Jesus wird unter ihnen bleiben. Nicht nur als ein Idol, das man verehrt, auch nach seinem Tod. Nicht nur in der Erinnerung wird Jesus bei seinen Jüngern lebendig bleiben. Seine Gegenwart ist eine bleibende Wirklichkeit. Immer wenn sich die Jünger zum Gebet versammeln und zum Brechen des Brotes, zur Eucharistie, ist Jesus die lebendige Mitte dieser Gemeinschaft.
Auch wir dürfen dies heute erfahren. Sicher gibt es viele Weisen, wie wir Jesus auch heute begegnen können. Wir finden ihn in der Stille, wenn wir uns zurückziehen um zu beten und zu meditieren, wir begegnen ihn in unseren Mitmenschen. Aber doch bleibt das Zentrum der Begegnung mit Jesus Christus die Feier der Eucharistie in der Gemeinschaft der Glaubenden.

Heilige Schrift

Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.

Das Leben Jesu war ein einziges Tun der Liebe. Allen, die seine Hilfe brauchten, hat er sich zugewandt. Er war frei von Vorurteilen. Jesus nahm sich der Menschen an, ohne Ansehen der Person.
Diese Liebe, die Jesus gelebt hat, sollen auch seine Jünger leben. Doch kein Mensch ist fähig, diese Liebe ganz nachzuahmen. Wir werden immer hinter dieser Forderung Jesu zurückbleiben.
Warum hat Jesus uns dann diese Liebe aufgetragen? Weil er uns Menschen etwas zutraut. Weil er in uns seine Hoffnung setzt.
Wie viele winken da resigniert ab. Solche Liebe funktioniert nie. Wir müssen Macht und Stärke zeigen, wenn wir es zu etwas bringen wollen. Wer liebt, der zeigt Schwäche und der rutscht auf den letzten Platz.
Der letzte Platz, das war der Ort, an dem Charles de Foucauld Jesus suchte. Jesus hat tatsächlich den letzten Platz eingenommen. Ja, er kam als König, doch nicht um sich seinen Thron zu erkämpfen. Sein Liebesthron war das Kreuz. Hier hat sich seine Liebe am stärksten offenbart.
Und doch hat die Liebe eine Macht, die ihr nicht genommen werden kann. Gerade weil sie nicht auf irdischer Stärke beruht. Die Mächtigen können zwar die Liebenden töten, die Liebe aber werden sie dadurch nicht auslöschen. Ihr Feuer brennt durch alle Zeiten und wo man meint, seiner Asche jede Glut geraubt zu haben, bricht es ganz neu hervor.
Wir sind Zweifler und glauben nicht an diese Macht der Liebe. Wir wollen mit unserer Kraft nachhelfen, um der Liebe zum Sieg zu verhelfen. Doch gerade so verstoßen wir gegen die Liebe und weisen sie von uns.
Jesus Liebe folgen, heißt Jesus in seiner Schwachheit folgen, an den letzten Platz, an dem es keine Macht und Gewalt mehr gibt, sondern allein nur noch die Liebe.

Vater, in deine Hände lege ich mein Leben. Umfange mich mit deiner Liebe. Lass mich ganz deiner Liebe hingeben. Lass mich vertrauen, dass du mich in deiner Liebe trägst. So will ich zu den Menschen gehen. Getragen von deiner Liebe.

Ein neues Gebot: Liebt einander!

Warum neu? Und warum Gebot? Sollte es nicht etwas Selbstverständliches für Menschen aller Zeiten sein, dass sie einander lieben und ist nicht das Leben viel schöner, wenn man liebt und Liebe erfährt? Warum fällt es den Menschen so schwer, einander zu lieben? Warum neigen Menschen eher dazu, aus Neid und um des eigenen Vorteils willen böse und schlecht zu anderen zu sein?
Vielleicht meinen wir, selbst etwas zu verlieren, wenn wir gut zu anderen sind und unsere Liebe schenken. Das Geschenk der Liebe kann auf den ersten Blick ein Geschenk sein, das nicht erwidert, sondern vielmehr ausgenutzt wird. Auf den zweiten Blick aber werden wir erkennen, dass wir vielleicht nicht unbedingt von den Menschen, denen wir unsere Liebe schenken, aber doch von irgendwo her auch selbst überreich beschenkt werden.
Liebt einander, wie ich euch geliebt habe! Jesus hat seine Liebe an uns Menschen verschwendet, ist aus Liebe zu uns Menschen am Kreuz gestorben, damit wir das Leben haben. Viele haben seine Liebe nicht erwidert. Aber doch ist die Botschaft von der Liebe Gottes zu uns Menschen bis heute lebendig geblieben.
Wenn wir uns selbst als von Gott geliebt und überreich beschenkt mit den Gaben seiner Liebe erfahren, kann uns das helfen, dass nicht Neid und Eifersucht über uns kommen, sondern dass wir immer mehr fähig werden, selbstlos unsere Liebe zu schenken. Wo Menschen dazu bereit sind, wird Gottes Liebe in dieser Welt sichtbar und keimt inmitten des grauen Betons unserer oft so egoistischen Konsumgesellschaft das zarte Grün der Hoffnung auf.
Ist nicht auch unser Leben Gottesdienst? Wir leben inmitten so vieler Menschen, von denen heute ein Großteil nicht mehr an Jesus Christus glaubt. Wir können ihnen Jesus zeigen, wenn wir die Liebe leben.
So vieles hält uns gefangen und wir kreisen allzu oft um uns selbst. Bitten wir den Herrn, dass er uns hilft, unsere Enge aufzubrechen und uns Offenheit schenkt für die Menschen um uns herum, dass wir ihre Nöte sehen und da sind, wo wir gebraucht werden. Bitten wir den Herrn, dass er uns allezeit den Mut für das richtige Wort und die richtige Tat schenkt, wo wir gebraucht werden, damit wir Zeugen seiner Liebe sind.

Heilige Schrift

Die Neue Welt Gottes

In den beiden letzten Kapiteln der Offenbarung wird dem Seher Johannes die Schau der neuen Welt Gottes zuteil. Bisher waren seine Visionen geprägt vom Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Gott und seinen Getreuen und dem Tier und seinen Verbündeten. Die Gläubigen hatten vieles zu leiden. Doch immer wieder ist auch die Herrlichkeit Gottes zum Durchbruch gekommen. Doch in der irdischen Welt war sie stets eine verborgene Wirklichkeit.
Nun aber kommt etwas ganz Neues. Die alte Erde mit ihren Schauplätzen von Krieg, Gewalt und Katastrophen ist endgültig Vergangenheit. Es braucht sich keiner mehr an diese Zeit zu erinnern. Es wird kein Trauma bleiben. Alle Wunden werden geheilt, alle Tränen abgewischt. Auch das Meer als bedrohende Macht, als Wohnung von Seeungeheuern, wie es uns das Alte Testament vorstellt, ist nicht mehr.

Gott wird nun mitten unter den Menschen wohnen. Nicht mehr nur im Bundeszelt, in dem er zur Zeit der Wüstenwanderung und Landnahme seinem Volk verborgen gegenwärtig war, nicht mehr nur wie im Tempel von Jerusalem, der als Gottes Wohnstatt galt. Gottes Gegenwart wird nun unmittelbar allen erfahrbar sein. Die Stadt Gottes selbst ist geschmückt wie eine Braut, die ihren Bräutigam empfängt.
Kein Bild kann die innige Beziehung zwischen Gott und den Menschen besser zum Ausdruck bringen als das Bild der Ehe. Im Alten Testament zeigen die Propheten Gott als Bräutigam, der um seine Braut wirbt, die ihm untreu ist und anderen Göttern nachläuft, die er aber mit unendlicher Liebe liebt. Nun erfüllt sich diese Liebe. Nun wird Gottes liebe offenbar und kein Mensch wird sich je nach einer anderen Liebe sehnen, weil Gottes Liebe höchste und unendliche Erfüllung schenkt.

Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu.

Gottes Liebe ist stärker als der Tod, alles wird heil im Blick der Liebe Gottes. Gebrochene Herzen werden gesund. Es wird keine Qual und Mühsal mehr geben, keinen Krieg und kein Elend. Die Sehnsucht aller Herzen wird gestillt. Keiner wird mehr seinen eigenen Vorteil suchen und andere unterdrücken. Die Schau Gottes wird alle einen, denn Gott hat gesprochen: Alles wird neu. Nun zeigt die Schöpfung in ihrer Vollendung, wozu Gott sie geschaffen hat.
Ist das alles nur ein frommes Wunschdenken? Warum hat Gott nicht gleich diese neue Welt erschaffen? Warum brauchte es die alte Welt mit all ihrer Mühsal? Und: Wenn Gott die erste Welt sehr gut geschaffen hat, in ihr dann aber doch all das Böse entstanden ist, was gibt uns die Gewissheit, dass dies nicht auch in der neuen Welt geschieht? Wird es nicht wieder Aufruhr gegen Gott geben und Gott den Menschen aus dem Paradies vertreiben, wie es einst geschehen ist? Wird dem Menschen Gottes Anblick genug sein und ewig genügen?
Wie schön wäre es, wenn schon hier die Menschen so auf Gott blicken, dass ihre Herzen geheilt werden von allem Hass und aller Gier, aber auch vom Schmerz, der dazu treibt, anderen Schmerzen zuzufügen. Der Blick auf Gott, der kein weltfremd verklärter Blick ist, sondern ein tiefer und erfüllter Blick, der die Mitte des Herzens trifft.
Zeigen wir den Menschen diesen Gott der Liebe ist und nichts als Liebe, der die Menschen in liebe eint und sie mit seinen Gaben beschenkt, der keinen hungrig und durstig gehen lässt, der zu ihm bittend seinen Blick richtet. Jesus hat uns diesen Gott gezeigt. In ihm ist Gottes Liebe offenbar geworden. Jesus ruft uns, ihm ähnlich zu werden. Folgen wir seinem Ruf und Beispiel.

Herr,
mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer gibt, der empfängt,
wer sich selbst vergisst, der findet,
wer verzeiht, dem wird verziehen,
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Amen.
Nach Franz von Assisi