Die Heiligen

25.1. Pauli Bekehrung

Bekehrung des Hl. Apostels Paulus

Bekehrung des Apostels Paulus

Bekehrung des Hl. Apostels Paulus

Die Bekehrung des Apostels Paulus, die sich wahrscheinlich im Jahr 36 ereignet hat, ist ein sowohl für Paulus selbst als auch für die gesamte Weltgeschichte einschneidendes Ereignis. An diesem Tag wird aus dem Schriftgelehrten, der mit jüdischem Namen auch Saulus heißt, ein Verkünder des Evangeliums von Jesus Christus in nahezu der gesamten damals bekannten Welt. Aus der jungen Kirche wird eine Weltkirche, die bald im gesamten Römischen Reich und darüber hinaus vertreten ist.
Jesus Christus war gestorben und auferstanden. Die Botschaft davon haben zunächst die Zwölf Apostel in Jerusalem und Umgebung verkündet. Sie sind Jesus nachgefolgt und haben von ihm gelernt und verkünden nun das, was Jesus gesagt hat. Sie verkünden den Anbruch der Gottesherrschaft, die sich in einem gerechten Leben, Heilungen und der Hoffnung auf ein ewiges Leben bei Gott zeigt. Jesus Christus lebt und er schenkt allen, die an ihn glauben und ihm nachfolgen neues Leben.
Diese Botschaft der Erlösung und Befreiung fiel bei vielen Menschen auf fruchtbaren Boden. Die obersten Führer der jüdischen Religion aber, Hohepriester und Schriftgelehrte, sahen darin einen Angriff auf die jüdische Religion. Jesus und die ersten Jünger waren Juden, aber sie gingen einen Weg, der nicht mehr dem entsprach, was die jüdischen Lehrer vorgaben. Mit seinen Predigten hatte Jesus das Gesetz des Mose, auf dem der jüdische Glaube beruht, neu ausgelegt und die Autorität der Schriftgelehrten massiv angegriffen.
Es kam zu Verfolgungen der ersten Christen in Jerusalem und Umgebung, an denen Paulus maßgeblich mitgewirkt hat. Er war anwesend, als Stephanus als erster Märtyrer für den Glauben an Jesus Christus sein Blut vergossen hat. Er will die Anhänger des neuen Weges aufspüren und vernichten und reist dazu im Auftrag der Hohenpriester bis nach Damaskus. Auf dem Weg nach Damaskus aber geschieht etwas, das sein Leben grundlegend verändert hat.
Vor Damaskus sieht Paulus ein helles Licht, das ihn zu Boden wirft und er hört eine Stimme, die zu ihm spricht. Paulus ist von diesem Ereignis überwältigt. Er braucht Tage, um sich davon zu erholen. Für ihn ist von nun an sicher, dass Jesus Christus selbst zu ihm gesprochen hat und ihn zum Apostel berufen hat, zum Verkünder des Glaubens an Jesus Christus in der ganzen Welt. Das junge Christentum hat einen neuen Apostel, der den Kreis der Zwölf ergänzt. Paulus bringt einiges mit, das den Zwölf Aposteln, einfachen Leuten aus der Provinz, fehlt. Er gilt durch sein Studium bei dem angesehenen Lehrer Gamaliel als theologisch gebildet, besitzt das römische Bürgerrecht und ist mit dem Leben in einer Großstadt des Römischen Reiches vertraut.
Für Paulus beginnt nun ein neues Leben als Missionar. Unermüdlich zieht er durch das Römische Reich, um allen Menschen das Evangelium von Jesus Christus zu verkünden. Für Paulus ist die Begegnung mit Jesus Christus vor Damaskus Bekehrung und Berufung in einem. Jesus Christus hat sich ihm offenbart, er hat sich ihm persönlich gezeigt und ihm seine Lehre anvertraut. Paulus hat somit das, was die Zwölf Apostel von Jesus gesehen und gelernt haben, in einem Augenblick vermittelt bekommen.
Paulus führt somit seine Berufung wie die anderen Apostel direkt auf Jesus Christus zurück. Das macht deutlich, dass Berufung nicht auf die irdische Lebenszeit Jesu beschränkt bleibt, sondern sich immer wieder ereignen kann. Jesus lebt und das ist nicht nur ein Glaubenssatz, sondern auch real erfahrbar. Diese Erfahrung wird Paulus sein Leben lang nicht mehr los lassen. Sie ist sowohl Antriebskraft als auch Legitimation für sein Auftreten als Apostel und die Missionierung der Heiden. Sicher wird Paulus in seinen Predigten oft auf das hingewiesen haben, was er vor Damaskus erfahren hat und auch in seinen Briefen spielt er oft darauf an.

Biblische Zeugnisse

Im Neuen Testament finden wir mehrere Stellen, die auf die Bekehrung des Apostels Paulus Bezug nehmen. Das sind vor allem drei längere Abschnitte in der Apostelgeschichte, aber auch kurze Hinweise darauf in den Briefen des Paulus. Während die Apostelgeschichte sehr ausführlich in der Darstellung ist, beschränkt sich Paulus selbst auf eine knappe Erwähnung seiner Bekehrung und Berufung. Den Lesern seiner Briefe ist dieses Geschehen vertraut, es ist davon auszugehen, dass Paulus auf seinen Missionsreisen oft davon berichtet hat.
Wenn wir diese Stellen betrachten, so ist es immer wichtig, dass wir den Kontext berücksichtigen, in dem sie stehen, denn schon die drei Berichte in der Apostelgeschichte unterscheiden sich in manchen Details. In Apg 9 berichtet Lukas als Erzähler über dieses Ereignis, in Apg 22 und 26 erzählt Paulus über das, was ihm widerfahren ist, um sein Auftreten zu rechtfertigen, eine Situation, wie sie sich vielleicht in vielen Städten wiederholt haben mag.
Als deutlicher Widerspruch fällt dem Leser sofort ins Auge, dass in Apg 9,7 davon berichtet wird, dass die Begleiter des Paulus zwar eine Stimme hörten, aber nichts sahen, es in 22,9 aber heißt, dass sie ein Licht sahen, aber die Stimme nicht hörten. Möglicherweise will Lukas aber mit beiden Formulierungen nur sagen, dass die Begleiter zwar etwas wie eine Stimme gehört haben, aber keine verständlichen Worte und dass sie ein ungewöhnliches Licht gesehen haben, aber dieses nicht mit einer Erscheinung Jesu Christi verbunden haben. Blicken wir nun auf diese Schriftstellen im Einzelnen.

In Apg 9,1-22 berichtet Lukas im Rahmen der Ausbreitung der jungen Kirche von der Bekehrung des Saulus. In der Apostelgeschichte wird Paulus bis zu Vers 13,9 ("Saulus, der auch Paulus heißt") mit seinem jüdischen Namen Saulus genannt. Ab dieser Zäsur ist nur noch von Paulus die Rede. Dieser Namenswechsel erfolgt im Zusammenhang der ersten Missionsreise des Paulus und nicht seiner Bekehrung. Die oft zitierte Bekehrung des Saulus zum Paulus mag zwar auf den ersten Blick interessant erscheinen, hat aber kein biblisches Fundament. Paulus legt nicht sein Judentum ab. Es ist nicht die Bekehrung vom Juden zum Christen. Paulus bleibt weiterhin Jude, aber er versteht dieses Judentum im Licht Jesu Christi auf eine ganz neue Art und Weise. Paulus besitzt schon immer zwei Namen. Saulus wird er unter den Juden genannt. Als er aber in seinen Missionsreisen in die Welt hinausgeht, nennt er sich nach seinem römischen Namen Paulus.

Saulus wütete immer noch mit Drohung und Mord gegen die Jünger des Herrn. Er ging zum Hohenpriester und erbat sich von ihm Briefe an die Synagogen in Damaskus, um die Anhänger des neuen Weges, Männer und Frauen, die er dort finde, zu fesseln und nach Jerusalem zu bringen.
Unterwegs aber, als er sich bereits Damaskus näherte, geschah es, dass ihn plötzlich ein Licht vom Himmel umstrahlte. Er stürzte zu Boden und hörte, wie eine Stimme zu ihm sagte: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Er antwortete: Wer bist du, Herr? Dieser sagte: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh auf und geh in die Stadt; dort wird dir gesagt werden, was du tun sollst.
Seine Begleiter standen sprachlos da; sie hörten zwar die Stimme, sahen aber niemand. Saulus erhob sich vom Boden. Als er aber die Augen öffnete, sah er nichts. Sie nahmen ihn bei der Hand und führten ihn nach Damaskus hinein. Und er war drei Tage blind, und er aß nicht und trank nicht.
In Damaskus lebte ein Jünger namens Hananias. Zu ihm sagte der Herr in einer Vision: Hananias! Er antwortete: Hier bin ich, Herr. Der Herr sagte zu ihm: Steh auf und geh zur so genannten Geraden Straße, und frag im Haus des Judas nach einem Mann namens Saulus aus Tarsus. Er betet gerade und hat in einer Vision gesehen, wie ein Mann namens Hananias hereinkommt und ihm die Hände auflegt, damit er wieder sieht.
Hananias antwortete: Herr, ich habe von vielen gehört, wie viel Böses dieser Mann deinen Heiligen in Jerusalem angetan hat. Auch hier hat er Vollmacht von den Hohenpriestern, alle zu verhaften, die deinen Namen anrufen. Der Herr aber sprach zu ihm: Geh nur! Denn dieser Mann ist mein auserwähltes Werkzeug: Er soll meinen Namen vor Völker und Könige und die Söhne Israels tragen. Ich werde ihm auch zeigen, wie viel er für meinen Namen leiden muss.
Da ging Hananias hin und trat in das Haus ein; er legte Saulus die Hände auf und sagte: Bruder Saul, der Herr hat mich gesandt, Jesus, der dir auf dem Weg hierher erschienen ist; du sollst wieder sehen und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden. Sofort fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er sah wieder; er stand auf und ließ sich taufen. Und nachdem er etwas gegessen hatte, kam er wieder zu Kräften. Einige Tage blieb er bei den Jüngern in Damaskus; und sogleich verkündete er Jesus in den Synagogen und sagte: Er ist der Sohn Gottes.
Alle, die es hörten, gerieten in Aufregung und sagten: Ist das nicht der Mann, der in Jerusalem alle vernichten wollte, die diesen Namen anrufen? Und ist er nicht auch hierhergekommen, um sie zu fesseln und vor die Hohenpriester zu führen? Saulus aber trat umso kraftvoller auf und brachte die Juden in Damaskus in Verwirrung, weil er ihnen bewies, dass Jesus der Messias ist. (Apg 9,1-22)

In den Kapiteln 13-21 berichtet Lukas in der Apostelgeschichte von den Missionsreisen des Apostels Paulus. Nach seiner dritten Reise kehrt Paulus nach Jerusalem zurück. Die Gründe dafür sind nicht ganz klar. Zum einen will Paulus sicher seine Verbundenheit zum jüdischen Glauben zum Ausdruck bringen, was ein weiterer Beleg dafür ist, dass Paulus sich nach seiner Bekehrung nicht vom Judentum abgewandt hat, sondern dieses im Licht Jesu Christi von einem anderen Blickwinkel her betrachtet. Weiterhin überbringt er eine Kollekte, die er in den von ihn gegründeten Gemeinden gesammelt hat. Damit will er die Verbindung seines Missionswerkes zu der Gemeinde von Jerusalem zum Ausdruck bringen.
Im Tempel von Jerusalem wird Paulus von Pilgern aus Kleinasien erkannt. Diese haben die Missionierung des Paulus in Kleinasien erlebt und gehören wahrscheinlich zu jenen, die seine Verkündigung bekämpft haben. Es entsteht ein Tumult, der die stets wachsamen römischen Truppen zum Eingreifen veranlasst. Geschickt überredet Paulus den Befehlshaber der Truppen und verschafft sich so die Gelegenheit, zu der versammelten Menschenmenge zu sprechen. In seiner Rede hebt er ganz besonders seine Verbundenheit zum jüdischen Glauben hervor, macht aber zugleich deutlich, dass er nach seiner Begegnung mit Jesus Christus diesen Glauben in einem ganz neuen Licht betrachtet.

Brüder und Väter! Hört, was ich euch zu meiner Verteidigung zu sagen habe. Als sie hörten, dass er in Hebräischer Sprache zu ihnen redete, waren sie noch ruhiger. Und er sagte:
Ich bin ein Jude, geboren in Tarsus in Zilizien, hier in dieser Stadt erzogen, zu Füßen Gamaliels genau nach dem Gesetz der Väter ausgebildet, ein Eiferer für Gott, wie ihr alle es heute seid. Ich habe den neuen Weg bis auf den Tod verfolgt, habe Männer und Frauen gefesselt und in die Gefängnisse eingeliefert. Das bezeugen mir der Hohepriester und der ganze Rat der Ältesten. Von ihnen erhielt ich auch Briefe an die Brüder und zog nach Damaskus, um dort ebenfalls die Anhänger der neuen Lehre zu fesseln und zur Bestrafung nach Jerusalem zu bringen.
Als ich nun unterwegs war und mich Damaskus näherte, da geschah es, dass mich um die Mittagszeit plötzlich vom Himmel her ein helles Licht umstrahlte. Ich stürzte zu Boden und hörte eine Stimme zu mir sagen: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Ich antwortete: Wer bist du, Herr? Er sagte zu mir: Ich bin Jesus, der Nazoräer, den du verfolgst. Meine Begleiter sahen zwar das Licht, die Stimme dessen aber, der zu mir sprach, hörten sie nicht. Ich sagte: Herr, was soll ich tun? Der Herr antwortete: Steh auf, und geh nach Damaskus, dort wird dir alles gesagt werden, was du nach Gottes Willen tun sollst.
Da ich aber vom Glanz jenes Lichtes geblendet war, so dass ich nicht mehr sehen konnte, wurde ich von meinen Begleitern an der Hand geführt und gelangte so nach Damaskus. Ein gewisser Hananias, ein frommer und gesetzestreuer Mann, der bei allen Juden dort in gutem Ruf stand, kam zu mir, trat vor mich und sagte: Bruder Saul, du sollst wieder sehen! Und im gleichen Augenblick konnte ich ihn sehen. Er sagte: Der Gott unserer Väter hat dich dazu erwählt, seinen Willen zu erkennen, den Gerechten zu sehen und die Stimme seines Mundes zu hören; denn du sollst vor allen Menschen sein Zeuge werden für das, was du gesehen und gehört hast. Was zögerst du noch? Steh auf, lass dich taufen und deine Sünden abwaschen, und rufe seinen Namen an!
Als ich später nach Jerusalem zurückgekehrt war und im Tempel betete, da geriet ich in eine Verzückung. Und ich sah ihn, wie er zu mir sagte: Beeil dich, verlasse sofort Jerusalem; denn sie werden dein Zeugnis über mich nicht annehmen. Da sagte ich: Herr, sie wissen doch, dass ich es war, der deine Gläubigen ins Gefängnis werfen und in den Synagogen auspeitschen ließ. Auch als das Blut deines Zeugen Stephanus vergossen wurde, stand ich dabei; ich stimmte zu und passte auf die Kleider derer auf, die ihn umbrachten. Aber er sagte zu mir: Brich auf, denn ich will dich in die Ferne zu den Heiden senden. (Apg 22,1-21)

Nach diesen Worten fängt die Menge, die bisher ruhig zugehört hat, erneut an zu toben. Der römische Oberst lässt Paulus zu seinem eigenen Schutz in Gewahrsam nehmen. Als er ihn aber auspeitschen lassen will, weist Paulus auf sein Römisches Bürgerrecht hin und appelliert an sein Recht auf einen Prozess vor dem Kaiser in Rom. Das verhindert eine Auslieferung an die jüdische Obrigkeit, die Paulus töten möchte, und entzieht ihn auch der lokalen Gerichtsbarkeit des römischen Statthalters. Paulus steht von nun an unter dem Schutz Roms.
Etwa zwei Jahre bleibt Paulus nun in Cäsarea, dem Sitz des römischen Statthalters von Judäa, in Haft. Dann kommt es zu einem Wechsel im Amt des Statthalters und der neue möchte wohl den in der Schwebe befindlichen Fall des Paulus endlich abschließen. Als der jüdische König Agrippa dem neuen Statthalter seine Aufwartung macht, führt dieser ihm Paulus vor. Paulus erhält erneut die Gelegenheit, seinen Fall zu schildern. Paulus nutzt dieses geschickt dazu, König Agrippa, den römischen Statthalter und allen Anwesenden die Bekehrung zu Jesus Christus nahe zu legen, was diese aber nicht akzeptieren können. Sie finden aber auch nichts, wofür Paulus die Todesstrafe verdient hätte. Um den lästigen Gefangenen endlich los zu werden, wird seine Überfahrt nach Rom als Gefangener vor das Gericht des Kaisers organisiert. Mit dem Bericht dieser Überfahrt und der Ankunft des Paulus in Rom endet die Apostelgeschichte.
In Kapitel 26 berichtet Lukas von der Rede des Paulus vor dem römischen Statthalter und König Agrippa. Dort erzählt Paulus auch über das Erlebnis seiner Bekehrung:

Ich selbst meinte, ich müsste den Namen Jesu, des Nazoräers, heftig bekämpfen. Das habe ich in Jerusalem auch getan: Ich ließ mir von den Hohenpriestern Vollmacht geben und sperrte viele der Heiligen ins Gefängnis; und wenn sie hingerichtet werden sollten, stimmte ich dafür. Und in allen Synagogen habe ich oft versucht, sie durch Strafen zur Lästerung zu zwingen; in maßloser Wut habe ich sie sogar bis in Städte außerhalb des Landes verfolgt. So zog ich auch mit der Vollmacht und Erlaubnis der Hohenpriester nach Damaskus.
Da sah ich unterwegs, König, mitten am Tag ein Licht, das mich und meine Begleiter vom Himmel her umstrahlte, heller als die Sonne. Wir alle stürzten zu Boden, und ich hörte eine Stimme auf Hebräisch zu mir sagen: Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es wird dir schwer fallen, gegen den Stachel auszuschlagen.
Ich antwortete: Wer bist du, Herr? Der Herr sagte: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Steh auf, stell dich auf deine Füße! Denn ich bin dir erschienen, um dich zum Diener und Zeugen dessen zu erwählen, was du gesehen hast und was ich dir noch zeigen werde. Ich will dich vor dem Volk und den Heiden retten, zu denen ich dich sende, um ihnen die Augen zu öffnen. Denn sie sollen sich von der Finsternis zum Licht und von der Macht des Satans zu Gott bekehren und sollen durch den Glauben an mich die Vergebung der Sünden empfangen und mit den Geheiligten am Erbe teilhaben. (Apg 26,9-18)
Bekehrung des Hl. Apostels Paulus

Neben den anschaulichen Berichten der Bekehrung des Apostels Paulus in der Apostelgeschichte gibt er selbst auch einige Hinweise darauf in seinen Briefen, die auf dieses Ereignis anspielen. Er schildert dort jedoch keine Details dazu, sondern hebt vielmehr den Kern dieses Geschehens hervor: Paulus ist Jesus Christus begegnet. Er hat ihn zum Apostel berufen und ihm seine Lehre anvertraut.

Bin ich nicht frei? Bin ich nicht ein Apostel? Habe ich nicht Jesus, unseren Herrn, gesehen? Seid ihr nicht mein Werk im Herrn? (1Kor 9,1)

Als Letztem von allen erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der "Missgeburt". Denn ich bin der geringste von den Aposteln; ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe. Doch durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin, und sein gnädiges Handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben. Mehr als sie alle habe ich mich abgemüht - nicht ich, sondern die Gnade Gottes zusammen mit mir. (1Kor 15,8-10)

Wir verkündigen nämlich nicht uns selbst, sondern Jesus Christus als den Herrn, uns aber als eure Knechte um Jesu willen. Denn Gott, der sprach: Aus Finsternis soll Licht aufleuchten!, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis des göttlichen Glanzes auf dem Antlitz Christi. (2Kor 4,5-6)

Ich erkläre euch, Brüder: Das Evangelium, das ich verkündigt habe, stammt nicht von Menschen; ich habe es ja nicht von einem Menschen übernommen oder gelernt, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen. Ihr habt doch gehört, wie ich früher als gesetzestreuer Jude gelebt habe, und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte. In der Treue zum jüdischen Gesetz übertraf ich die meisten Altersgenossen in meinem Volk und mit dem größten Eifer setzte ich mich für die Überlieferungen meiner Väter ein. Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat, mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte, damit ich ihn unter den Heiden verkündige, da zog ich keinen Menschen zu Rate; ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück. (Gal 1,11-17)
Bekehrung des Hl. Apostels Paulus
Ihr habt doch gehört, welches Amt die Gnade Gottes mir für euch verliehen hat. Durch eine Offenbarung wurde mir das Geheimnis mitgeteilt, das ich soeben kurz beschrieben habe. Wenn ihr das lest, könnt ihr sehen, welche Einsicht in das Geheimnis Christi mir gegeben ist. (Eph 3,2-4)

Ich wurde am achten Tag beschnitten, bin aus dem Volk Israel, vom Stamm Benjamin, ein Hebräer von Hebräern, lebte als Pharisäer nach dem Gesetz, verfolgte voll Eifer die Kirche und war untadelig in der Gerechtigkeit, wie sie das Gesetz vorschreibt. Doch was mir damals ein Gewinn war, das habe ich um Christi Willen als Verlust erkannt. Ja noch mehr: ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen und in ihm zu sein. Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt. Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden; sein Tod soll mich prägen. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. (Phil 3,5-12)

Einfach umwerfend

Mit Drohungen und Mord wütete Saulus gegen die ersten Christen. Er war stolz darauf, Jude zu sein, er hatte den jüdischen Glauben in allen Einzelheiten studiert und betrachtete sich selbst als einen Eiferer für Gott. So war er einer der gefürchtetsten Gegner der ersten Gemeinden in Judäa. Er hätte sich wohl nie träumen lassen, dass er einmal ein Anhänger dieser Christen werden würde.
Der Bericht von der Bekehrung des Apostels Paulus (Apostelgeschichte Kapitel 9) gehört zu den spannendsten Stellen des Neuen Testaments und wie keine andere zeigt sie das Wunder der göttlichen Gnade. Obwohl Saulus so viel Böses gegen andere Menschen getan hat, bleibt er Gottes geliebtes Kind und Gott scheut sich nicht, diesen Menschen als sein besonderes Werkzeug auszuwählen.
Das Ereignis vor Damaskus ändert das Leben des Saulus total. Wie ein Blitz trifft ihn das Licht der göttlichen Gnade. Viele Darstellungen zeigen das Ereignis noch dramatischer, als es die Heilige Schrift schildert. Paulus stürzt vom Pferd, kauert am Boden, niedergeworfen, blind. Helm und Schwert, seine ganze Macht, hat er verloren. Und doch ist er ganz erhellt vom Strahl des göttlichen Lichtes. Seine Begleiter, große Herren hoch zu Ross, bleiben im Hintergrund stehen und verstehen nicht, was geschehen ist.
Ein solches Ereignis lässt nur zwei Möglichkeiten offen: eine Entscheidung für oder gegen Gott. Paulus erkennt, dass er sein Leben total ändern muss, wenn er Gottes Willen folgen will. Doch dazu ist er bereit, weil er weiß, dass er nur so die Erfüllung seines Lebens finden wird. Blind war Paulus bisher für die Herrlichkeit Jesu Christi. In seinem falschen Eifer hat er Gott nicht erkannt. Im Lichte Gottes erkennt Paulus nun seine Blindheit. Er lässt all seine frühere Größe hinter sich. In die Stadt, in die er hoch zu Ross reiten wollte, wird er als Blinder an der Hand geführt.
Gott schenkt Paulus, dass er wieder sehen kann, er schenkt ihm mehr als das. Er erkennt Gott, wie er ist und er wird einer seiner eifrigsten Verkündiger. Nun rühmt er sich nicht mehr seiner menschlichen Größe, sondern seiner Schwachheit. Nicht mehr er selbst handelt in seinem blinden Eifer, sondern er lässt nun Gott durch sich handeln, schenkt sich ihm ganz mit all seinen Fähigkeiten und Schwächen.
In Damaskus versucht Paulus, sich der Kirche anzuschließen. Die Christen sind zunächst skeptisch. Meint er es wirklich ernst? Doch sie vertrauen ihm schließlich. Nun steht Paulus selbst auf der Seite der Verfolgten. In Damaskus muss man ihn heimlich bei Nacht in einem Korb von der Stadtmauer herunterlassen, weil er sonst die erste Woche nach seiner Bekehrung nicht überlebt hätte. Auf den Missionsreisen, die nun folgen, zieht Paulus um die halbe Welt, um das Evangelium von Jesus dem Christus zu verkünden.

Lebendige Begegnung

Christ wird man durch die Begegnung mit Jesus Christus. Diese Begegnung hat Paulus auf einzigartige Weise erfahren. Die Intensität dieser Begegnung hat ihn buchstäblich umgehauen. Nun kann er nicht mehr derselbe sein wie vorher. Freilich, rein äußerlich bleibt er der gleiche. Die Begegnung mit Jesus Christus aber hat sein Herz geweitet und offen gemacht für alle. In seinem Inneren ist er ein neuer Mensch geworden.
Die Bekehrung des Apostels Paulus war nicht das Ergebnis eines langen Nachdenkens darüber, welche Religion denn nun die bessere wäre. Er entscheidet sich für das Christentum nicht nach einem langen Prozess der Selbstfindung. Er wird Christ, weil er die Begegnung mit dem lebendigen Herrn erfahren hat, die sein Leben verändert.
Papst Benedikt XVI. sagt dazu:

Der hl. Paulus ist also nicht von einem Gedanken, sondern von einem Ereignis verwandelt worden, von der unwiderstehlichen Gegenwart des Auferstandenen, an der er fortan nie zweifeln können wird, so stark war die Offenkundigkeit des Ereignisses, dieser Begegnung. Sie änderte das Leben des Paulus grundlegend; in diesem Sinn kann und muss man von einer Bekehrung sprechen.

Christlicher Glaube beruht auf der Begegnung mit Jesus Christus, in der realen Erfahrung, dass Jesus lebt und allezeit, auch hier und heute und in meinem Leben, gegenwärtig ist.

Habe ich nicht Jesus, unseren Herrn, gesehen? (1Kor 9,1)

Obwohl Paulus nicht wie die anderen Apostel Jesus Christus begegnet ist, als er auf Erden lebte, so hat er doch seine Gegenwart real erfahren. Paulus ist somit auch ein Vorbild für uns, die wir 2000 Jahre nach Christus leben. Auch wenn uns so viele Jahre vom Leben Jesu auf Erden trennen, ist seine Gegenwart für uns heute noch genauso real erfahrbar, wie für die Menschen damals.
Trotz der Unmittelbarkeit seiner Begegnung mit dem Auferstandenen weiß Paulus auch, dass diese Begegnung hinführt in die Gemeinschaft der Kirche. Er lässt sich taufen. Nur in der Gemeinschaft mit den anderen Aposteln wird er ein wahrer Apostel sein können.
Oft beneiden wir die Menschen, von denen wir im Neuen Testament lesen. Wenn ich selbst Jesus sehen könnte, dann würde es mir leichter fallen zu glauben! Wirklich? Viele Menschen waren zwar begeistert, als sie Jesus begegnet sind und ein Wunder erleben durften, aber nach einiger Zeit scheint ihnen das doch alles wieder egal gewesen zu sein, denn als Jesus stirbt, sind nur noch ganz wenige bei ihm. Was für den einen ein Wunder ist, darin sieht ein anderer Betrügerei, die Erscheinung Christi, die Paulus vom Pferd geworfen hat, kann von Zweiflern auch als Halluzination in der Hitze der Wüste gedeutet werden.
Ja, aber wenn ich so etwas erleben könnte, dann würde ich ... Ich glaube, dass Jesus jedem von uns seine Zeichen schenkt. Wir müssen sie nur wahrnehmen. Nehme ich das, was mir widerfährt, als Selbstverständliches oder Zufall hin, oder sehe ich in den Begegnungen und Ereignissen des Alltags Zeichen der Gegenwart Gottes, kleine Wunder, die Gott mir immer wieder schenkt?
Wir brauchen nicht auf große Ereignisse zu warten, sondern es kommt auf die Treue zum Glauben im Alltag an. Auch wenn uns kein Blitz vom Himmel trifft, sendet Gott dennoch in unser Leben immer wieder Strahlen seiner Gnade, die uns dazu rufen, seinen Weg zu gehen. Halten wir Augen und Ohren offen, um Gottes Ruf nicht zu überhören und seien wir gewiss: Gott wird uns auch helfen, das zu tun, was er von uns möchte.
Papst Benedikt XVI. sagt:

Wir sind nur dann Christen, wenn wir Christus begegnen. Gewiss zeigt er sich uns nicht auf diese unwiderstehliche, leuchtende Art, wie er es mit Paulus getan hat, um aus ihm den Apostel aller Völker zu machen. Aber auch wir können Christus begegnen, in der Lektüre der Heiligen Schrift, im Gebet, im liturgischen Leben der Kirche. Wir können das Herz Christi berühren und spüren, dass er unser Herz berührt. Erst in dieser persönlichen Beziehung mit Christus, erst in dieser Begegnung mit dem Auferstandenen werden wir wirklich Christen.
Bitten wir also den Herrn, dass er uns in unserer Welt die Begegnung mit seiner Gegenwart schenke und uns so einen lebendigen Glauben, ein offenes Herz, eine große Liebe für alle gebe, die fähig ist, die Welt zu erneuern.