Die Heiligen

25.4. Hl. Markus

Markus

Markus
Evangelist

Markus

Dem Heiligen Markus verdanken wir das Zweite Evangelium, das die kürzeste und wohl älteste zusammenhängende Lebensbeschreibung Jesu Christi ist. Ihm gelang damit ein, wie man heute sagen würde, sensationeller Wurf. In Form und Stil einer Vita ähnlich, wie sie sonst bedeutenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gewidmet ist, beschreibt Markus das Leben eines auf den ersten Blick völlig unbedeutenden Menschen, der im letzten Winkel des Römischen Reiches gelebt hat und dessen Leben mit einem entwürdigenden Tod endete, dem Tod am Kreuz. Die Person, um die es hier geht, scheint auf den ersten Blick alle Erwartungen zu enttäuschen, die ein Mensch an den Helden einer Vita stellt.
Und doch wagt Markus es, diesen Lebensbericht zu überschreiben mit dem Titel: Evangelium von Jesus Christus. Evangelium war im damaligen Sprachgebrauch eine bedeutsame Nachricht über ein glorreiches Ereignis, insbesondere eine Nachricht aus dem Kaiserhaus, wie etwa die Thronbesteigung eines neuen Kaisers, die Geburt eines Sohnes im kaiserlichen Haus oder der ruhmvolle Sieg kaiserlicher Truppen über ein feindliches Heer. Markus behauptet mit seiner Überschrift also nichts Geringeres, als dass der Inhalt seines Evangeliums den Nachrichten über den Kaiser und den Lebensbeschreibungen der bedeutsamsten Männer in seiner Wichtigkeit in Nichts nachsteht, ja diese noch übertrifft. Denn dieser Jesus, von dem Markus berichtet, war Gottes Sohn.
Der Gott Jesu Christi kehrt alle Vorstellungen um, die Menschen bisher von den Göttern hatten. Selbst die Juden, die schon immer diesen Gott Jesu Christi verehren, verstehen ihn nicht mehr. Um die Menschen zu retten, begibt sich dieser Gott bis in die Tiefen menschlichen Daseins, nimmt ungeheures Leid auf sich und stirbt einen qualvollen, entwürdigenden Tod. Doch aus dem Tod entsteht neues Leben, für das die Auferweckung des Sohnes Gottes die Garantie ist. In dieses neue Leben einzutreten sind nun alle Menschen aus allen Völkern aufgerufen, indem sie den Weg mit Jesus Christus gehen. Die Apostel waren die ersten, die Jesus auf seinem Weg gefolgt sind. Sie geben nun Zeugnis von Jesus Christus, so dass alle Menschen das Evangelium, die gute Nachricht, hören und ihr Leben ganz in die Nachfolge Jesu Christi stellen können.

Wir besitzen so gut wie keine, nach den Maßstäben heutiger Geschichtsschreibung stichhaltigen Aussagen, über die Person, die das zweite Evangelium verfasst hat. Die Bezeichnung Evangelium nach Markus oder Markusevangelium geht auf eine frühchristliche Tradition zurück, die bereits am Ende des 1. Jahrhunderts bestand. Markus war damals ein weit verbreiteter Name, den wir auch in der Apostelgeschichte und verschiedenen neutestamentlichen Briefen finden. Schon früh wurde der dort erwähnte Markus mit dem Evangelisten in Verbindung gebracht, weshalb es sich lohnt, diese Stellen im Einzelnen zu betrachten.
Zuvor aber sei auf eine weitere, namenlose Person verwiesen, in der die frühe kirchliche Tradition den Evangelisten Markus entdeckt hat. Es handelt sich dabei um den nur im Markusevangelium erwähnten jungen Mann, der bei der Gefangennahme Jesu nackt davongelaufen ist:

Ein junger Mann aber, der nur mit einem leinenen Tuch bekleidet war, wollte ihm nachfolgen. Da packten sie ihn; er aber ließ das Tuch fallen und lief nackt davon. (Mk 14,51-52)

Aus der Tatsache, dass diese Begebenheit nur im Markusevangelium überliefert wird, schließen einige, dass es sich dabei um den Schreiber des Evangeliums selbst gehandelt haben könnte. Eine andere frühe Tradition sieht Markus aber nicht als Augenzeuge Jesu, sondern als späteren Schüler des Petrus. Wir können daher nicht mit Sicherheit sagen, ob Markus Jesus noch gesehen hat oder ob er von ihm nur über das Zeugnis der Apostel wusste.

Als älteste Quelle über das Leben des Evangelisten Markus gilt eine Notiz bei Papias von Hierapolis, der um das Jahr 130 frühchristliche Überlieferungen gesammelt hat. Die Schriften des Papias sind zwar verloren gegangen, aber Eusebius von Cäsarea (+ um 340) zitiert daraus in seiner Kirchengeschichte folgende Sätze:

Markus hat die Worte und Taten des Herrn, an die er sich als Dolmetscher des Petrus erinnerte, genau, allerdings nicht ordnungsgemäß, aufgeschrieben. Denn nicht hatte er den Herrn gehört und begleitet, wohl aber folgte er später, wie gesagt, dem Petrus, welcher seine Lehrvorträge nach den Bedürfnissen einrichtete, nicht aber so, dass er eine zusammenhängende Darstellung der Reden des Herrn gegeben hätte. Es ist daher keineswegs ein Fehler des Markus, wenn er einiges so aufzeichnete, wie es ihm das Gedächtnis eingab. Denn für eines trug er Sorge: nichts von dem, was er gehört hatte, auszulassen oder sich im Berichte keiner Lüge schuldig zu machen. So berichtet Papias über Markus.
(Eusebius von Cäsarea, Historia Ecclesiastica, Drittes Buch, 39. Kap.)

Markus steht demnach in engster Verbindung mit Petrus, den Jesus zum ersten unter den Aposteln berufen hat. Für viele galt daher das Markusevangelium als quasi von Petrus selbst approbierter Bericht über Jesus Christus, wie auch aus einer anderen Stelle bei Eusebius hervorgeht:

So sehr erleuchtete das Licht der Religion die Herzen der Zuhörer des Petrus, dass sie sich nicht damit begnügen wollten, ihn ein einziges Mal nur gehört zu haben, sie wollten von der Lehre seiner göttlichen Predigt auch Aufzeichnungen besitzen. Daher wandten sie sich mit verschiedenen Bitten an Markus, den Verfasser des Evangeliums, den Begleiter des Petrus, er möchte ihnen schriftliche Erinnerungen an die mündlich vorgetragene Lehre hinterlassen. Und sie standen nicht eher von den Bitten ab, als bis sie den Mann gewonnen hatten. So wurden sie die Veranlassung zum sogenannten Markusevangelium. Nachdem Petrus durch eine Offenbarung des Geistes von dem Vorfall Kenntnis erhalten hatte, soll er sich über den Eifer der Leute gefreut und die Schrift für die Lesung in den Kirchen bestätigt haben.
(Eusebius von Cäsarea, Historia Ecclesiastica, Zweites Buch, 15. Kap.)

Auch das Neue Testament bestätigt die Verbindung zwischen Petrus uns Markus, so beispielsweise am Schluss der 1. Petrusbriefes, wo es heißt:

Es grüßt euch die mitauserwählte Gemeinde in Babylon und Markus, mein Sohn. (1Petr 5,13)

Babylon steht hier als Synonym für die mächtige Metropole Rom, wo Petrus bekanntlich das Martyrium erlitten hat. Rom gilt auch als möglicher Abfassungsort des Markusevangeliums.
In der Apostelgeschichte wird Markus öfter erwähnt. Hier ist auch sein Beiname Johannes überliefert. Demnach ist Markus der Sohn einer Maria, in deren Haus vielleicht das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern stattgefunden hat. Sicher haben sich in ihrem Haus die frühen Christen versammelt. In Apg 12,12 wird berichtet, dass Petrus nach seiner wunderhaften Befreiung aus den Händen des Herodes das Haus der Mutter des Markus aufsuchte, "wo nicht wenige Christen versammelt waren und beteten."
Markus begleitete Paulus und Barnabas auf deren erster Reise von Jerusalem nach Antiochia in Pisidien, trennte sich jedoch von ihnen in dem im Süden Kleinasiens gelegenen Perge, um nach Jerusalem zurückzukehren (vgl. Apg 12,25 und 15,38). Er begleitete dann Barnabas auf dessen Reise nach Zypern, Paulus jedoch weigerte sich, ihn auf weitere Missionsreisen mitzunehmen. Während der Gefangenschaft des Apostels Paulus in Rom soll Markus wieder mit Paulus zusammengetroffen sein und sie versöhnten sich, worauf die Erwähnung von Markus im Kolosserbrief (vgl. Kol 4,10) hinweist. Nach der Legende soll Paulus ihn aufgefordert haben, sein Evangelium zu schreiben, und schickte ihn zunächst nach Aquileia, anschließend nach Alexandria, um das Evangelium zu verkünden.
Nach lokaler Überlieferung soll Markus der erste Bischof von Aquileia, einer in der Antike sehr bedeutenden Hafenstadt, gewesen sein. In der Stadt findet sich zudem auch eine Steininschrift aus dem 16. Jahrhundert, die angibt, Markus habe hier gewirkt.
Als weiteren Wirkungsort des Markus nennt die Tradition und auch die Kirchengeschichte des Eusebius die Metropole Alexandria in Ägypten, nach Rom damals die zweitwichtigste Stadt im Reich. Demnach trat dort als Missionar auf und wurde der erste Bischof der Stadt. Dort soll er auch das Martyrium erlitten haben. Christenfeindliche Einwohner sollen ihn am Altar ergriffen haben und ihn dann mit einem Strick um den Hals so lange durch die Straßen geschleift haben, bis er gestorben ist. Ein Unwetter hinderte die Mörder, ihn zu verbrennen; sein Leichnam blieb unberührt liegen, bis Christen ihn bestatten konnten.

Markus

Die Gebeine des Heiligen wurden auf abenteuerlichem Wege von christlichen Seefahrern im 9. Jahrhundert aus der Alexandria geraubt und nach Venedig gebracht, wo über ihnen der Markusdom errichtet wurde. Weitere Reliquien befinden sich seit 830 auch im Münster der Bodenseeinsel Reichenau.
Nicht nur in Venedig tritt der Löwe als Symbol des Heiligen Markus in Erscheinung. Der Löwe ist seit jeher in Märchen und Mythen der König der Tiere und Ausdruck von Macht und Stärke. Von den Kirchenvätern wurden die schon beim Propheten Ezechiel (Ez 1,10) und dann in der Offenbarung des Johannes (Offb 4,7) genannten, dem Thron Gottes nahe stehenden vier Lebewesen auf die Evangelisten hin gedeutet und dann von Hieronymus eindeutig zugewiesen. Die vier Lebewesen gleichen einem Löwen, einem Stier, einem Menschen und einem Adler. Hieronymus teilte den Löwen Markus zu, da dessen Evangelium mit der Predigt von Johannes dem Täufer beginnt, also mit der Stimme des Rufers in der Wüste. Der Markus-Löwe wurde von der Republik Venedig als Wappentier angenommen und prangt bis heute auf zahlreichen alten Festungen im Mittelmeerraum. In vielen Kirchen sind die vier Evangelisten beispielsweise an der Kanzel oder über den Vierungspfeilern zu finden und können so durch das ihnen zugeteilte Lebewesen eindeutig erkannt werden.