Die Heiligen

3.11. P. Rupert Mayer SJ

P. Rupert Mayer

P. Rupert Mayer SJ
1876-1945
Ordenspriester

P. Rupert Mayer

Mitten in München in der Fußgängerzone liegt etwas unscheinbar zwischen Läden und Kaufhäusern die Bürgersaalkirche, in der 1948 P. Rupert Mayer seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Sein Grab in der Unterkirche ist seither zu einem Ort des Gebetes für unzählige Menschen geworden. Wenn ich früher mal nach München gekommen bin, war dies meist der erste Ort, den ich in der Stadt besuchte und heute, wo ich in dieser Stadt wohne, gehe ich gerne für einige Minuten des stillen Gebetes dorthin oder besuche die Mittagsmesse in der Oberkirche. P. Rupert Mayer, den ich seit meiner Jugend besonders schätze und verehre, soll auch auf meiner Homepage seinen Platz haben. Über sein Leben wurden viele Bücher geschrieben. Ich kann hier nur eine kurze Zusammenfassung seines Lebens geben, die ich aber jedes Jahr um einige Gedanken erweitern möchte.

Rupert Mayer wurde am 23. Januar 1876 in Stuttgart als zweiter Sohn des Kaufmanns Rupert Mayer und seiner Frau Emilie geboren. Es folgten noch weitere vier Geschwister, lauter Mädchen. Obwohl der Junge von Geburt an eher schmächtig und zart war, glänzte er schon bald als guter Sportler. Ob Laufen, Schwimmen oder Ballspiel, Rupert ist bei allen Wettkämpfen unter den Besten. Mit zehn Jahren lernt er Reiten und wird auch diese Kunst exzellent beherrschen.
Jedoch hat Rupert große Mühe in den "wichtigen" Schulfächern, das Rechnen bereitet ihm große Schwierigkeiten und einen Aufsatz zu schreiben war für ihn so ziemlich das Schlimmste, das er sich vorstellen konnte. Später als Priester wird es ihm die größte Mühe bereiten, die Sonntagspredigt zu erstellen. Und doch wird er zum großen Prediger Münchens werden.

Wenn Rupert auch eher zu den stillen Schülern zählte, gegenüber einem konnte er nicht schweigen, wenn übel und falsch über die katholische Kirche geredet wurde und wenn der katholische Glaube lächerlich gemacht wurde. Seine Eltern waren gläubige Katholiken und auch für Rupert ist von seiner Kindheit an der Glaube sehr wichtig. Als er als Siebzehnjähriger zwei Jesuitenschülern begegnet, weiß auch er, was er werden will:

Ich werde Jesuit!

Zunächst aber trat Rupert Mayer nach dem Abitur in das Priesterseminar der Diözese Rottenburg-Stuttgart ein. Am 2. Mai 1899 wurde er zum Priester geweiht. Doch sein Wunsch, Jesuit zu werden, ließ ihn nicht los, nach einem Jahr Kaplanszeit ließ ihn sein Bischof ziehen und Rupert Mayer konnte in die Gesellschaft Jesu eintreten. Es folgten harte Jahre des Studiums im Noviziat in Feldkirch (Vorarlberg) und Valkenburg (Holland). Rupert Mayer war einfach nicht zum Wissenschaftler geboren, was man bei den Jesuiten auch bald merkte.
Nach Abschluss des Noviziates war er mit einer Gruppe Jesuiten als Volksprediger tätig, doch auch diese Aufgabe war nicht das Richtige für ihn, fiel ihm doch das Predigen äußerst schwer. 1912 erhielt er dann die Anweisung des Provinzials: "Sofort nach München!" Seine Aufgabe dort war die Seelsorge für die Zuwanderer. Damals zogen jeden Monat weit über tausend Menschen nach München, um sich in der Stadt eine neue Existenz aufzubauen.
P. Rupert Mayer besuchte die Menschen, die sich in Keller- oder Dachwohnungen oder in den Hinterhöfen ein notdürftiges Zuhause eingerichtet hatten. Tag für Tag klingelte er an Türen, um die Menschen zu Gottesdiensten oder Versammlungen der katholischen Arbeitervereine einzuladen. Oft wurde ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen, doch viele Menschen kamen auch mit ihren Nöten zu ihm.
Hier war P. Rupert Mayer nun in seinem Element. Hier sprang der Funke über. Die Menschen merkten bald, dass hier einer kam, der es ernst meinte, der bereit war, alles daran zu setzen, Menschen in Not zu helfen und dafür auch sein letztes Hemd zu geben. Damals begann P. Rupert Mayer auch, die Versammlungen der Kommunisten und Sozialisten zu besuchen. Er wollte die Argumente dieser Gruppen kennenlernen, mit denen sie die Menschen auf ihre Seite zogen und damit auch weg von der katholischen Kirche.

Im August 1914 begann der Erste Weltkrieg. Mit großer Begeisterung marschierten die deutschen Soldaten gegen den Feind. Doch bald sollte sich zeigen, welche Hölle an der Front auf sie wartete. P. Rupert Mayer ging mit an die Front.

Ich kann doch meine Männer nicht alleine lassen, sie brauchen ihren Priester.

P. Rupert Mayer ist nun Sanitäter und Seelsorger für die Soldaten an der Front. Zunächst geht es an die Westfront. Die Schlacht an der Somme 1916 kostete Hunderttausenden das Leben. Rupert Mayer ging furchtlos bis zu den Soldaten in die Schützengräben der vordersten Reihe, sprach ihnen Mut zu, kümmerte sich um Verpflegung, brachte Verwundete in Sicherheit. Er war der erste Geistliche, der in diesem Krieg das Eiserne Kreuz Erster Klasse verliehen bekam. Es folgen noch weitere Orden.
Im Herbst 1916 wurde seine Division an die Ostfront verlegt. In Rumänien warteten ein kalter Winter und harte Kämpfe auf die Soldaten. Auch hier war P. Rupert Mayer wieder an vorderster Front dabei. Weihnachten feierte er mit den Soldaten, brachte Geschenke und Briefe in die vorderen Stellungen. Als er am 30. Dezember Verwundeten zu Hilfe kommen will, wird er selbst verletzt, ein Geschoß zerschmettert ihm das linke Bein, es muss amputiert werden. Von nun an hinkt P. Rupert Mayer - genauso wie sein Ordensgründer der hl. Ignatius, der ebenfalls in einer Schlacht am Bein verwundet wurde.
Es ist ein langer Weg, bis P. Rupert Mayer von der Front in die Heimat zurückkommt und sich von seiner Verwundung erholt. Erst im Oktober 1917 kann er wieder die Hl. Messe feiern. Zurück in München sieht er die Not der Bevölkerung im Hungerwinter 1917/18. Er erlebt die Wirren der Revolution hautnah mit.
Als die Jesuiten 1921 wieder die Seelsorge an der Kirche St. Michael in der Neuhauser Straße übernahmen, zog auch P. Rupert Mayer in das angrenzende Jesuitenhaus in der Maxburgstraße. Diese Adresse wird bald zum zentralen Anlaufpunkt für viele Hilfesuchende. Unermüdlich bis zur eigenen Erschöpfung nimmt sich P. Rupert Mayer der Nöte der Menschen an. Wo keiner mehr helfen kann, weiß er Hilfe. Unzählige Summen Geld wandern durch seine Hände, von eifrigen Spendern zu den Menschen in Not. Von der Wirksamkeit seiner Hilfe zeugen unzählige Dankesschreiben und noch größer ist wohl die Zahl der Namenlosen, die seine Hilfe erfahren haben.
In der Michaelskirche wirkt P. Rupert Mayer als Prediger und Seelsorger. 1921 wird er zum Präses der Marianischen Männerkongregation ernannt. Bekannt sind seine Frühmessen im Münchner Hauptbahnhof am Sonntagmorgen um 3:20 Uhr, die es allen Ausflüglern ermöglichen sollten, vor ihrer Fahrt in die Berge oder das Münchner Umland die Hl. Messe zu besuchen.
P. Rupert Mayer besucht nun auch wieder in die Versammlungen der verschiedenen Gruppen und Parteien und widerlegt die kirchenfeindlichen Argumente, auch wenn er dafür nur Spott und Hohn erntet. Doch er sagt:

Es ist meine Pflicht! Es ist sonst niemand da! Ich muss hinein!

P. Rupert Mayer erkennt schon sehr bald, wie gefährlich Adolf Hitler werden wird. Viele sind von seinen Reden begeistert, auch viele Katholiken. 1923 halten die Nazis eine Veranstaltung ab zum Thema "Kann ein Katholik Nationalsozialist sein?" Als P. Rupert Mayer auf die Bühne steigt, erwarten die Zuhörer von dem kriegsverletzten Pater ein klares Wort der Zustimmung. Doch er hebt an mit den Worten: "Sie haben mir zu früh applaudiert, denn ich werde ihnen nun klar sagen, dass ein deutscher Katholik niemals Nationalsozialist sein kann." Sofort ist der Saal in hellem Aufruhr, P. Rupert Mayer wird hinausgeleitet. Seit dieser Stunde gilt er den Nationalsozialisten als Todfeind.
Nach der Machtergreifung 1933 wurde P. Rupert Mayer bald zum Ziel der Verfolgung. Er trat ganz klar für die Rechte der Kirche ein und nannte beispielsweise das Unrecht der Abschaffung von Bekenntnisschulen offen beim Namen. Spitzel schrieben seine Predigten mit. Jeden Kompromiss mit den neuen Machthabern lehnte er ab und wer mit den Nazis gemeinsame Sache machte, konnte nicht mehr sein Freund sein. 1936 musste sich P. Rupert Mayer erstmals vor der Gestapo für seine Predigten verantworten, 1937 wurde über ihn ein Redeverbot für das gesamte Deutsche Reich verhängt. Doch er ließ sich nicht einschüchtern.

P. Rupert Mayer
Ich werde niemals schweigen!

So erklärt er entschieden vor dem Sondergericht der Gestapo.
Woher sein Mut kam, für den Glauben und das Gute einzutreten und das Unrecht beim Namen zu nennen, kommt schön in seinen folgenden Worten zum Ausdruck:

Eine Folge des Gedenkens an Gott, der jeden Augenblick um mich besorgt ist, ist es, dass wir frei werden von jeder Angst und Furcht. Ja, wir werden mutig, wenn wir uns in Gottes Hand geborgen wissen, was immer uns auch treffen mag. Es gibt keine Macht auf Erden, die uns ohne die Zulassung Gottes etwas anhaben könnte. Gott lässt uns nie zappeln. Er lässt Prüfungen zu, die uns zum Nutzen gereichen, wenn wir an seiner Hand hindurchgehen. Er sorgt für uns weit besser, als Menschen es vermögen.

Mehrmals wurde P. Rupert Mayer verhaftet, schließlich wurde er im Dezember 1939 in das Konzentrationslager Sachsenhausen-Oranienburg gebracht. Wegen seiner schwachen Gesundheit und weil die Nazis ihn nicht zum Märtyrer machen wollten, wurde er bis zum Ende des Krieges in das Kloster Ettal gesteckt. Dort sollte er abgeschirmt von aller Öffentlichkeit leben. Diese erzwungene Einsamkeit, die es ihm nicht erlaubte, seine Meinung öffentlich zu machen und den Menschen zu helfen, war für ihn wohl eine größere Qual als alles andere, das man ihm hätte zufügen können.
Als 1945 endlich Deutschland von der Grausamkeit der braunen Machthaber befreit wurde, konnte P. Rupert Mayer wieder nach München zurückkehren. Sofort war er wieder in seinem Element, half den Menschen in der zerbombten Stadt so gut er konnte und übte den Dienst der Seelsorge aus. Doch sein Gesundheitszustand verschlechterte sich. Aber er wollte sich nicht schonen.
Am Allerheiligentag 1945 feierte er die Frühmesse in der Kreuzkapelle der St. Michaels-Kirche. Während der Predigt begann er einen Satz mit den Worten:

Es ist der Herr ...

Dann verstummte er plötzlich. Ein Hirnschlag hatte ihn getroffen. Er blieb kerzengerade stehen, es trat Stille ein, bis zwei seiner Mitbrüder, die im Beichtstuhl saßen, zu ihm eilten und ihn aus der Kapelle in sein Zimmer trugen. Schnell wurde nach einem Arzt und einem Platz in einem Krankenhaus gesucht, was in der Not der Nachkriegszeit nicht einfach war. Im Krankenhaus traf ihn ein zweiter Hirnschlag. Um elf Uhr des Allerheiligentages starb P. Rupert Mayer.
Die Nachricht von seinem Tod verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt. In Scharen eilten die Menschen herbei, um von dem Toten Abschied zu nehmen. Am 4. November wurde er auf dem Ordensfriedhof in Pullach bestattet. Auch dort riss der Strom der Beter und Hilfesuchenden zu seinem Grab nicht ab. Schließlich brachte man seinen Sarg 1948 in die Bürgersaalkirche, wo P. Rupert Mayer seither in der Unterkirche seine letzte Ruhestätte hat.
Bis heute kommen täglich Menschen an sein Grab, um in Stille ihre Gebete und Anliegen vorzutragen. Hier betete auch Papst Johannes Paul II., der am 3. Mai 1987 P. Rupert Mayer im vollbesetzten Olympiastadion selig gesprochen hat.

P. Rupert Mayer
Man könnte ja fragen: Warum ist der göttliche Heiland nicht als Held gestorben, die Stirn mit einem Lorbeer bekränzt? Das hat seinen tiefen Grund. Er wollte so schmerzlich sterben, um allen Menschen zu allen Zeiten der Trost im Leiden zu werden. Und das ist er geworden.

Den Menschen ein Trost im Leiden sein, hierbei wurde P. Rupert Mayer zu einem eifrigen Mitarbeiter am Werk des Erlösers. Ohne sich selbst zu schonen, war er Tag für Tag, Stunde für Stunde für die Menschen da, hatte ein offenes Ohr für sie, wusste, wie man ihnen helfen konnte. So ist er zum Apostel Münchens geworden, ohne den diese Stadt um einiges ärmer wäre, damals wie heute.
P. Rupert Mayer kannte keine Furcht vor dem Tod. Er fürchtete sich nicht vor ihm, als er auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges seinen Kameraden zu Hilfe eilte. Er fürchtete sich nicht vor ihm, als er den Drohungen und Anfeindungen der Nazis ausgesetzt war. Er wusste darum, dass Gott uns niemals tiefer fallen lässt, als in seine offenen Hände.

Jesus sagt: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit! - Ja, es gibt ein Jenseits, ein Wiedersehen! Wie glücklich sind wir daran! Hätten wir diesen Glauben nicht, was bliebe uns übrig als der stumme Schmerz der Verzweiflung? Aber gottlob, mit beiden Füßen stehen wir auf dem Grundsatz unserer heiligen Religion, und unser Heiland weiß uns den Weg zu führen in eine andere, bessere Welt.
Wenn man die Menschen sterben sieht, wenn sie noch einen Funken Christusglauben haben, dann ist es eben der Blick auf den Christuserlöser, der ihnen die Schrecken des Todes nimmt. So ist es seit 1900 Jahren: Millionen und Abermillionen sind getröstet gestorben, weil Christus ihnen die Gnade verdient hat durch sein Sterben, durch seine Todesangst.
Da wollen wir dem Heiland herzlich dafür danken und ihn jetzt schon bitten, dass er auch uns einmal die Todesangst nehmen möge im Hinblick auf das, was er für uns gelitten hat, dass auch wir einmal ruhig, gefasst und getröstet von hinnen gehen können.

Wenn das Beten schwerfällt

Im Gebetsleben sich auf der Höhe zu halten, ist nicht leicht. Ich weiß, wie schwer viele sich dabei tun! Aber durchaus tröstlich ist und bleibt, dass der liebe Gott nur von uns verlangt, dass wir uns ehrlich Mühe geben. Alles andere tut der liebe Gott in seiner unermesslichen Liebe selber.
Gott der Herr will, dass wir unsere Hilfsbedürftigkeit demütig vor ihm bekennen, um dann stammelnd uns an ihn zu wenden. Werden unsere Gedanken von ihm abgezogen, so suchen wir zu ihm unsere Gedanken, unseren Geist wieder hinzuwenden, sobald uns die Zerstreuung zum Bewusstsein kommt. Wenn wir die Zeit des Gebets nur damit zubringen, uns immer aufzuraffen, so wäre unser Gebet doch vor Gott kostbar und segenbringend.